Entscheidung

Neuer Bauhof in Lampertheim in Sichtweite

Nach langer Diskussion beauftragt Lampertheim ein Unternehmen für das Projekt, dessen Bau knapp 13 Millionen Euro kostet. Höchste Zeit, denn der bisherige Standort der Technischen Betriebsdienste ist dem Untergang geweiht

Von 
Stephen Wolf
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Hier geht’s lang: Im Gewerbegebiet Wormser Landstraße soll im kommenden Jahr gebaut werden. © Berno Nix

Die Mauern des städtischen Bauhofs in der Industriestraße geraten zunehmend ins Wanken. Gebaut auf einer früheren Mülldeponie, droht den dortigen Gebäuden nach Jahrzehnten der Niedergang. Höchste Zeit für einen Ortswechsel. Gut, dass die Lampertheimer Stadtversammlung nun die Weichen für den Neubau eines Betriebshofs gestellt hat.

Nach Angaben der Kommunalverwaltung wurde ein entsprechender Auftrag in Höhe von 12,6 Millionen Euro an das Bielefelder Unternehmen Goldbeck vergeben. Entstehen soll der fast 15 000 Quadratmeter große Neubau im Gewerbegebiet Wormser Landstraße. Das Grundstück hat die Stadt bereits für knapp drei Millionen Euro zum gängigen Preis erworben.

Der alte Bauhof ist marode und stellt langfristig eine Gefahr dar

Die Baufirma hat einen Standort in Hirschberg an der Bergstraße und ist in Lampertheim bereits aktiv, wo sie einen Solarpark baut. Wenn die Freiflächenanlage „Im Bruch“ in Betrieb geht, soll sie Strom für 2000 Haushalte erzeugen. Nun also ein neuer Auftrag, der für die Stadt relevant ist. Details sind über die Bedingungen aktuell indes nicht zu erfahren. Das Gesetz sieht vor, dass die Stadt als Auftraggeber zwei Wochen in der Sache Stillschweigen wahrt. „Während dieser Zeit darf nichts zum Vergabeverfahren kommuniziert werden, da sonst der komplette Vergabeprozess als ungültig erklärt werden kann“, teilt ein Sprecher der Stadt mit. Eines aber lässt sich auch ohne Nennung von Details sagen: Mit der Abstimmung am vergangenen Freitag endet ein jahrelanges Ringen um den dringend benötigten Bau.

„Wir sind wirklich sehr froh, dass es mit dem neuen Bauhof vorangeht“, sagt Sabine Vilgis, Leiterin der Technischen Betriebsdienste in Lampertheim. Sie geht von einem Baustart im kommenden Jahr aus.

Auf längere Sicht sei ein Betrieb der alten Anlage nicht zu vertreten. „Der Boden bewegt sich, Risse in den Wänden der Hallen werden breiter. Es wird Zeit für einen neuen Betriebshof“, sagt Vilgis.

Zwar sei vor dem Bau in den 1970er Jahren ein Betonfundament über die Mülldeponie gelegt worden. Aber im Laufe der Jahrzehnte habe man entdeckt, dass die Zersetzungsprozesse im Untergrund zunehmend auch an der Oberfläche für eine Destabilisierung sorgen. Um auf Nummer sicher zu gehen und um mögliche Risiken für die etwa 70 Mitarbeiter auszuschließen, prüfen Statiker regelmäßig das alte Gemäuer, wie die Fachbereichsleiterin sagt. Weil die Risse in den Wänden stetig breiter werden, kann der alte Bauhof kaum länger als bis 2026 genutzt werden, fügt Vilgis hinzu. Insofern stehe man auch unter Zeitdruck. Seit April 2023 steht fest, dass der Lampertheimer Bauhof im Gewerbegebiet Wormser Landstraße gebaut werden soll. Damals hatte sich die Stadtverordnetenversammlung nach Jahren politischer Diskussionen für diesen Schritt einstimmig ausgesprochen. So sollte ein neuer Bauhof zunächst auf dem ehemaligen Energieried-Gelände entstehen, das ebenfalls in der Industriestraße liegt. Im Stadtparlament hatte die 2020 noch bestehende SPD/FDP-Koalition den Neubau in der Industriestraße beschlossen. Auf der anderen Seite hatten CDU und Grüne mit dem Gewerbegebiet Wormser Landstraße bereits damals für einen alternativen Standort geworben.

Die unerwartete Steigerung der Kosten sorgte für ein Umdenken

Für SPD und FDP standen vor allem Kosten im Vordergrund. Nach damaligen Planungsstand sollte ein Neubau an der Wormser Straße 2,3 Millionen Euro mehr kosten als der in der Industriestraße. Dafür nahmen Sozial- und Freidemokraten in Kauf, dass der Neubau in der Industriestraße wegen der engeren Platzverhältnisse gravierende Schönheitsfehler gehabt hätte. Vor allem sei das Areal nicht ausreichend groß für ein einstöckiges Gebäude, das allen Anforderungen des Betriebshofs gerecht werde. Daher müsse man zweigeschossig bauen, was sich im Arbeitsalltag jedoch als umständlich erweisen dürfte, gab damals etwa der CDU-Fraktionsvorsitzende Alexander Scholl zu bedenken. „Für die Stadtverwaltung Lampertheim war die Wormser Landstraße immer die bessere Lösung. Die Industriestraße - mit viel finanziellem und organisatorischem Aufwand - stellte immer die zweitbeste Lösung für einen neuen Standort der Technischen Betriebsdienste dar“, sagte damals Bürgermeister Gottfried Störmer (parteilos).

Als sich 2022 die Kosten für den umstrittenen Bau in der Industriestraße plötzlich massiv erhöht hatten, war das wichtigste Argument obsolet geworden. Hatte man ursprünglich für diesen Neubau mit Ausgaben von 6,75 Millionen Euro gerechnet, galt diese Kalkulation 2022 als überholt. Aufgrund von Preissteigerungen bei Material und Dienstleistungen sowie der Inflation musste mit einer Verdopplung der Kosten gerechnet werden.

Schließlich zog das Stadtparlament im vorvergangenen Oktober die Reißleine. Dies war möglich geworden, weil sich inzwischen die Mehrheiten geändert haben und die FDP sich auf die Seite von CDU und Grünen geschlagen hat.

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So wurde ein Planungsstopp für den Bauhof-Neubau an der Industriestraße erwirkt und der Beschluss vom März 2020 aufgehoben. Grundlage für die neue Bewertung war eine überarbeitete Kostenschätzung für einen Neubau an der Wormser Landstraße. Die kam für den Neubau an der Industriestraße auf einen Gesamtbetrag von beinahe 14 Millionen Euro. Eine Kostenschätzung, die aktuelle Preissteigerungen berücksichtigte, ließ den Neubau in der Wormser Landstraße attraktiver erscheinen, da es sich am Ende um die günstigere Variante handeln könnte, mit der sich zudem die Anforderungen der Technischen Betriebsdienste besser umsetzen lassen.

Eingeleitet wurde der letzte Akt im Drama um den Bauhof im Haupt- und Finanzausschuss vor knapp einer Woche. Dabei hatten sich die Mitglieder auf eine Auftragsvergabe geeinigt. Allerdings wurde über den Tagesordnungspunkt am vergangenen Mittwoch unter Ausschluss der Öffentlichkeit diskutiert.

Am Ende mussten die Stadtverordneten nur noch die Hand im Parlament heben, um den im Ausschuss beschlossenen Schritt zu vollenden. Eine Aussprache gab es am Freitag nicht mehr. Bis auf zwei Enthaltungen stimmten alle Stadtverordneten für die Vergabe an das Unternehmen Goldbeck. Die Erleichterung ist nach der Entscheidung auch bei Rathauschef Störmer zu spüren: „Es freut mich außerordentlich, dass der politische Prozess nun mit diesem positiven Ergebnis einen Schlusspunkt gefunden hat“, äußerte er sich ungewohnt emotional. Es seien nicht immer einfache Diskussionen gewesen, was bei einem solchen Projekt aber auch verständlich und normal sei, teilte er weiterhin mit.

Redaktion

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