Kommunalpolitik

Lampertheimer Verwaltung will mit der Politik Ziele definieren

Lampertheim muss seinen Haushalt konsolidieren. Stadtverordnete sollen jetzt festlegen, was ihnen für die nächsten Jahre in Lampertheim wichtig ist.

Von 
Susanne Wassmuth-Gumbel
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Braucht Lampertheim in heutigen Zeiten noch eine Stadtbücherei die vom Bilderbuch bis zur aktuellen Reiseführern ein breites Angebot parat hält? Das ist eine von vielen Fragen, über die sich die Stadtverordneten im Rahmen der Haushaltskonsolidierung Gedanken machen müssen. © Berno Nix

Lampertheim. In der Lampertheimer Stadtkasse fehlen in diesem Jahr drei Millionen Euro und für die nächsten Jahre muss die Verwaltung davon ausgehen, dass das Defizit auf sechs bis zehn Millionen Euro pro Jahr anwächst. Das bedeutet, dass die Stadt ihre Aufgaben nicht mehr in dem Maße erfüllen kann wie bisher. Deswegen müssen Ideen auf den Tisch, wie der Haushalt konsolidiert, das heißt langfristig ausgeglichen werden kann. Der Haushalt schließt nun schon zum wiederholten Mal im Minus ab und bereits in den vergangenen Jahren wurde versucht, die Einnahmen zu erhöhen und die Kosten zu senken, um so das Ergebnis zu verbessern. Allerdings ohne nennenswerten Erfolg – auch weil die Ausgaben beispielsweise durch Tariferhöhungen und Kostensteigerungen kontinuierlich gestiegen sind.

Um nicht wie bisher mit verhältnismäßig kleinen Drehungen an den Stellschrauben nur den aktuellen Haushalt und den Entwurf für 2026 ins Lot zu bringen, sondern auf längere Sicht wieder zu einem positiven Ergebnis zu kommen, möchte die Stadtverwaltung unter Noch-Bürgermeister Gottfried Störmer strategische Ziele für die Haushaltskonsolidierung festlegen und ein sogenanntes Haushaltssicherungskonzept erarbeiten. Das bedeutet, Verwaltung und Politik sollen nicht nur prüfen, wo ad hoc gespart oder mehr eingenommen werden kann. Sondern alle sollen sich gemeinsam anschauen, welche Leistungen die Stadt aktuell für ihre Bürgerinnen und Bürger erbringt. Welche davon sind gesetzlich vorgeschrieben, welche freiwillig? Bei der Betrachtung all dieser Dienstleistungen sollten folgende Fragen im Zentrum stehen: Warum macht die Stadt dieses oder warum hat sie jene Einrichtung? Welches Ziel verfolgt sie mit den einzelnen Angeboten und Einrichtungen? Wie sind die organisiert, ließe es sich anders organisieren? Und reichen eigentlich die Ressourcen, um all die Leistungsangebote weiterhin machen zu können?

Verwaltung kann und will so nicht weitermachen

„Unsere aktuelle Haushaltslage ist katastrophal. So können und wollen wir nicht weiterarbeiten. Wir haben seit Jahren und Jahrzehnten Standards definiert, die zu bedienen uns bei knappen Kassen immer schwerer fällt. Alle unsere Sparbemühungen der vergangenen Jahre gingen zu Lasten der Verwaltung“, stellte Bürgermeister Störmer in einem Pressegespräch fest. „Aus der ausgepressten Zitrone kommt kein Saft mehr raus“, sagte er in der jüngsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am Mittwochabend. Die Verwaltung mache sich schon länger Gedanken, wie ein Ausweg aus der Misere aussehen könnte.

Schon in seiner Haushaltsrede hatte Bürgermeister Gottfried Störmer klar gesagt, dass es so mit den Lampertheimer Finanzen nicht weitergehen kann. © Berno Nix

Ein erster Entwurf für eine strategische Zielplanung haben Verwaltung und Politik in den vergangenen Monaten gemeinsam erarbeitet. Dabei wurden sie von Dirk Greskowiak von der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) unterstützt. Er erläuterte den Mitgliedern des Haupt- und Finanzausschusses den aktuellen Stand und sagte den Stadtverordneten deutlich: „Sie sind diejenigen, die über den Haushalt und seine Konsolidierung beraten und beschließen.“ Eine Alternative zur Haushaltssicherung gebe es nicht. „Sie sind dazu verpflichtet“, erinnerte Greskowiak die Parlamentarier.

Greskowiak plädierte sehr dafür, wirklich alle Bereiche auf den Prüfstand zu stellen und nicht von vornherein gewisse Themenfelder auszusparen und zu tabuisieren. Am besten sei es, wenn wirklich alle Bevölkerungsgruppen von den Einschnitten betroffen seien. So könnten Diskussionen darüber, wer eventuell besonders belastet oder wer verschont bliebe, verhindert werden.

Wohin soll sich Lampertheim entwickeln? Das politische Handeln muss fokussierter werden

Wichtig sei es auch, sich Gedanken darüber zu machen, wohin sich Lampertheim entwickeln soll und das politische Handeln darauf zu fokussieren. Wenn sich beispielsweise alle einig seien, dass Lampertheims Einwohnerzahl weiter steigen soll, dann müsste aber auch allen klar sein, dass das weitere Kosten für Infrastruktur, Bildungs- und Betreuungseinrichtungen, Kulturangebote und ähnliches nach sich zieht. Auch manche Errungenschaften der Vergangenheit, die vor Jahrzehnten vielleicht wichtig waren, müssten dahingehend betrachtet werden, ob sie noch zeitgemäß sind. Als Beispiel nannte der KGSt-Experte die Stadtbücherei. Wozu braucht man heute noch eine Stadtbücherei, die von Bilderbüchern bis aktuellen Reiseführern ein umfassendes Literaturangebot bereithält? fragte er. Wenn das vorrangige Ziel sei, Kinder und Jugendliche in ihrer Lesekompetenz zu stärken, könne durchaus überdacht werden, ob das auch anders und damit kostengünstiger erreicht werden kann.

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Der erste Entwurf für eine strategische Zielplanung liegt den Stadtverordneten vor. Er wurde – basierend auf einem Konzept, das Greskowiak anhand umfassender Daten- und Faktenchecks über Lampertheim erarbeitet hatte – in mehreren Workshops diskutiert und angepasst, an denen die Führungskräfte der Verwaltung sowie interessierte Stadtverordnete und Magistratsmitglieder teilgenommen haben. In verschiedenen Themenfeldern werden die Schwerpunkte beschrieben, die auch in Zukunft Bestand haben sollen. Dazu zählt der Wirtschaftsstandort Lampertheim, ein Generationenmix in der Bevölkerung, gleichberechtigter Zugang zu Bildung, Klima- und Umweltschutz, bedarfsgerechter Ausbau der Wohninfrastruktur, die Behebung des Sanierungsstaus in der Infrastruktur, Verkehr, Kultur, bürgerschaftliches Engagement, eine moderne, digitale Verwaltung als attraktiver Arbeitgeber.

Dass die Politik sich verbindlich erklärt, welche Ziele festgelegt werden sollen, damit die Verwaltung ihr Handeln daran ausrichten kann, wünschte sich Bürgermeister Gottfried Störmer und zeigte sich zugleich überrascht, dass die Ausschussmitglieder auf die Ausführungen von Greskowiak zunächst gar nicht reagierten. „Wir brauchen ein Signal, ob wir diesen Weg gehen wollen“, verlangte Störmer.

Haushaltskonsolidierung ist „alternativlos“

Erst darauf erklärten alle Fraktionen, dass eine Haushaltskonsolidierung unstrittig sei. „Ich bin der Meinung, dass diese strategische Zielplanung eine gute Basis ist“, sagte Alexander Scholl, CDU-Fraktionsvorsitzender und ab Dezember Störmers Nachfolger im Amt des Bürgermeisters. „Wir dürfen keine Zeit verlieren“, mahnte er. Gregor Simon von den Grünen nannte das Vorhaben „alternativlos“ und auch Jens Klingler, Fraktionschef der SPD, erklärte die Zustimmung seiner Fraktion. „Ein Haushaltssicherungskonzept ist überfällig“, sagte Stefanie Teufel von der FDP. „Wir sind jetzt an dem Punkt, wo wir die Dinge angehen müssen, die weh tun.“

Redaktion Susanne Wassmuth-Gumbel ist stellvertretende Teamleiterin des Südhessen Morgen.

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