Wasserschaden

Aufzüge in Ludwigshafener Hochhaus defekt: „Gefangen“ im 18. Stock

21. Stockwerke hat das prägnante Zollhof-Hochhaus in Ludwigshafen. Seit einer Woche sind die Aufzüge außer Betrieb. Für einige Bewohner hat das gravierende Folgen.

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Julian Eistetter
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Im Zollhof-Hochhaus in Ludwigshafen fallen seit einer Woche die Aufzüge aus. Bewohner, die nicht so mobil sind, sind gewissermaßen in den oberen Stockwerken gefangen. „Wohnungen fürs Leben“ steht über dem Eingangsbereich. © Julian Eistetter

Ludwigshafen. Eine Schönheit ist das Zollhof-Hochhaus in Ludwigshafen mit Sicherheit nicht. Doch der Bau aus den späten 1960er Jahren prägt das Stadtbild, ist fester Bestandteil seiner Silhouette. Mit seinen 21. Stockwerken ragt es in der Nähe des Rheinufers imposant in die Höhe. Mehr als 200 Parteien leben in dem Koloss auf engem Raum zusammen. Und sie haben seit vielen Jahren ein großes Problem. Immer wieder, insbesondere wenn es regnet, fallen die Aufzüge in dem Hochhaus aus.

Bewohner des Ludwigshafener Hochhauses berichtet von mindestens 20 Fahrstuhl-Ausfällen in acht Jahren

Am Montag war es wieder einmal soweit. Adriano Carluccio ist im Homeoffice, will Pause machen, zieht sich die Jacke über, um kurz zum Bäcker zu gehen. Doch an der Aufzugtür findet er einen Aushang: „Defekt“. Schon wieder. In den acht Jahren, die er inzwischen im 18. Stockwerk des Zollhof-Baus lebt, sei das nun sicher schon 20 Mal vorgekommen, sagt der 48-Jährige im Gespräch mit dieser Redaktion. Nach drei Mails an die Hausverwaltung hatte er diesmal nämlich die Schnauze voll und hat die Sache öffentlich gemacht. „Ich habe nur eine Standardantwort erhalten, da bin ich wirklich sauer geworden.“

Das Zollhof-Hochhaus aus Richtung Rheinallee fotografiert. © Julian Eistetter

Carluccio sitzt in beigefarbenem Pulli, dunkler Hose und Adidas-Schlappen auf der Couch in seiner Zweizimmerwohnung. Der Blick aus der Fensterfront über den Balkon ist atemberaubend. Und mit ein Grund dafür, dass er nicht schon längst wieder ausgezogen ist. Neben der vergleichsweise günstigen Miete, wie er anmerkt.

Nach einer komplizierten Herz-OP ist der 48-Jährige nicht mehr so mobil

Im Januar hat Adriano Carluccio einen Herzinfarkt erlitten. „Ich musste mich einer vierfachen Bypass-OP am offenen Herzen unterziehen“, berichtet der 48-Jährige. Seitdem muss er größere Anstrengungen vermeiden, sich im besten Fall schonen. „Deshalb ärgert mich die Sache mit den Aufzügen noch mehr“, betont er. Er nennt ein Beispiel aus Berlin-Marzahn. Dort sei vor gut einer Woche ein 75-Jähriger an einem Herzinfarkt gestorben, weil ein Aufzug ausgefallen sei und er die Treppe habe nehmen müssen. Artikel in den Medien belegen das. „Am Ende passiert hier sowas auch, da besteht Lebensgefahr“, sagt er.

Bewohner Adriano Carluccio blickt auf den Aushang an den Aufzügen. Er lebt im 18. Stock und soll nach einer Herz-OP größere Anstrengungen vermeiden. Sein Gesicht möchte er in den Medien nicht zeigen. © Julian Eistetter

Die Konsequenz: Carluccio verlässt seine Wohnung aktuell nur noch, wenn es unbedingt sein muss. Er ist gewissermaßen gefangen im 18. Stock. „Ich muss ja mal einkaufen oder Termine wahrnehmen“, sagt er. Er nehme sich dann bewusst viel Zeit, die zehn Etagen in das achte Obergeschoss hinunterzulaufen. Von dort aus funktioniert die Verbindung mit zwei Aufzügen nach unten zumindest.

Bis ins achte Geschoss fahren Aufzüge – alles darüber bis zum 21. Stock muss zu Fuß gegangen werden

Insgesamt vier Aufzüge stehen den Bewohnerinnen und Bewohnern des Zollhof-Hochhauses nämlich zur Verfügung. Zwei verbinden das Erdgeschoss mit dem achten Stockwerk. Zwei weitere erschließen die Etagen 9 bis 21. Diese fallen nun schon seit einer Woche aus.

Mit diesem Aushang informiert die LEG über den Ausfall der Aufzuganlage – und über einen Trageservice, der Bewohner unterstützen soll. © Julian Eistetter

Eine Anfrage bei der Eigentümerin und Hausverwalterin, der LEG Wohnen mit Sitz in Düsseldorf, fördert den Grund des Fahrstuhl-Ausfalls zutage. So ist es nach Angaben eines Sprechers wegen eines „massiven Wasserschadens“ zu der Störung gekommen. „Die Aufzugschächte waren mit Wasser vollgelaufen, was sicherheitsrelevante Bauteile beschädigt hat“, erklärt er.

LEG Wohnen: Aufzüge sollen „schnellstmöglich“ wieder in Betrieb gehen

Wann die beiden betroffenen Fahrstühle wieder in die oberen Stockwerke fahren können, ist noch nicht absehbar. „Die Bauteile sind bereits bestellt und werden zeitnah ausgetauscht, sodass die Aufzüge schnellstmöglich wieder in Betrieb genommen werden können“, so der Sprecher. Konkretisieren kann er das auf Nachfrage nicht. „Auf die Lieferzeit der benötigten Ersatzteile haben wir leider keinen Einfluss.“ Es werde jedoch geprüft, ob über einen Kurier die Teile schneller angeliefert werden können.

Aufzuganlage wurde erst vor wenigen Monaten komplett saniert

Besonders ärgerlich ist der Ausfall der Fahrstühle, weil diese erst vor wenigen Monaten komplett neu gemacht wurden. „Da es in den vergangenen Jahren leider immer wieder zu vermehrten Ausfällen der veralteten Aufzuganlagen im Zollhof gekommen war, haben wir eine langfristige Planung vorgenommen und durchgeführt. Um die Situation nachhaltig zu verbessern, haben wir Ende 2024 die Aufzugsanlagen umfassend sanieren lassen“, berichtet der LEG-Sprecher.

Die Aufzüge wurden erst vor einigen Monaten komplett saniert. Jetzt stehen sie schon wieder still. © Julian Eistetter

Dass die neue Anlage nun schon wieder defekt ist, bedauert die LEG. „Für die den Mietern entstandenen Unannehmlichkeiten möchten wir uns an dieser Stelle ausdrücklich entschuldigen“, sagt der Sprecher. Um die Situation der Bewohner etwas zu erleichtern, sei ein Tragedienst eingerichtet worden. „Dieser unterstützt von Montag bis Samstag, jeweils von 10 bis 16 Uhr, insbesondere ältere und mobilitätseingeschränkte Bewohner.“

Paket- und Postboten weigern sich, die zahlreichen Stufen zurückzulegen

Für Adriano Carluccio ist das nur ein schwacher Trost. Die Menschen selbst könnten ja schließlich nicht hochgetragen werden. Der herzkranke 48-Jährige macht sich zudem Sorgen, was passiert, sollte er – oder auch ein Nachbar – auf einen Notarzt angewiesen sein. „Das dauert ohne Aufzug alles viel länger.“ Daneben hat er die Erfahrung gemacht, dass Paket- und Postboten sich weigern, die zahlreichen Stufen zu nehmen. „Letztens habe ich Medikamente erwartet, die dann nicht ankamen“, sagt er.

Bewohnerinnen und Bewohner, die oberhalb des achten Stockwerks leben, müssen nun das Treppenhaus nutzen. © Julian Eistetter

Auch Nachbarn von Carluccio ärgert die Situation mit den Aufzügen. Ein älteres Ehepaar müht sich gerade vom achten Stockwerk die Treppe hinauf. Sie müssten zwar nur in den 14. Stock, doch allein diese sechs Etagen sind eine große Herausforderung. „Wir sind beide über 80 und nicht mehr so gut zu Fuß“, sagt der Mann. Er kenne einige Nachbarn, denen es ähnlich gehe, und die derzeit so gut wie gar nicht mehr aus dem Haus können. Auch eine hochschwangere Frau lebe in den obersten Stockwerken. „Das geht einfach nicht“, so der Senior.

Wie alle Bewohnerinnen und Bewohner hatte er gehofft, dass mit der Sanierung der Aufzüge das leidige Thema endlich beendet sei und ein für alle Mal Ruhe in das Hochhaus einkehrt.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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