Mobilität

Lampertheim plant Stadtbus auf Abruf

2025 dürfte sich der öffentliche Nahverkehr in Lampertheim verändern. Für kommendes Jahr ist die Ausschreibung vorgesehen. Ein Vorabpapier für die Unternehmen wurde nun von der Politik beschlossen, es gibt aber auch Kritik

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Stephen Wolf
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Ein Bus der Linie 601 – hier am Lampertheimer Bahnhof. © Berno Nix

Lampertheim. Sie sollen genau dort unterwegs sein, wo sie zu einer gewissen Zeit benötigt werden. Flexibel buchbare Fahrzeuge - sogenannte On-Demand-Angebote. Sie könnten künftig die Stadtlinien 601, 602 und 605 ergänzen. Auf den Linien 603 und 604 soll künftig nur noch der Schülerverkehr mit bisher üblichen Bussen fahren. Bis es soweit ist, muss die Kommune gemeinsam mit der städtischen Gesellschaft Verkehr und Tourismus Lampertheim (VTL) eine entsprechende Ausschreibung auf den Weg bringen.

Vorabinfo für Bewerber

Dazu müssen für eine Vertragslaufzeit von zehn Jahren allerhand Anforderungen festgelegt werden. So geht es etwa darum, mit welchen Fahrzeugen, auf welchen Routen und mit welchen Fahrplänen und Verkehrstagen Stadtbusse künftig unterwegs sein sollen. Die Ausstattung ist ebenfalls wichtig: Können Rollstühle, Rollatoren und Kinderwagen in ausreichender Zahl mitgenommen und befördert werden?

Um Pläne sowohl mit Blick auf On-Demand-Angebote als auch auf den normalen Linienverkehr umzusetzen, benötigt die Stadt einen oder verschiedene Anbieter, die unterschiedlichen Anforderungen gerecht werden. Obwohl die entsprechende Ausschreibung erst für das kommende Jahr geplant ist, soll in wenigen Wochen eine Art Vorabinformation veröffentlicht werden. „Die Unternehmer wissen aufgrund dieser Unterlagen im Großen und Ganzen, worauf sie bieten und was sie kalkulieren und vorbereiten müssen“, begründete Bürgermeister Gottfried Störmer (parteilos) die Veröffentlichung der Anforderungen im jüngsten Haupt- und Finanzausschuss (HuFA).

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Wie der Rathauschef vor dem Gremium, aber auch vor Vertretern des ebenfalls anwesenden Umwelt-, Mobilität- und Energieausschusses (UMEA) betonte, muss darüber schon in der Stadtverordnetenversammlung am 2. Juni abgestimmt werden. Weil Eckpunkte für die Vorabinformation am Ende unter Zeitdruck erarbeitet wurden, habe man das Thema nicht im eigentlich zuständigen UMEA Anfang Mai behandeln können. Indes kritisierte der Fahrgastbeirat schriftlich „das Problem des mangelnden Informationsflusses“. Wenn es tatsächlich um die Ausschreibung geht, erwarte man mehr Transparenz.

So oder so, die Ausschussmitglieder stimmten mehrheitlich für die in der Vorabinformation festgelegten Punkte: „Grundsätzlich soll der Stadtverkehr im bisherigen finanziellen Rahmen bleiben. Die Linien 601 und 602 werden in bekannter Form quasi die ,Überlandverbindungen’, die Linien 603 und 604 durch einen On-Demand-Verkehr ersetzt werden.

Die Linie 605 wird weiterhin von Neuschloß die Pestalozzi-Schule und zurück anbinden“, heißt es in der Vorlage. Demnach soll der Schülerverkehr an Vormittagen gewährleistet bleiben. Je nach Gestaltung der Ausschreibung könnten Schulfahrten mittags oder nachmittags jedoch an das On-Demand-Angebot angepasst werden, heißt es in dem Papier, das sich bei diesen Angeboten auf die Kernstadt bezieht.

Bürgermeister muss sich kritischer Diskussion stellen

Kritisch blickt indes VTL-Geschäftsführer Bernd Isenhardt auf das Vorhaben. Er findet es etwa falsch, für den On-Demand-Verkehr zwei innerstädtische Buslinien auszubremsen (siehe Interview).

Vor der Zustimmung musste sich Störmer einer kritischen Diskussion stellen. Vor allem die fehlende Kostenkalkulation sorgte für Unmut unter Mitgliedern des Gremiums. Alexander Morawetz (Grüne) monierte, dass keine „Preisschilder“ - also Kostenschätzungen zu einzelnen Dienstleistungen - mitgeliefert wurden. Störmer hatte es zuvor vehement abgelehnt, zum jetzigen Zeitpunkt ein solches Zahlenwerk zu veröffentlichen. Dafür gebe es noch keine realistische Grundlage. Auch Fachleute hätten abgeraten, etwa, weil aktuell weder Kosten für Busse, Personal oder Kraftstoff seriös zu beziffern seien. Morawetz beklagte zudem, dass die Beschlussvorlage nicht früher vorgelegt wurde.

Dass der ursprünglich formulierte Wunsch, alle Busse sollten mit batterieelektrischer Antriebstechnik geordert werden, auch an der fehlenden Infrastruktur für E-Mobilität scheiterte, könne er zwar verschmerzen. Dass aber der Großteil der Busse mit Diesel-Kraftstoff angetrieben werden soll, sei ärgerlich. Dafür lobte Morawetz den geplanten „On-Demand-Plus-Verkehr“ als wichtigen Schritt. Doch wäre es aus seiner Sicht besser gewesen, man hätte auch die Stadtteile berücksichtigt. Das hätte den Vorteil gehabt, dass Menschen mit Einschränkungen stärker von dem Angebot profitierten. Mit Blick auf den ausstehenden Umbau zu barrierefreien Haltestellen hätte man zudem „Druck aus dem Kessel“ nehmen können.

Stefanie Teufel (FDP) kritisierte, dass im Vorabpapier zur Ausschreibung keine Kalkulation, „zumindest auf dem aktuellen Stand“ enthalten ist. Mögliche Zusatzkosten, die sich aufgrund steigender Inflation, höherer Tarifabschlüsse oder Fahrzeugpreise ergäben, könne man auch später noch einbeziehen. Mit Blick auf die Steuerzahler sei es unseriös, keine Zahlen zu nennen.

CDU-Fraktionschef Alexander Scholl stimmte in die Kritik ein und betonte, eine Kostenkalkulation bei einem Projekt dieser Größenordnung sei „wünschenswert“. Dass es nicht gelungen sei, das Papier früher vorzubereiten, sei ärgerlich, Zeitdruck bei einem so wichtigen Thema sei schlecht. SPD-Fraktionsvorsitzender Jens Klingler kritisierte ebenfalls die Verzögerung, aber auch den geplanten Einsatz von Linienbussen mit Diesel-Verbrennermotor. Inwieweit solche Fahrzeuge bei staatlichen Zuschüssen berücksichtigt werden, sei fraglich.

Redaktion

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