Lampertheim. Für die Deutsche Bahn dürften am Ende auch die massiv gestiegenen Baukosten eine wichtige Rolle gespielt haben. Die Nachricht, dass ein großer Teil der künftigen ICE-Trasse zwischen Frankfurt und Mannheim durch einen bergmännischen Tunnel im südlichen Ried führen soll, kam für Ulrich Guldner daher zwar schneller als erwartet. „Aber auch nicht überraschend“, wie der Lampertheimer sagt. Der 71 Jahre alte Mann setzt sich für die Bürgerinitiative Lampertheim - Lebensraum vor ICE-Trasse! (BILA) seit Jahren für die nun vorgelegte Lösung ein.
Bis Anfang der Woche galt offiziell, dass die Bahn durch den Wald im Lampertheimer Stadtteil Neuschloß einen Tunnel in „offener Bauweise“ plant. Ein Vorhaben, das aus Sicht vieler Bürger aber auch der Stadtverwaltung problematisch gewesen wäre. Mit einem solchen Tunnel, der letztendlich das Waldgebiet geteilt hätte, wäre das ohnehin belastete Ökosystem noch stärker unter Druck geraten, lautete etwa eine Warnung. „Beispielsweise hätte man zahlreiche Bäume roden müssen“, sagt Guldner. Die zu erwartende Lärmbelästigung durch heranrauschende Züge hätte die Lebensqualität der Anwohner zudem beeinträchtigt, ist er überzeugt. Vor allem wäre diese Variante wohl alles andere als nachhaltig gewesen. So wäre ein 22 Meter breiter und 18 Meter tiefer Graben ausgehoben worden. Später wären dort noch Tunnelröhren einbetoniert worden.
Bürgerinitiative Lampertheim - Lebensraum vor ICE-Trasse! (BILA): „Wirtschaftlichste Variante“
„Für ein solches Bauwerk wäre ein Vielfaches an Maschinen, Material und Beton sowie Stahl notwendig gewesen“, ist Guldner überzeugt. „Insofern ist der Tunnel in bergmännischer Bauweise das wirtschaftlichere Verfahren.“ Vor fünf Jahren, als die Baukosten noch nicht so hoch waren wie heut, hätte die Kalkulation wohl noch anders ausgesehen, räumt er ein. „Insofern hat uns die aktuelle Entwicklung in die Hände gespielt.“ Nun also soll ein 15 Kilometer langer Tunnel tief unter der Erde gebaut werden, wie die Bahn am Montag beim 18. Beteiligungsforum mitteilte. Dabei handelt es sich um eine Runde aus Politik, Behörden, Verbänden und Initiativen. Nach aktueller Planung könnte das unterirdische Bauprojekt in den 2030er Jahren nördlich des Siedlungsgebietes von Einhausen starten. Der Tunnel würde die Weschnitz unterirdisch queren und nordwestlich an Neuschloß vorbeiführen. Das Ende des Tunnels soll bei Mannheim-Blumenau liegen.
In einer Mitteilung des Beteiligungsforums heben die Verfasser hervor, dass die bergmännische Bauweise eine noch geradlinigere Streckenführung ermöglicht. „Aufgrund der kürzeren Strecke und der kostengünstigeren Bauweise ist die nun vorgestellte Trassierung die wirtschaftlichste Alternative.“
Auf den ersten Blick verwundert es, dass ein Tunnel, der teilweise 30 Meter unter der Erde verläuft, weniger Geld verschlingen soll, als ein Bauwerk in offener Bauweise. Denn bei der nun gewünschten Variante frisst sich eine Tunnelbohrmaschine Meter für Meter durch das Gestein. Allein der Bohrkopf einer solchen Maschine hat nach Angaben von Guldner einen Durchmesser von zehn Metern. Das Verfahren habe jedoch den Vorteil, dass sich etwa Grundwasser mit Baumaterialien einfacher abschirmen lässt, als bei einem Tunnel in offener Bauweise. Auch der zu erwartende Erdaushub sei wesentlich geringer. Mit anderen Worten, sowohl geringere Kosten, weniger Aufwand und mehr Naturschutz kosten bei diesem Milliardenprojekt gegenwärtig wohl nicht mehr Geld als andere Varianten.
Indes sehen sich Guldner und die BILA weiterhin gefordert. „Wir dürfen jetzt nicht lockerlassen und müssen das Projekt kritisch begleiten“, sagt der Lampertheimer. So sei es wichtig, auf Finanzierungsvereinbarungen zu drängen, sobald das Planfeststellungsverfahren abgeschlossen sei und die Bundespolitik gefordert ist. Das dürfte zwar noch Jahre dauern, allerdings kann die Bahn erst nach der Planfeststellung ihre Ausschreibungen tätigen, was ebenfalls Zeit benötigt.
Erst dann sei an den Baustart zu denken. Daher sei Tempo nötig. „Bis jett haben wir nur einen Strich auf der Karte“, mahnt der Lampertheimer. Der Bau der neuen Trasse zwischen Mannheim und Frankfurt soll Entlastung schaffen. Bestehende Trassen zwischen den Städten - die der Riedbahn und der Main-Neckar-Bahn - sind seit Jahren ausgelastet. Wenn alles klappt, dann wird die neue Bahnstrecke Mitte des kommenden Jahrzehnts gebaut sein.
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