Helmut Kohl

Auftaktveranstaltung zur Helmut-Kohl-Stiftung mit prominenten Gästen

Die Bundeskanzler-Helmut-Kohl-Bundesstiftung hat in Berlin ihre Arbeit aufgenommen. Selbst Angela Merkel kam zur Auftaktveranstaltung. Doch eine Person bliebt der Veranstaltung fern  

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Konstantin Groß
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Hochkarätige Auftaktveranstaltung der neuen Stiftung in Berlin: Kuratoriums-Vorsitzender Volker Kauder mit Ex-Kanzlerin Angela Merkel. © Konstantin Groß

Ludwigshafen/Berlin. Um die viele vor allem interessierende Frage gleich zu beantworten: Nein, Maike Kohl-Richter ist nicht mit dabei, als jetzt in Berlin die Bundeskanzler-Helmut-Kohl-Bundesstiftung das Licht der Öffentlichkeit erblickt. Ungeachtet dessen startet die parteiübergreifende Institution ihre gesetzlich fixierte Arbeit zu Leben und Werk des von 1982 bis 1998 regierenden Staatsmanns – mit einem inhaltlich anspruchsvollen und personell hochkarätig besetzten Festakt zum 40. Jahrestag der Wahl Kohls zum Kanzler am 1. Oktober.

Auch Kohls Witwe Maike ist dazu eingeladen, fehlt jedoch, ja sie lehnt die Stiftung an sich ab. Sie „verletzt Helmut Kohls postmortale Rechte. Sie verletzt auch meine Rechtspositionen als seine Erbin“, kritisiert sie anlässlich des Jahrestags der Amtsübernahme Kohls: „Deswegen fordere ich Sie auf, die Arbeit der mit seinem Namen verbundenen Stiftung einzustellen“, schreibt sie an die Stiftung. Denn sie „würde es bedauern, wenn ich gegen diese Stiftung Klage einreichen müsste.“

Karl Lamers erinnert sich

Der Stiftung startet dennoch – im prächtigen Rahmen der Friedrichstadtkirche am Gendarmenmarkt zu Berlin. Mit hochkarätigen Ehrengästen, allen voran Angela Merkel und Friedrich Merz. Aber vor allem wird es ein Wiedersehenstreffen der CDU aus der Zeit des Partei-Patriarchen. Weggefährten sind dabei wie Kohl-Berater Horst Teltschik und Ex-Kanzleramtsminister Rudolf Seiters, viele weitere frühere Minister, dazu langjährige journalistische Beobachter wie Hugo Müller-Vogg, der seine Laufbahn beim „MM“ begann.

Aber auch Persönlichkeiten aus der Region sind mit dabei, so etwa Karl A. Lamers. Im März 1990 steht der spätere Heidelberger Bundestagsabgeordnete keine fünf Meter neben Kohl, als dieser in Leipzig vor 320 000 Menschen spricht. „Junge, guck’ Dir das an“, sagt der spätere Kanzler der Einheit damals zu ihm: „So was wirst Du nie mehr erleben.“

Solche Geschichten machen an jenem Abend zuhauf die Runde. Friedrich Merz erinnert sich, wie er 1982 als junger Assessor am Fernseher live das konstruktive Misstrauensvotum gegen Helmut Schmidt verfolgt, mit dem Kohl Kanzler wird. Die neue Stiftung sei nötig, um dem „Vergessen, Herabsetzen oder Verdrängen“ der Leistungen Kohls entgegenzuwirken. Dies sei heute wichtiger denn je: „Putins Krieg gegen die Ukraine bedroht das Europa, das Helmut Kohl aufgebaut hat.“

Bundeskanzler-Helmut-Kohl-Bundesstiftung

Die Bundesrepublik unterhält insgesamt sieben Präsidenten- und Kanzler-Stiftungen.

Die Bundeskanzler-Helmut-Kohl-Bundesstiftung wurde im Mai 2021 per Gesetz vom Deutschen Bundestag beschlossen – ohne eine einzige Gegenstimme. Sogar die Partei Die Linke votierte dafür, die AfD enthielt sich.

Die Mitglieder des Kuratoriums wurden von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ernannt. An ihrer Spitze steht der ehemalige Unions-Fraktionschef Volker Kauder.

Satzungsziel ist es, die Amtszeit Helmut Kohls zu erforschen und darzustellen – in Publikationen, Vorträgen und Ausstellungen.

Die Stiftung hat einen Jahresetat in Höhe von 2,9 Millionen Euro. Ihre Ausstellungsräume wird sie in Berlin Unter den Linden erhalten.

Bis dahin informiert sie über ihre Arbeit auf ihrer Website bundesstiftung-helmut-kohl.de

Maike Kohl-Richter hat ihrerseits den Verein „Helmut-Kohl-Stiftung“ gegründet. Sie informiert auf ihrer Internetseite www.helmut-kohl.de. -tin

Den Schwerpunkt Europa in Kohls Leistungsbilanz sieht auch Professor Karl-Rudolf Korte. Für Kohl sei ein vereintes Europa stets eine Grundsatzfrage „von Krieg und Frieden“ gewesen – eine Formulierung Kohls „damals belächelt“, wie der aus dem Fernsehen weithin bekannte Experte betont, heute aber durch tragische Realität bestätigt.

Überhaupt habe Kohl nachhaltige Erfolge wie NATO-Nachrüstung oder Euro „gegen breite Mehrheiten der Bevölkerung“ durchgesetzt. „Stehen auch im Gegenwind“ sei eine seiner zentralen Tugenden, in der Politik heute rar. Doch Korte ist der einzige, der, ganz Wissenschaftler, auch die Spendenaffäre anspricht, als er Kohls Amt als Parteichef beschreibt: „Diese Steuerungsleistung hatte, wie wir mittlerweile wissen, auch finanzielle Hintergründe“, formuliert der Politologe.

Dass dies im heutigen Kohl-Bild der Bevölkerung jedoch so gut wie keine Rolle spielt, macht Michael Sommer vom Institut für Demoskopie in Allensbach deutlich: „78 Prozent der Deutschen verbinden seine Amtszeit vor allem mit der Wiedervereinigung“, berichtet der Meinungsforscher von einer brandaktuellen Umfrage. Allerdings können viele der 15- bis 25-Jährigen mit dem Namen des Kanzlers, der weit vor ihrer Geburt regiert, nichts anfangen.

Mit Spannung wird an jenem Abend das Schlusswort von Angela Merkel erwartet, deren Verhältnis zu Kohl ja nicht immer konfliktfrei war. Die Ex-Kanzlerin, nach einer Knie-Verletzung mit Problemen beim Gehen, beginnt mit einer Erinnerung an das erste Gespräch der beiden 1990. Damals will Kohl das „Mädchen“, wie er sie nennt, zur Frauenministerin machen. Seine Frage, die ihre Qualifikation dafür eruieren soll, lautet: „Wie verstehst Du Dich mit anderen Frauen?“

Merkel-Rede sorgt für Wirbel

Doch dann äußert sich Merkel zum Thema „Was würde Helmut Kohl heute tun?“ am Beispiel des Ukraine-Krieges – mit einer Äußerung, die seither für Wirbel sorgt: Auch Kohl hätte natürlich die Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine gefordert, meint sie, aber auch „niemals den Tag danach aus dem Blick verloren“. Und sie fügt hinzu: „Auf heute übertragen würde er parallel immer auch das im Moment so Undenkbare, schier Unvorstellbare mitdenken – nämlich wie Beziehungen zu und mit Russland wieder entwickelt werden können.“

Natürlich ist diese Äußerung Thema beim anschließenden Empfang, zu dem der Kuratoriumsvorsitzende Volker Kauder locker einlädt: „Helmut Kohl hätte gesagt: Wann gibt es denn endlich was zu trinken?“ Dafür sorgt an jenem Abend in der Mitte Berlins der Herxheimer Winzer Petri mit seinen Pfälzer Weinen. Gemeinsam mit dem Mannheimer Filmproduzenten Nico Hofmann, der für den hier präsentierten Clip über Höhepunkte in Helmut Kohls Leben verantwortlich zeichnet, sorgt er an jenem Abend für die Brücke zwischen der Region und Berlin.

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