Nein, es ist kein ästhetisches Vergnügen, im Lampertheimer Hallenbad zu duschen. Das ergibt der Selbstversuch nach regelmäßigen Beschwerden von Besuchern über den Zustand der Sanitäranlagen gegenüber dieser Redaktion. Es riecht unangenehm, die Toiletten haben keinen Sitz und - das größte Ärgernis aus Nutzersicht - aus einigen Duschen kommen nur Rinnsale. Die gute Nachricht: Nach der Hallensaison im Juni wird die Anlage erneuert, für 400 000 Euro.
Marius Schmidt, Erster Stadtrat und Geschäftsführer der Lampertheimer Bädergesellschaft, will nichts schönreden. „Wir kennen die Situation und wissen, dass sie nicht gut ist“, sagt er, während über uns ein spärliches Rinnsaal aus dem Brausekopf trieft. Je nach dem, welche der sechs Kabinen man zugewiesen bekommt, kann das Duschen überaus nervend und zeitraubend sein. „Ja, dieses Pech kann man haben“, sagt Schmidt.
Der Blick fällt durch die offene Toilettentür: Da ist kein Sitz, nur das nackte Porzellan. „Das war eine Empfehlung des Kreis-Gesundheitsamts. Unter den Sitzen würden sich Bakterien ausbreiten“, sagt Schmidt.
Das Hallenbad wurde 1973 eröffnet, es ist jetzt genau 50 Jahre alt. „Und die meisten Rohre, die zu den einzelnen Duschen führen, sind eben auch 50 Jahre alt. Viele sitzen zu“, erklärt der Bäderchef. Das Bad ist von 2019 bis 2021 saniert worden, nicht aber der Sanitärbereich.
Warum eigentlich nicht? Wegen der Kosten. Die Sanierung des Bads, so Schmidt, habe 5,8 Millionen Euro gekostet, abzuziehen seien rund 1,5 Millionen öffentlicher Zuschüsse. Den Sanitärtrakt in die Sanierung einzubeziehen, hätte noch mal 3 Millionen Euro gekostet. Davon hätten Politik und Bädergesellschaft abgesehen.
Erst 3 Millionen - und jetzt nur noch 400 000 Euro? Die teuerere Variante wäre eine Kernsanierung gewesen, alles raus, alles neu, so Schmidt. Bei dem nun gewählten Vorgehen blieben die alten Rohre in den Wänden, die neuen Rohre würden „aufputz“, also auf den Wänden, installiert. Dazu komme eine neue Heizung für das Duschwasser. Für die sechs Kabinen würden drei dezentrale Mischeinheiten eingebaut, erklärt der Erste Stadtrat weiter.
Die alte, große Anlage, eine Einheit für alle Kabinen, kam zuletzt nicht mehr auf die vorgeschriebene Vorlauftemperatur von 60 bis 63 Grad. Große Anlagen mit unter 60 Grad Vorlauftemperatur bieten gefährlichen Krankheitserregern einen Tummelplatz. Zum Beispiel der Legionelle, die eine lebensgefährliche Lungenentzündung auslösen kann. Davor sollen die ungewöhnlichen Duschköpfe mit ihren speziellen Filtern bewahren.
Die DIN, die in Badeanstalten dezentrale Mischeinheiten vorschreibt, stammt von 2001. Sie gilt allerdings für Neubauten, Altbauten haben Bestandsschutz. Sie werden jedoch vor Beginn einer neuen Saison vom Gesundheitsamt überprüft. So war das auch in Lampertheim. Bis vor Saisonbeginn 2020/21. Da habe das Heppenheimer Gesundheitsamt die Erneuerung der Anlage schließlich doch dringend empfohlen, erklärt Marius Schmidt.
Darauf habe die Stadt ein Fachinstitut mit einer Risikoabschätzung beauftragt. Ergebnis: die dringende Empfehlung einer Erneuerung. Ein Lampertheimer Installateurbetrieb habe dann auf Grundlage der Expertise den Plan der Aufputz-Anlage entworfen. Man sei nun auf der Suche nach einem Fachbetrieb, der die Arbeiten ausführen kann. Der Betrieb, der den Plan entworfen hat, sei dafür zu klein, sagte Schmidt.
Wie konnten so viele Jahre ins Land gehen, bis das Problem angepackt wird? Die Wasserrohre haben sich sicher nicht binnen kürzester Zeit zugesetzt. „Na ja, wir hatten den Bestandsschutz, und das Kreis-Gesundheitsamt hat den Betrieb bis 2020/21 immer wieder freigegeben“, antwortet Schmidt. Also, Augen zu und durch? „Man hat in Anbetracht der damals zur Verfügung stehenden Mittel nur gemacht, was zwingend notwendig war“, so Schmidt.
René Blume schwimmt regelmäßig im Hallenbad. Und er ist vom Fach. Der Geschäftsführer eines Lampertheimer Installateurbetriebs will nicht falsch verstanden werden: Er finde, das Hallenbad sei ein großartiges Angebot. Das müsse auch mal gesagt sein. Aber die sanitären Anlagen betreffend schüttelt er immer wieder nur ungläubig den Kopf. René Blume: „Das ist doch nicht zu fassen. Wie kann man das so lange laufenlassen?“
Blume erklärt, allein mit einem regelmäßigen Austausch der Brauseköpfe inklusive Filter würde eine erhebliche Verbesserung erzielt. Das seien Beträge von etwa 50 Euro pro Stück. Je nach Fabrikat müssten sie innerhalb der vom Hersteller angegeben Fristen gewechselt werden, da sich die Filter sonst zusetzten, erklärt der Fachmann.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Hallenbad in Lampertheim: Zu lange laufenlassen