Ludwigshafen. Lillian Dietz (68) findet deutliche Worte. „Wir hören nicht auf. Wir werden immer weitermachen. So lange, bis sich etwas ändert. Bis wir das Elend nicht mehr jeden Tag erleben müssen.“ Die Ur-Oppauerin ist in den vergangenen Wochen zum Sprachrohr der Anwohner ihres Stadtteils geworden. In einem offenen Brief an die Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) hatte sie vehement auf Missstände im Zusammenhang mit der zum Teil illegalen Unterbringung von Monteuren in der Nachbarschaft aufmerksam gemacht (wir berichteten). Parkplatznot, Lärmbelästigungen und Vermüllung stünden auf der Tagesordnung. Selbst illegale Prostitution habe sich durch die lagerartige Einquartierung von bis zu 20 Personen in ehemaligen Wohnhäusern in Oppau angesiedelt.
Satzung auf den Weg gebracht
Allmählich kommt aber Bewegung in die Sache, zumal die Probleme nicht nur in Oppau und Edigheim, sondern auch in der Gartenstadt, in Friesenheim, Mitte, Süd und im Hemshof bestehen. Der Stadtrat hat in seiner letzten Sitzung die Verwaltung damit beauftragt, eine sogenannte Zweckentfremdungssatzung zu erarbeiten, um die Umnutzung von Wohnraum zu Monteursunterkünften einzudämmen. Und jetzt wird auch die BASF aktiv, die zuletzt immer wieder dafür kritisiert wurde, sich als größter Arbeitgeber der Stadt ihrer Verantwortung zu entziehen. Bis zu 10 000 Arbeiter von Fremdfirmen sind täglich auf dem Werksgelände zugange.
Zuletzt hat sich nun Werkleiter Uwe Liebelt selbst ein Bild von der Situation im unmittelbar an das riesige Chemieareal angrenzenden Stadtteil Oppau gemacht. Von Lillian Dietz hat er sich die Brennpunkte zeigen und die damit verbundenen Probleme erläutern lassen. „Ich kannte ihn vorher noch nicht und war sehr überrascht, als er vor der Tür stand“, sagt Dietz. „Ich habe das Gefühl, das Ganze hat bei ihm schon Eindruck hinterlassen“, glaubt die 68-Jährige.
Die BASF bestätigt das Treffen mit der Anwohnerin auf Nachfrage. Seit März werde als erste Maßnahme ein „kleines Kontingent von Wohnraum“ durch die BASF Wohnen + Bauen für bei der BASF eingesetzte Kontraktoren, also Arbeiter von Subunternehmen, im Stadtteil Süd angeboten, so eine Sprecherin. Wie viele Wohneinheiten genau für diese Zwecke vorgehalten werden, darüber macht das Unternehmen keine Angaben. Bis Mitte 2022 soll das Angebot jedoch auf 80 Plätze ausgebaut werden. „Bei Bedarf noch mehr“, sagt die Sprecherin. „Hier wird derzeit Wohnraum in unmittelbarer Werksnähe ins Auge gefasst.“
Ob die vergleichsweise kleine Zahl von Wohnplätzen eine sofortige Abhilfe für die Probleme schaffen kann, ist eher fraglich. Lillian Dietz rechnet allein in Oppau mit bis zu 70 Immobilien, die für die Unterbringung von Monteuren genutzt werden. „Aber es ist ein erstes zaghaftes Zeichen in die richtige Richtung“, kommentiert sie die Initiative der BASF. Gerade ein Angebot in der Nähe des Werks sei wichtig.
Abbruch von Beziehungen?
Dass die BASF aber natürlich nicht Tausenden Monteuren Wohnraum bieten kann, ist allen Beteiligten klar. Deshalb will der Chemiekonzern auch bei künftigen Auftragsvergaben auf eine angemessene Unterbringung achten. So behalte sich die BASF in ihren Verträgen das Recht vor, Audits – also Untersuchungen – oder Bewertungen durchzuführen, um sicherzustellen, dass die Subunternehmen die Gesetze, Regeln und Standards einhalten. Wenn „Anlass zur Besorgnis“ bestehe, ergreife das Unternehmen „geeignete Maßnahmen hinsichtlich der Geschäftsbeziehung“, so die Sprecherin. „Die BASF behält sich weiterhin das Recht vor, jegliche Beziehungen abzubrechen, wenn gegen die internationalen Prinzipien verstoßen wird, keine Maßnahmen ergriffen werden, um derartige Verstöße zu beheben, oder systematische Verstöße erkennbar sind.“
Bei der städtischen Bauaufsicht wurden im ersten Quartal 2021 insgesamt 14 ordnungsbehördliche Verfahren wegen zweckentfremdeter Wohnungen eingeleitet. Das geht aus einer schriftlichen Antwort der Verwaltung auf eine FWG-Anfrage im Bau- und Grundstücksausschuss hervor. Dabei seien sechs Verstöße in Oppau, drei in Friesenheim, jeweils zwei in der Innenstadt und Mundenheim sowie einer in Edigheim festgestellt worden. Zwei weitere illegale Pensionen wurden am Montag in Friesenheim und Oggersheim entdeckt, wie die Stadt mitteilt.
Lillian Dietz ist froh, dass ihre Initiative nun endlich einen Stein ins Rollen gebracht hat. „Ich hätte nicht mehr geglaubt, dass wir soweit kommen“, sagt sie. Doch es müsse noch einiges passieren.
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