Lampertheim. Auch wenn „Couching“ sehr verlockend ist, vor allem bei ungemütlichem Wetter, so gibt es für die Krötenretter nach Einbruch der Dunkelheit noch einiges zu tun. Es hat sich an dem Abend eine kleine Gruppe von Freiwilligen zusammengefunden, die mit Felix Kokocinski und Anja Kolb-Kokocinski losgehen. Zu den Ehrenamtlichen gehören außerdem Christian Tanck, Jonas Reinprecht-Schulte und Amanda Reinprecht.
Die Naturschützer ziehen sich ihre Jacken an und darüber die Signalwesten zur Sicherheit. Sie setzen Stirnlampen auf, stecken Gartenhandschuhe ein und schnappen sich kleine Eimer. Die Krötenrettung im Lampertheimer Stadtteil Hüttenfeld, westlich der Landesstraße 3111, kann beginnen.
„Eine Gruppe läuft seit Ende Februar jeden Abend etwa zwei Stunden lang die Strecke ab“, berichtet Felix Kokocinski. In Hüttenfeld wurden sogenannte Krötenzäune aufgebaut, die wandernde Amphibien vom Wald in Richtung Anglerteich nahe der Kleingartenanlage leiten sollen. Entlang dieser kleinen grünen Zäune suchen die Naturschützer nach den Tieren ab, die häufig als „Doppeldecker“ unterwegs sind. „Bei der Paarung werden die kleineren Männchen auf den Rücken der Weibchen zum Laichgewässer getragen“, erklärt Amanda Reinprecht, die Pressewartin der Lampertheimer Nabu-Gruppe.
Die Helfenden nehmen ihre Aufgabe ernst, denn die Amphibien müssen auf dem Weg zu ihrem Geburtsgewässer Straßen überqueren und menschengemachte Hindernisse überwinden. „Die Wanderaktivität hängt vom Wetter ab, da es Amphibien warm und feucht mögen“, erklärt Kokocinski. Er vermutet, dass die Wanderung nun nachlässt. Stolz sagt er: „Wir haben vor allem Erdkröten gerettet und davon schon über 1100 Tiere!“
Freiwillige Helferinnen und Helfer werden dringend gesucht
Engagierte werden dennoch weiterhin gesucht. „Die Amphibienwanderung gibt es jedes Jahr und darüber hinaus gibt es im Naturschutz viel zu tun“, so Kokocinski. Immer wieder wundert er sich über das geringe Interesse mancher Bürgerinnen und Bürger an diesen Themen – und darüber, dass es die Behörden nach Jahrzehnten nicht geschafft haben, die Situation vor Ort nachhaltig zu verbessern. Auch seitens der Stadt sei keine dauerhafte Lösung gefunden wurden, um den Kröten den Weg zu ihren Laichgewässern zu erleichtern. „So bleiben wir weiterhin auf freiwillige Helfer angewiesen“, bedauert Kokocinski. Neben dem grundsätzlichen Schutzgebot leisteten Kröten einen wichtigen Beitrag im Ökosystem. „Auf ihrem Speiseplan stehen Insekten, darunter viele Schädlinge. Außerdem sind sie selbst Nahrungsquelle wie für Greifvögel und Igel“, so der Naturschützer.
Naturschutz sollte allgegenwärtig sein, betonen die Lampertheimer Nabu-Mitglieder. Sylvia Neumann erläutert: „Auch wenn der Arbeitsalltag stressig ist, die Umwelt muss geschont und die Natur geschützt werden. Der behutsame Umgang mit der Umwelt geht alle an. Deshalb sollten wir konstruktiv kommunizieren.“ Motivierend fügt die Beisitzerin hinzu: „Sich umweltbewusst zu verhalten, ist gar nicht so schwer.“
Sie appelliert die Landwirte und Erntehelfer, umweltverträglicher zu arbeiten. So würden zum Beispiel auf Feldern Schnüre, Netzstücke und Gummibänder achtlos liegengelassen. „Weißstörche nehmen beispielsweise rote Gummiringe auf, in Verwechslung mit Würmern“, sagt Neumann. Wenn diese an die Jungstörche verfüttert werden, könnten diese kläglich verenden. Immer wieder seien Gummibänder im Gewölle von Störchen gefunden wurden, hatten Verantwortliche des Lampertheimer Vogelparks berichtet.
„Manche Störche verwenden für den Innenausbau ihres Nestes Folienreste, die sie auf den Äckern gefunden haben. Der Kunststoff versiegelt den Horst und nach langanhaltendem Regen kann der Nachwuchs erkranken oder sogar ertrinken“, schildert Neumann. Auch die Erzeuger von Rollrasen sollten achtsam vorgehen, damit sich keine Vögel in Rasenschutzgittern verfangen. Was auf Hüttenfelder Gemarkung schon passiert sei. Außerdem uferten die ausladenden Folienlandschaften zum Plastikmeer aus und schränkten den Lebensraum für Pflanzen und Tiere ein. „Zumal es zwischen den Äckern so gut wie keine Blühstreifen mehr gibt“, betont Neumann.
Naturschutzbemühungen durch illegale Müllentsorgung bedroht
Die Jugendwartin Anke Diehlmann spricht ein weiteres Ärgernis an. Die Gruppe betreut seit zehn Jahren einen Sandmagerrasen. „Das private Grundstück befindet sich in der Nähe des Heidebuckels. Es war eine ehemalige Koppel, die wir in ein wertvolles Biotop für seltene Pflanzen und Insekten umgewandelt haben. Das Land ist ein Kleinod zwischen Pferdekoppeln und Intensivlandwirtschaft“, erklärt Diehlmann. Dort wurden an Trockenheit und Nährstoffarmut angepasste Pflanzen angesiedelt. Obendrein profitierten seltene Insektenarten von der Flora. Die Lampertheimer Nabu-Gruppe stecke viel Herzblut in den Sandmagerrasen.
„Es ist für uns unverständlich, warum manche Menschen den Naturschutz missachten und Pferdemist sowie Müll auf dem mühsam errichteten und gepflegten Gelände entsorgen. Wenn Mist auf die Pflanzen kommt, dann sterben diese ab“, ärgert sich Diehlmann. Ein fortlaufendes Thema sei die Entsiegelung von städtischen Flächen und privaten Vorgärten. „Blühpflanzen bieten Lebensraum für Insekten und verbessern den Wasserhaushalt des Bodens“, so Diehlmann. Sie betont: „Wir möchten ein weiteres Gelände für die Biotopentwicklung von privat kaufen.“
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