Studie zu Lampertheim

Steiniger Weg zum Klimaziel

Um bis 2045 keine Treibhausgase mehr in die Luft zu blasen, muss Lampertheim umsteuern. Fachleute zeigen auf, wie das gehen kann

Von 
Stephen Wolf
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Heinz Knaup (l.) und Janis Wiesener montieren 2021 auf dem Dach des Clubhauses des Lampertheimer Kanuclubs eine Photovoltaikanlage. © Berno Nix

Lampertheim. Zunächst einmal ist es eine gute Nachricht: Die Stadt und ihre Bürger haben die Chance, den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2045 erheblich zu senken. Die Mitarbeiter der Lampertheimer EnergyEffizienz GmbH (e-eff) kommen in einer Studie zu dem Fazit, dass - auch aufgrund bundesweiter Klimaschutzanstrengungen - eine Verringerung des CO2-Ausstosses um etwa 95 Prozent möglich ist.

Deutschland will bis 2045 klimaneutral sein. Um das zu erreichen, ist ein „gesamtgesellschaftlicher Prozess“ notwendig, wie eine Arbeitsgruppe der Wissenschaftsakademien jüngst festgestellt hat.

Im Fokus: Strom, Wärme und Verkehr 

Um die aktuelle Situation Lampertheims herauszuarbeiten und künftige Aufgaben zu skizzieren, hatte die Stadt bei e-eff eine Energie- und Treibhausgasbilanz sowie eine Potenzialanalyse in Auftrag gegeben. In dem nun vorgelegten Papier bezieht sich die Firma auf die Jahre 2016 bis 2020. Dabei stehen die Bereiche Strom, Wärme und Verkehr im Fokus. Demnach sorgt die - vor allem durch Gas und Öl produzierte - Wärme in Haushalten, aber auch im Gewerbe mit 53 Prozent für den größten Ausstoß klimaschädlicher Stoffe.

Mit 30 Prozent rückt der Verkehr wegen des hohen Anteils fossiler Kraftstoffe auf den zweiten Platz; gefolgt von der Stromerzeugung, die in Sachen Treibhausgasbilanz mit 17 Prozent zu Buche schlägt. Die Berechnungen ergeben zudem, dass der Energieverbrauch der Lampertheimer 2020 pro Kopf bei 28,3 Megawattstunden lag und sich somit leicht unterhalb des Bundesdurchschnitts von 30,1 Megawattstunden bewegte. Mit Blick auf die jährliche Pro-Kopf-Emissionen von CO2 lag die Stadt 2020 auch hier unterhalb des Bundesdurchschnitts von 9,8 Tonnen Kohlenstoffdioxid, Lampertheim lag bei 8,4 Tonnen.

Dachflächen werden große Rolle spielen

Aufgrund der zu erwartenden Elektrifizierung von weiten Teilen der Energieversorgung legen die Autoren einen Schwerpunkt auf die Stromerzeugung, die künftig ohne fossile Brennstoffe bestritten werden soll. Bei der Vorstellung der Studie im Ausschuss für Umwelt-, Mobilität- und Energie wurde deutlich, dass die verstärkte Nutzung der Photovoltaik (PV) einen deutlichen Effekt haben dürfte.

Dies, zumal mittlerweile eine „Solardachpflicht für gewerbliche Neubauten“ gilt: „Das Potenzial für den Ausbau der Stromproduktion durch erneuerbare Energien liegt in Lampertheim vor allem bei Dach- und Freiflächen-PV-Anlagen“, heißt es in dem Papier, das Bianca Kohler von e-eff präsentierte. Den Berechnungen zufolge liegt der aktuelle Bestand in der Stadt bei etwa 1000 Anlagen, die sich sowohl auf zwei Freiflächenanlagen als auch an Wohngebäuden befinden. Der Anteil der Häuser, die mit Photovoltaik ausgestattet sind, betrage rechnerisch aktuell sieben Prozent. Hierbei sei bereits eine große Dynamik festzustellen: „So wurden allein im vergangenen Jahr 180 neue Photovoltaik-Anlagen installiert. Deutlich steigende Zuwachszahlen sind auch bei Wärmepumpen und Elektroautos zu verzeichnen“, sagt Umweltökonomin Kohler.

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Vor dem Hintergrund hält sie fest, dass Dachflächen in Lampertheim künftig eine große Rolle bei der Nutzung der Solarenergie spielen. Insgesamt könnten Berechnungen zufolge künftig fast 25 weitere Hektar für Photovoltaik-Anlagen genutzt werden. Dazu zählten Flächen entlang von Bahnschienen und Autobahnen ebenso wie Konversionsflächen und versiegelte Areale.

Bei der Stadtverwaltung herrscht ein sachlicher Blick auf die Studie vor. „Was jedem klar sein dürfte: Die notwendigen Veränderungen werden kein Selbstläufer“, sagt Dietmar Lidke vom städtischen Immobilienmanagement. Andererseits sei das Gesetz zur Klimaneutralität eine klare Sache. So müssten Kommunen ihre Anstrengungen erheblich steigern, um die Ziele zu erreichen.

Im Winter ein Drittel an Energie gespart

Aus seiner Sicht kommt in der Diskussion um Klimaneutralität bisher der Aspekt des Sparens zu kurz. „Ich denke, dass in diesem Bereich vieles möglich ist“, sagt Lidke und nennt die Energiesparverordnung der Bundesregierung in Folge des Ukraine-Kriegs. Weil im Winter Thermostate bei der Stadtverwaltung heruntergedreht und beispielsweise die Beleuchtung historischer Gebäude ausgeschaltet wurde, habe man ein Drittel an Energie gespart. Ein ermutigendes Zeichen, sagt Lidke. Doch auch er weiß, dass an großen Veränderungen kein Weg vorbeiführt.

So werden aus Sicht von Bianca Kohler gerade PV-Anlagen in den kommenden Jahren dringend benötigt. In ihrer Studie prognostizieren die Experten von e-eff einen deutlichen Anstieg des Stromverbrauchs: „Dazu tragen etwa die Zunahme im Bereich der E-Mobilität bei, aber auch der steigende Einsatz von Wärmepumpen sowie der zunehmende Bedarf der Industrie.“ Wenn es darum geht, den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase zu reduzieren, betrachten die Autoren auch den Bereich der Wohnhäuser als relevante Größe. Hier sei bis 2045 eine Verringerung der Emissionen um 98 Prozent möglich: „Im Wärmesektor spielen vor allem Wärmepumpen und Nahwärme eine wichtige Rolle zur Emissionsvermeidung.“ Ergänzt werde der Einsatz der Geräte durch die Senkung des Energieverbrauchs. Dafür seien „intensive Sanierungsmaßnahmen“ notwendig.

Kohler und ihre Kollegen haben auch den Verkehrssektor unter die Lupe genommen. Demnach könnten die Treibhausgase in diesem Bereich bis 2045 um etwa 90 Prozent sinken: „Entscheidend hierbei ist die Umrüstung auf E-Mobilität im Pkw-Bereich, außerdem ergänzend die Nutzung von Wasserstoffantrieb, insbesondere für Lkw.“

Redaktion

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