Lampertheim. Abgemagert, nervös und unausgeschlafen – und trotzdem super drauf. So lässt sich der Live-Auftritt von Barbara Boll und Matthias Klöpsch wohl am besten beschreiben. Am Rande des Lampertheimer Wochenmarkts feierte das Bollwerk-Duo seine Rückkehr auf die Live-Bühne und sorgte damit für lange nicht mehr erlebte Glücksgefühle beim Publikum.
Nein, die Nacht davor war wohl nicht ganz einfach. Wirklich ein Auge zugetan hatten beide Musiker nicht länger als eine Stunde. Zu groß war die Aufregung vor dem ersten Auftritt seit Oktober: Wo liegt das ganze Equipment? Was braucht man eigentlich alles für so einen Live-Auftritt? Und, verdammt, können wir das überhaupt noch?
Gefühle müssen raus
Mehr Musik auf dem Markt
Weitere Auftritte jeweils samstags auf dem Wochenmarkt:
26. Juni: Matthias Karb & Lisa Bund: Mit dem Mann am Klavier, musizieren wir!
31. Juli: Matthias Karb: Schepper und Karb singen deutsche Musik
28. August: Matthias Karb: Musikalisches Wunschkonzert
25. September: Hans-Jürgen Götz: Akkordeonmusik aus aller Welt
30. Oktober: Boll-Trio: Musikalische Shoppingtour
Das Programm läuft jeweils von 10 bis 12 Uhr. ksm
Schließlich hatten beide Musiker, um es mit den Worten von Bürgermeister Gottfried Störmer zu halten („Der Applaus ist des Künstlers Brot), seit Monaten nichts mehr gegessen. Schon nach den ersten etwas nervösen Tönen des Paul Benatar-Songs „We belong“ aus den 80ern war Boll „total fertig“ und „durch“. Die Sängerin ließ ihren Gefühlen und ihrer Aufregung freien Lauf – alles musste raus. Ähnlich ging es dem Publikum, das sich rasch in einem Halbkreis um die imaginäre Bühne aufstellte. Wer nichts vom Auftritt mitbekommen hatte, der rieb sich verwundert die Augen. Livemusik – was ist das? Und was machen die vielen Menschen hier?
Die Aufregung war aber sowohl bei Musikern als auch bei den Zuhörern schnell verflogen. „Fühlt sich verdammt gut an!“, fand nicht nur Sängerin Barbara Boll. Ein Lebensgefühl, das die meisten Menschen schon in die hintersten Ecken ihres Gedächtnisses verbannt hatten, machte sich für zwei Stunden auf dem Wochenmarkt breit: das Gefühl dieser längst vergangen geglaubten, unbeschwerten Sommertage.
Kulturamtsleiter Rolf Hecher wurde in seinem Enthusiasmus kurzerhand zum Erdbeerverkäufer, Bürgermeister Gottfried Störmer outete sich als echter Musik-Fan. Und manch anderer Zuhörer vergaß in seiner Freude völlig das Einkaufen und einige wenige vergaßen, zwar alle mit Masken ausgestattet, die gebotenen Abstände einzuhalten. „Da könnten wir noch ein bisschen am Konzept feilen und nachjustieren“, meinte Werner Reuters als Vertreter des Wirtschafts- und Verkehrsvereins.
Der Verein unterstützt die Idee des Stadtmarketings finanziell. Grundsätzlich, so Reuters, stehe der Verein aber „voll hinter dem Konzept und der tollen Idee von Stadtmarketing und Kulturamt“.
Stadtmarketing und Kulturamt haben auch für die kommenden Monate jeweils am letzten Samstag ein kulturelles Programm für den Markt ausgearbeitet. Für diese Möglichkeit sind auch Boll und Klöpsch dankbar. „Die Stadt“, betonte Boll bei ihrem Auftritt am Samstag, „war in der Krise immer für uns da.“
Am Ende des Auftritts standen die pure Freude und zwei Erkenntnisse: Ja, sie können’s noch – und Menschen brauchen Kultur.
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