Brauchtum

Lampertheimer Stadtteil Hofheim feiert ausgelassen seine Kerb

Nicht nur in Lampertheim selbst, auch im Stadtteil Hofheim wird kräftig gefeiert. Die Kerb hat dabei einiges zu bieten – auch Wortwitz bei den Kerbereden.

Von 
Emilia Herbert
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Kerbemudder Heike Hildebrand zeigt sich bei ihrer Rede in bester Verfassung. © Emilia Herbert

Hofheim. Zur Howwemer Kerb gehört die traditionelle Kerbered am Alten Rathaus im Lampertheimer Stadtteil wie das Riesenrad zum Wormser Backfischfest. Am Samstagnachmittag gebührte die Ehre der Eröffnung keiner geringeren als Heike Hildebrand.

Die Kerbemudder, die für ihren Verein Carpe Noctem Corporation (CNC) zum 30-jährigen Bestehen die Leiter in roten High Heels erklomm, bringt reichlich Erfahrung mit. Einerseits als absolute Vollblutfastnachterin mit unglaublicher Bühnenpräsenz, andererseits war es bereits das sechste Mal, dass Hildebrand das Ortsgeschehen zur Howwemer Kerb glossierte.

Heike Hildebrand schöpft für die Kerbered aus dem Vollen

Ihr unmittelbares Umfeld, auf das sie sowohl als CNC- als auch als HCV-Mitglied zurückgreifen kann, dazu das Trippelschrittmaß bei Baumaßnahmen im Stadtteil und die mit einem Paukenschlag endende Bürgermeisterwahl lieferten ihr hierfür reichlich Steilvorlagen. Diese verpackte sie geschickt, und präsentierte sie den Hofheimern in Mundart.

Zunächst galt Hildebrands Dank aber allen Beteiligten der Howwemer Kerb und ihren musikalischen Unterstützern wie etwa dem Spielmannszug der Freiwilligen Feuerwehr und dem Evangelischen Posaunenchor, der die Besucher mit einem kleinen Platzkonzert vor dem Alten Rathaus eingestimmt hatte. Tanzeinlagen steuerten die HCV-Wichtel und die Mini-Buttons des Turnvereins bei. Ingo Eisert moderierte die Eröffnung.

Die Mini-Buttons des Turnvereins zeigen einen Showtanz. © Emilia Herbert

Die Kerbemudder erinnerte an die Anfänge der Erfolgsgeschichte von CNC vor exakt 30 Jahren mit einem kleinen Skandal um ein Foto der Jungs: „Junge Männer vor einer großen Wand, ach du Schreck, waren bloß mit einer einzelnen weißen Socke bedeckt“.

Auch am Seniorentag durfte CNC durch den Vorsitz im Arbeitskreis Hofheimer Vereine ran. „Sonntags morgens um 8 da ging’s dann los, wo bleibt dann de Kuche, wo bleibt der bloß?“, fragte die Kerbemudder, nachdem der Fahrer nicht beikam. Zur Krönung fiel der Kuchen durch ein sich lösendes Rad des Servierwagens dem Hebauers Peter in den Dreck, „so bleibt für uns alle bis heute ungewiss, ob de Hebauers Peter net heimlich uf dem Wage mitgefahre is“, mutmaßte Hildebrand.

Kerbemudder hat einige Missstände zu beklagen

Verflossene Fördergelder beim Bahnhofsvorplatz, „koa Idee fer die Alt Schul“ oder die nicht enden wollende Sporthallensanierung: „Wird do gebaut oder inszeniert?“, fragte die Kerbemudder zu Recht.

In nur 30 Minuten hatte der Fußballverein 1000 georderte Bratwürste nach abgesagter Malleinvasion mit Witz und Herz vermarktet: „Die Howwemer halten zusammen“.

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Nicht entgangen waren der forschen Kerberednerin die mobilen Saunen, mit denen einige die Wartezeit beim Kartenvorverkauf des HCV überbrückten und natürlich die technische Panne mit 45-minütigem Stromausfall bei der ersten HCV-Prunksitzung. Zur Altweiberfastnacht der HCV-Narren brachen dann auch schon mal die Kleiderständer im Bürgerhausfoyer zusammen, „im Bürgerhaus ganz still und sacht, do hängen heit noch Jacken von der Hexennacht“. Nicht fehlen durfte „moin Volker“, der im Hause Hildebrand die Möbelpacker am Rosenmontag morgens um acht mit einem Narrhallamarsch willkommen hieß.

Aber sich selbst nahm die Kermemudder auch nicht aus, befand sie sich doch nach dem Besuch in einer vornehmen Rooftopbar in Darmstadt im falschen Parkhaus auf Autosuche.

Erstmals kommt ein Lampertheimer Bürgermeister aus Hofheim

Das Thema schlechthin durfte einfach nicht fehlen: „Wir sind Bürgermeister jetzt! Dem Scholle Alex gelang, was vorher keiner gedacht, en Howwemer wird in Lamberde zum Bürgermeister gemacht!“. Erfrischend die Anekdote vom Imagefilm der Familie Scholl, „als die dann uff de Gass stehe, ach du Schreck, die Tür ist zu und de Schlüssel inne noch steckt“.

Kein Verständnis zeigte die Kerberednerin städtischen Sparwahn mit generellem Glückwunschverzicht für Jubilare. „Also lieber Alexander, wann du am 1.12. kimscht ins Amt, geb am beschde diesbezüglich glei eine Änderung bekannt“, riet sie dem neuen und nickend zustimmenden Stadtoberhaupt, um dann zur Kranztaufe und dem von CNC spendierten Freibier überzuleiten. Ein rundum gelungener Auftakt zu drei weiteren Tagen Ausnahmezustand in Howwe mit reichlich Musik, bester Stimmung, einem eigenen Feuerwerk und kulinarischen Leckereien im Kerbedorf, das von acht Vereinen gestemmt wurde.

Zur Howwemer Kerb gehört aber auch der ökumenische Gottesdienst, der in die Balthasar-Neumann-Kirche verlegt wurde. Verantwortlich für die Gestaltung zeigten sich die Pfarrer Christian Rauch, Pfarrer Markus Müsebeck und der Posaunenchor.

Schlagfertig präsentiert sich Jeanne Boko beim Ausgraben der Kerb an der Vorstadt © Emilia Herbert

Längst hat sich auch das Ausgraben der Howwemer Kerb an der „Vorstadt“ etabliert. Dazu tragen neben dem Verein dem Kerbeborschverein auch das Gastronomenehepaar Tanja und Michael Wahlig bei. Nach dem Umzug mit Traktor und Rolle, verschiedenen Stopps zum Löschen des Durstes ging’s an die „Vorstadt“. Dort unterhielt bereits die Liveband „Die Gallier“ die vielen Kerbegäste mit handgemachter Rock- und Soulmusik. Am Bass übrigens der Hofheimer Robin Vollhardt.

Die letzte Tour der Kerbebuddler nach 50 Jahren. © Emilia Herbert

Zum 50. Mal jährte sich auch die Tour der Kerbebuddler. Die eigene Ausgrabungsredd des Kerbeborschvereins wurde wie im letzten Jahr von Jeanne Boko verfasst und präsentiert. Gute Laune ist bei der Kerbemudder Programm. „Ich wird eich also jetzt in Stimmung bringe, un loss e paar Stories vun de ledschde Kerb erklinge“ versprach Boko nicht zu viel. Es ging um den vergessenen Kerbewoi, „zweifellos henn mer gedenkt, de Woi is on Bord unn sinn awwer mit de Roll ohne den fort“.

Jeanne Boko unterhält mit lustigen Annekdoten

Auch der Anstich des letztjährigen Freibieres lief nicht rund, „vier Oaläuf hots ledschd Joahr gebraucht, bis ausm Zapfhoahn is des Bier gerauscht“. Thema auch die Kranztaufe von Kerbevadder Florian Herzog am Alten Rathaus, „bei de Laader hot die Sicherung geklemmt, doch dodefier hot koaner was gekennt“. Am Sonntagmorgen folgte das nächste Malheur, „de Grill blieb aus, die Wäschdscher kalt, so en Dabbes hot nämlich es Gas ned abgeschalt“. Doch damit nicht genug. „Mondaachs henn mers noch emol probiert, desmol ä neijie Gasflasch montiert. Des Feier om brenne, des Fleisch uffm Roschd, bleederweise hot uns oaner die Bräädscher gemopst“.

Gefeiert wurde mit den „Galliern“ bis tief in die Nacht hinein. Ein Kerbeauftakt wie aus dem Bilderbuch. Die Hofheimer wissen längst um die Bedeutung ihres Festes der Feste, das die Menschen mobilisiert. Es genießt durch das vielfältige Programmangebot und die zentrale Anordnung des Kerbedorfes vom Alten Rathaus bis zum Feuerwehrgerätehaus und dem sich anschließenden Rummelplatz auch im Umland einen ausgezeichneten Ruf.

Der Kerbeborschverein nimmt Aufstellung am Alten Rathaus. © Emilia Herbert

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