Kommunalpolitik

Wie Integration in Lampertheim gelingen kann

In einem umfassenden Prozess hat die Stadt gemeinsam mit der Diakonie eine Vielfalts- und Integrationsstrategie erarbeitet. Ziel ist es, dafür zu sorgen, dass Menschen jedweder Herkunft gut in Lampertheim leben können

Von 
Susanne Wassmuth-Gumbel
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Auf dem Europaplatz wehen die Landesfahnen der Lampertheimer Partnerstädte – nur ein Bruchteil der Nationen, aus denen Menschen stammen, die hier leben. © Berno Nix

Lampertheim. Längst ist Lampertheim eine multikulturelle Stadt. Von den insgesamt fast 35 000 Einwohnern haben etwas mehr als 27 000 einen deutschen Pass. Von den restlichen haben etwa 2300 eine doppelte Staatsbürgerschaft, 2500 sind Bürgerinnen oder Bürger anderer EU-Mitgliedsländer, und 2400 sind Drittstaatsangehörige. Mehr als die Hälfte der in Lampertheim lebenden Ausländer haben die türkische, polnische, rumänische oder italienische Staatsangehörigkeit.

Die Zahlen stammen aus dem Jahr 2022. Sie bilden die Ausgangslage für die Kommunale Integrations- und Vielfaltsstrategie, die die Stadt hat erarbeiten lassen. Den Beschluss dafür hatte die Stadtverordnetenversammlung bereits Ende 2019 getroffen. Daran erinnerte Erster Stadtrat Marius Schmidt in der jüngsten Sitzung des Sozial-, Bildungs- und Kulturausschuss, in der die Strategie nun von Susanne Kolb vorgestellt wurde.

Susanne Kolb hat maßgeblich daran mitgearbeitet. Sie ist bei der Regionalen Diakonie Bergstraße (früher: Diakonisches Werk) angestellt und war von April 2022 bis September 2023 als Prozessmoderatorin dafür zuständig, gemeinsam mit den städtischen Mitarbeitern der Stabsstelle Soziales diese Strategie zu entwickeln. Finanziert wurde die Stelle mit Mitteln des hessischen Landesförderprogramms „WIR – Wegweisende Integrationsprojekte Realisieren“. Herausgekommen ist ein mehr als 30 Seiten umfassendes Papier, das aufzeigt, wie Migration und Integration in Lampertheim auch weiterhin gelingen und verbessert werden können.

Fünf Handlungsfelder

Die Integrationsstrategie enthält Analysen, Ansichten und Handlungsempfehlungen. Für fünf Handlungsfelder – Verwaltung, Sprache, Arbeit und Qualifizierung, Wohnen sowie Ehrenamt – macht sie Vorschläge, wie eine vielfältige Gesellschaft gestaltet werden kann. „Mit dieser Konzeption legen wir die Grundlagen, um Vielfalt in unserer Stadt zum Vorteil aller zu nutzen“, schreibt Marius Schmidt im Vorwort des Strategiepapiers. Um den Status quo in der Stadt mindestens zu erhalten, sei Zuzug unumgänglich – auch von Menschen aus unterschiedlichen Teilen der Welt, heißt es in der Einleitung. Im Ausschuss betonte Schmidt, dass „die Vielfalt in Lampertheim schon da“ ist.

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Von
Amelie Wegerle
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Um die Strategie zu entwickeln, wurden mehrere Befragungen durchgeführt. Die waren zwar nicht repräsentativ, aber trotzdem aussagekräftig, wie Kolb erklärte. So habe sie mit Migranten und Migrantinnen ebenso gesprochen wie mit den politischen Vertretern der Fraktionen des Stadtparlaments, Mitarbeitern der Verwaltung und vielen ehrenamtlich Engagierten. Dabei sei deutlich geworden, dass es bereits einige gute Einrichtungen wie das Front Office Migration und die Integrationslotsen sowie viele Akteure gibt.

Umso wichtiger sei es, dass die Verwaltung eine koordinierende Funktion übernimmt und hilft, Netzwerke zu bilden, Mittel zu akquirieren und Angebote zu schaffen. Kolb empfiehlt, eine Steuerungsgruppe einzurichten, weil mehrere Fachbereiche der Verwaltung involviert sind. Ihr sollten auch Vertreter der Kommunalpolitik und der Zivilgesellschaft angehören.

Räume zur Begegnung

Vor allem die Schaffung von Räumen zur Begegnung sei von vielen Befragten als Wunsch geäußert worden. Vielen sei auch wichtig, dass alle Sprachkurse besuchen können und zugleich die Mehrsprachigkeit als etwas Positives gewertet wird. Leider sei es in den anderthalb Jahren nicht gelungen, in guten Kontakt mit Arbeitgebern und Wirtschaftsvertretern zu kommen. Doch gerade das sei wichtig, weil auch Integration in den Arbeitsmarkt wesentlich zum Gelingen des Prozesses beitrage. Bezahlbarer Wohnraum war ein weiteres Thema, das viele Befragten angegeben hatten. Hier sollten Vermieter wie Mieter für die jeweiligen Bedürfnisse besser sensibilisiert und Möglichkeiten der persönlichen Vermittlung geschaffen werden. Ebenso erstrebenswert sei ein trägerübergreifender Austausch aller, die sich ehrenamtlich für Migrantinnen und Migranten einsetzen.

Allen Überlegungen liegt zugrunde, dass „ein gemeinsames Verständnis von Integration die Aufgabe der gesamten Gesellschaft“ ist. „Integration darf nicht dem Markt, dem Zufall oder dem Einzelnen überlassen werden. Es lohnt sich nicht nur im Sinne der Erfüllung von Menschenrechten, sondern auch volkswirtschaftlich für alle Bürger und Bürgerinnen, sich mit diesem Thema kontinuierlich zu beschäftigen“, heißt es am Ende des Papiers.

Die Mitglieder des Sozial-, Bildungs- und Kulturausschusses haben die Strategie mit ihren Handlungsempfehlungen einstimmig als „handlungsweisend für weitere politische Entscheidungen“ anerkannt. Dem muss nun auch noch die Stadtverordnetenversammlung in ihrer Sitzung am Freitag, 20. Oktober, zustimmen. Bei einem interkulturellen Fest am Donnerstag, 26. Oktober, auf dem Europaplatz soll die Integrationsstrategie interessierten Lampertheimerinnen und Lampertheimern vorgestellt werden – egal, welche Staatsangehörigkeit sie haben. 

Redaktion Susanne Wassmuth-Gumbel ist stellvertretende Teamleiterin des Südhessen Morgen.

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