Lampertheim. Streunenden Katzen begegnet man nicht nur im Ausland. Es gibt sie im südlichen Ried genauso wie in den Metropolen. Der Deutsche Tierschutzbund greift regelmäßig das Leid der Millionen Straßenkatzen auf, „das sich zu einem der größten unbemerkten Tierschutzprobleme in Deutschland“ entwickelt habe. Scheu und versteckt kämpften viele Straßenkatzen in Deutschland einen einsamen Kampf gegen Hunger und Krankheiten.
Weil die Vermehrung der Tiere auch in Lampertheim für große Not sorgt, gibt es in der Stadt seit 2019 eine Katzenschutzverordnung. Mitte Oktober bestätigten die Stadtverordneten das Regelwerk für weitere fünf Jahre. „Zweck dieser Verordnung ist es, die Anzahl freilebender Katzen im Gebiet der Stadt Lampertheim zu minimieren, um zukünftig dem reduzierten Tierbestand erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden zu ersparen“, heißt es darin. Zum einen beinhaltet die Verordnung eine Pflicht zur Kennzeichnung der Katzen. Das kann mit Hilfe einer Tätowierung im Ohr oder mit einem Mikrochip geschehen.
Stadt Lampertheim zahlt die Kastration von freilebenden Katzen
Als probates Mittel sieht die Stadt vor allem eine Kastrationspflicht, wenn Katzenhalter ihren fortpflanzungsfähigen Tiere im Schutzgebiet einen unkontrollierten Zugang ins Freie gewähren. Auch Personen, „die freilebenden Katzen regelmäßig Futter an bestimmten Stellen anbieten“, stehen demnach in der Pflicht. Es sei wichtig, den weiteren Zuwachs freilebender Katzen in Lampertheim zu verhindern“, sagt Erster Stadtrat und Ordnungsdezernent Marius Schmidt (SPD) auf Anfrage.
Was ist eine Kastration?
- Kastration oder Sterilisation? Das sorgt oft für Verwirrung: Bei beiden Geschlechtern sollte eine Kastration durchgeführt werden, Eierstöcke oder Hoden werden vollständig entfernt.
- Bei einer Sterilisation werden die Samen- oder die Eileiter lediglich durchtrennt, die Eierstöcke oder Hoden bleiben erhalten. Hier würden also weiterhin Hormone produziert.
- Tierärzte empfehlen mit der Kastration bis nach der ersten Rolligkeit zu warten. wol
Die Verringerung des Heers von Straßenkatzen sei aus verschiedenen Gründen geboten. Es gebe beispielsweise Begleiterscheinungen, die man vermeiden wolle. In Stadtteilen, in denen die Population verwahrloster Tiere weiter ansteigt, verändere sich beispielsweise auch das Straßenbild. Die Folgekosten wären hoch, etwa weil die Tiere im Extremfall eingefangen und eingeschläfert werden müssten. „Vor allem leiden viele der freilaufenden Tiere, beispielsweise weil sie hungern und oftmals kaum in der Lage sind, genug für sich zu jagen“, sagt Schmidt. Hinzu komme, dass die Tiere auch Krankheiten weitergeben oder auf ihren Streifzügen in Unfälle verwickelt werden. „Daher müssen wir schon aus Gründen des Tierschutzes Abhilfe schaffen“, fügt er hinzu.
Tierschützer über Kritik an der Stadt Frankfurt
Um eine solche Entwicklung zu verhindern ist vor anderthalb Jahren die Lampertheimer Organisation ProCat Katzenhilfe Lampertheim angetreten. Gründerin Martina Kilian findet lobende Worte für die Lampertheimer Katzenschutzverordnung. „Es ist natürlich positiv, dass die Stadt vor einigen Jahren das Problem erkennt hat und handelt“, sagt sie. Eine Selbstverständlichkeit sei das nicht. Das zeige etwa das Beispiel Frankfurt. In der Bankenstadt gilt eine entsprechende Regelung erst seit diesem Oktober. „Insofern war Lampertheim frühzeitig aktiv.“ Mehr noch, die Stadt zahle mittlerweile auch Kastrationen von Straßenkatzen, die auf Lampertheimer Gemarkung regelmäßig von ehrenamtlichen Vereinsmitgliedern mühevoll eingefangen werden. „Es ist ein großer Fortschritt, dass die Stadt auf diese Weise das Ziel unterstützt, die Vermehrung von Katzen einzudämmen“, sagt Kilian.
Der Verein hat heute etwa 40 Mitglieder. Antrieb für die meisten Frauen und Männer sei der Tierschutz, wie die Lampertheimerin sagt. So nehmen die ehrenamtlichen Helfer nicht nur in Bedrängnis geratene Stubentiger auf und vermitteln sie weiter an interessierte Menschen. Die Tierschützer füttern in Lampertheim beispielsweise auch an zwei Stellen Streuner, die unter schwierigen Bedingungen leben. Während manche Bauern behaupteten, es handle sich bei den Tieren nicht um ihre eigenen Katzen, sorgten die nützlichen Jäger woanders für Ärger. Etwa wenn sie sich auf Terrassen und in Schuppen ausbreiten.
Vielen Menschen ist die Not der Tiere nicht bewusst
Die Standorte der Futterstellen will Kilian nicht öffentlich nennen. „Zu gefährlich“, wie sie sagt. So gebe es immer wieder Leute, die Katzen nicht mögen und etwa Giftköder auslegen. Vielen Menschen sei die große Not nicht bewusst, in denen sich die herrenlosen Tiere befinden. Sie hungerten nicht nur, sie seien oftmals auch krank, geschwächt und von Parasiten befallen. „Es herrscht Aufklärungsbedarf. Da wäre es gut, wenn die Stadt mehr unternehmen könnte“, sagt Kilian. Das sieht auch Marius Schmidt so. „Wir wollen die Aufklärung stärker vorantreiben.“
Tatsächlich sorgt Unkenntnis gelegentlich sogar für Konfrontationen. Wenn die Tierschützer in manchen Gegenden unterwegs seien und beispielsweise Landwirte dazu aufforderten, Katzen zu kastrieren, würden sie oftmals nicht ernst genommen. „Manchmal werden wir angegangen, sogar körperlich“, sagt die Gründerin von ProCat.
Tierschutz sei eben ein Knochenjob, fügt sie hinzu. So fahren die Mitglieder nachts zu den bekannten Stellen, versuchen Katzen einzufangen, um diese kastrieren zu lassen. Andere Tiere sind krank oder verletzt und müssen dringend zu einem Arzt.
Infos im Netz: procat-katzenhilfe.de
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