Bäckereien

Ärger in Ludwigshafen: Stadt und Bäckereien streiten um Toiletten

In Ludwigshafen kontrolliert die Stadt kleine Bäckereien, Imbisse und Cafés, ob sie Gästetoiletten vorweisen können. Warum dies für Unmut sorgt und wie dies in anderen Städten geregelt wird

Von 
Rahel Adel
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Jasmin und Jochen Brendel müssen die Sitzgelegenheiten in ihrer Bäckerei absperren, da sie keine Gästetoilette anbieten können. © Thomas Tröster

Ludwigshafen. Für Unmut sorgt aktuell das Vorgehen des Ordnungsamts im Ludwigshafener Hemshof. Die Cafés, Imbisse und Gaststätten müssen nachweisen, dass genügend Gästetoiletten im Gastraum zur Verfügung stehen - und das führt zu Streitereien.

BrendelŽs Backwelt Jasmin und Jochen Backwelt Foto Thomas Troester © Thomas Tröster

Jasmin Brendel betreibt gemeinsam mit ihrem Mann Jochen die Bäckerei Brendel‘s Backwelt. Diese haben nun die Behörden ins Visier genommen. Nachdem Bedienstete der Stadt im Hemshof unterwegs gewesen seien und dort nach der Gewerbeanmeldung gefragt hätten, wäre am 23. Dezember ein Brief bei ihnen eingetroffen, erzählt Brendel. „Das war ein schönes Weihnachtsgeschenk“, sagt sie mit ironischem Unterton. Die Bäckerei müsse eine Gästetoilette zur Verfügung stellen, hieß es darin. Bis zum 11. Januar hätten sie Zeit, um darauf zu reagieren.

Regelungen um Gästetoiletten sind Ländersache

„Es hat mich schon gewundert, dass wir überhaupt eine Frist bekommen haben“, sagt Brendel. Jetzt sind die Plätze in der Bäckerei abgesperrt, sitzen darf dort niemand mehr. Manche Kunden würden dagegen in eigener Weise protestieren: Sie würden ihren Kaffee im Stehen trinken. Das stellt das Ehepaar jedoch vor die nächste Zwickmühle. „Eigentlich will man keine Papp- oder Plastikbecher mehr mitgeben“, erklärt Brendel hinsichtlich der Nachhaltigkeitsbestrebungen der Bäckerei, „aber ich darf kein Porzellan rausgeben“. Dass es keine Gästetoilette gibt, bedauert Brendel selbst. „Wir würden auch gerne eine Toilette haben, ich würde den Gästen gerne eine Wohlfühloase bieten“, sagt sie. Aber die eine vorhandene Toilette sei so nah am Bereich der Lebensmittelherstellung, dass sie eine Gesundheitsprüfung von den Gästen verlangen müsste.

Kommentar Bei Gästetoiletten sollte die Stadt ein Auge zudrücken

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Da sie nur Mieter in den Räumen seien, könnten sie zudem nicht einfach eine Toilette dazu bauen. „Ich würde mir von der Politik wünschen, dass individuelle Lösungen gefunden werden. Sie sollten sich die Situation vor Ort näher anschauen. Man könnte beispielsweise ein Schild aufhängen, das auf die fehlenden Toiletten hinweist“, schlägt Brendel vor.

Die Regelungen, wann und wie viele Gästetoiletten angeboten werden müssen, ist Ländersache. Jedoch haben die Städte und Kommunen einen gewissen Spielraum, was die Durchsetzung dieser Regelungen anbelangt. Ab 200 Gästen greift allerdings die Versammlungsstättenverordnung, dann müssen in jedem Fall Toiletten vorhanden sein - ebenso, wenn alkoholische Getränke ausgeschenkt werden.

Laut Verordnung sind Gäste-WCs Pflicht

Bei den Bäckereifilialen in Ludwigshafen handle es sich überwiegend um Betriebe im Gaststättengewerbe, teilte die Stadt auf Anfrage mit. Gemäß der Gaststättenverordnung müssten also Gästetoiletten vorhanden sein, sobald Speisen und Getränke vor Ort verzehrt werden können. Es gebe zwar Ausnahmen von der Verordnung, jedoch würden diese sich lediglich auf die Anzahl der bereitzustellenden Toiletten beziehen, ganz dürfe nicht auf sie verzichtet werden. Jedoch wird auch von der Stadt darauf verwiesen, dass ein gewisser Ermessensspielraum vorliege. Die zuständige Abteilung sehe sich „als Beraterin der Betriebe, um zu Lösungen mit Augenmaß zu kommen.“ Wie viele Betriebe von der aktuellen Maßnahme betroffen sind, konnte die Stadt nicht mitteilen.

Regeln für Gästetoiletten

  • Ab 200 Plätzen und sobald Alkohol ausgeschenkt wird, sind Gästetoiletten Pflicht
  • Städte und Kommunen haben Spielraum bei der Durchsetzung der Regeln.
  • In Mannheim kann bei kleinen Betrieben eine Ausnahme gemacht werden, wenn andere Toiletten zur Verfügung stehen
  • In Weinheim müssen Toiletten vorhanden sein, wenn Alkohol für den Konsum an Ort und Stelle angeboten wird.
  • In Ludwigshafen müssen WCs angeboten werden, sobald Speisen und Getränke vor Ort verzehrt werden können. 

Und was ist der Grund für die aktuelle Überprüfung und Kontaktierung der Betriebe, die schon seit Jahren Speisen und Getränke auch zum Verzehr vor Ort anbieten konnten? Die Maßnahmen seien keine neue Idee. Vielmehr handle es sich um eine Aufarbeitung der Missachtung landesrechtlicher Vorschriften, erklärt Beigeordneter und Kämmerer Andreas Schwarz. Die Aufsichts- und Dienstleistungsbehörde (ADD) habe die Verstöße gegen die geltenden Vorschriften schon seit Jahren bemängelt. Schwarz habe nun die Ordnungsbehörde aufgefordert, die Betriebe zu kontrollieren.

Außerdem wolle er bald Gespräche mit der ADD und der zuständigen Abteilung im rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerium führen. Dabei sollen besonders die verschiedenen Rechtsgrundlagen der Städte Mannheim und Ludwigshafen thematisiert werden, die einerseits den Verordnungen von Baden-Württemberg und andererseits Rheinland-Pfalz unterliegen. Die kleinen Betriebe würden ohnehin schon in einem Spannungsfeld zwischen Ladenöffnungsgesetz und den Vorschriften für Gaststätten stehen, so Schwarz.

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Die Stadtverwaltung Ludwigshafen wolle das Thema auch in der nächsten Dienstbesprechung der rheinland-pfälzischen Ordnungsamtsleiter auf die Tagesordnung setzen. Eine finale Vorgehensweise könne erst nach Gesprächen mit allen Instanzen festgelegt werden.

Jasmin Brendel muss sich also noch gedulden, bis die Sache geklärt ist. Bis dahin bleibt Brendel‘s Backwerk vorerst ein unfreiwilliges Stehcafé mit abgesperrten Tischen.

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