Naturschutz

Viernheim: Straßensperrungen wegen Krötenwanderung

Die Amphibienwanderung im Norden der Stadt sorgt für Straßensperrungen und Schutzmaßnahmen.

Von 
Othmar Pietsch
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Viernheim. Bedingt durch das milde Wetter ist die Amphibienwanderung jetzt auch im Viernheimer Norden in vollem Gang. Hunderte Tiere sind aktuell in den Abend- und Nachtstunden auf dem Weg zu ihren Laichgewässern. Durch die zuletzt kalten Nächte hatte sich der Beginn verzögert. Jetzt machen sich die Kröten in der Kleingartenanlage Am Forst verstärkt in Richtung des benachbarten Biotops auf. Der Anglersee ist das Ziel zahlreicher Artgenossen, die zwar die neuen Durchlässe an der Landesstraße 3111 nutzen können, beim Überqueren des Lorscher Wegs aber in Lebensgefahr sind. In diesem Streckenabschnitt, wie auch am Forst, hat die Stadt deshalb entsprechende Sperrschilder für den Verkehr aufgestellt.

„Ich war noch am selben Abend in der Lorscher Straße, um das Geschehen zu verfolgen. Ab 19.30 Uhr sind dort innerhalb einer halben Stunde trotz Verbots 26 Fahrzeuge durchgefahren“ schilderte Silvia Fusch, Vorsitzende des Nabu Heppenheim und Sprecherin der Projektgruppe Amphibienschutz, ihre Beobachtungen und zeigte sich enttäuscht über die Rücksichtslosigkeit dieser Menschen. „Schließlich ist eine Umleitung ausgeschildert, bei der man nur wenige Minuten an Zeit verliert.“

Innerhalb von nur einer Stunde gut 200 Kröten eingesammelt

Die Zufahrten zu der Kleingartenanlage an der Oberlück wurden von der Stadt komplett zugemacht, man muss in diesen Zeiten also zu Fuß zur eigenen Parzelle laufen. „Wir hatten auch hier nur eine Sperrung zwischen 20 und 6 Uhr Sommerzeit vorgeschlagen, das wäre ausreichend. Im dortigen Bereich wurden innerhalb von nur einer Stunde gut 200 Kröten auf den Fahrwegen und Parkplätzen eingesammelt. Auch kleine unscheinbare Tiere möchten hier nicht überfahren werden“ will Silvia Fusch mit ihren Helferinnen und Helfern auch in den nächsten Tagen Ausschau halten. Natürlich werden die Amphibien wieder zurückkehren. Das wird diesmal im Juni und Juli der Fall sein. Dann müssen die ausgewachsene Tiere geschützt werden, ebenso wie die kleinen Kröten, die Hüpferlinge genannt werden.

Die Wanderung der Amphibien zu ihren Laichgewässern hat begonnen. Es ist damit zu rechnen, dass diese Wanderungsaktivität der zum Teil besonders geschützten Tierarten in den kommenden Tagen weiter zunimmt. Aus diesem Grund sperrt die Stadt den Lorscher Weg zwischen L3111 und Parkplatz Kletterwald von 18 bis 8 Uhr vollständig für den Fahrzeugverkehr. Der Lampertheimer Weg, im Bereich zwischen Kleingartenanlage und Biotop, ist rund um die Uhr nicht mehr befahrbar. Sobald die Wanderungsaktivität nachlässt, wird die Sperrung nach Angaben der Stadtverwaltung dort auf den Abend- und Nachtzeitraum beschränkt. „Das Ordnungsamt wird auch vereinzelt Kontrollen durchführen“, heißt es in einer Mitteilung weiter. Wegen der Sperrung des Lorscher Wegs wurde eine Umleitung über die Werkstraße, Industriestraße in Richtung L3111 eingerichtet. Außerdem gilt auf der Viernheimer Straße zwischen der L3111 und Hüttenfeld ganztägig Tempo 30.

„Krötenretter-Team“ der Amphibienschutz AG

Das „Krötenretter-Team“ der Amphibienschutz AG kümmert sich hauptsächlich um Amphibien. Es werden neue Gewässer angelegt, gepflegt und betreut. Besonders aufwendig ist die Krötenrettung, weil hier neben den Sammlungen viel organisatorische Arbeit anfällt. „Gerade in den Monaten der Krötenwanderungen benötigen wir immer wieder Unterstützung, um das Leben von Fröschen, Kröten, Molchen und ähnlichen Tieren zu retten“, wurde sich der Naturschutzbund über ehrenamtliche Hilfe freuen.

Jedes Jahr lassen viele Amphibien während der Wanderung ihr Leben. Da die Tiere nach der Winterstarre und ohne Nahrungsaufnahme langsam unterwegs sind, meist im Doppelpack, geht es nur behäbig voran. Beim Überqueren der Straßen sind nicht nur die Reifen das Problem, durch den bei hohen Geschwindigkeiten auftretenden Unterdruck (Barotrauma) entstehen an den inneren Organen tödliche Verletzungen. Deshalb wird an den entsprechenden Straßenabschnitten die Höchstgeschwindigkeit auf 30 Stundenkilometer begrenzt.

In Viernheim temporäre Amphibienzäune errichtet

Um Tiere zu retten, wurden in Viernheim temporäre Amphibienzäune errichtet. Die Kröten werden entlang des Zauns in eingegrabene Eimer geleitet und von uns in die Nähe des Laichgewässers getragen. Beim Neubau des Radwegs entlang der L3111 wurden mehrere unterirdische Durchlässe angelegt. „Wir prüfen derzeit, ob die Angebote von den Tieren auch genutzt werden“ beschreibt Silvia Fusch eine weitere Aufgabe.

In Deutschland gibt es rund 20 heimische Amphibienarten, die allesamt unter Artenschutz stehen. Der Bund für Umwelt und Natur (BUND) geht davon aus, das gut die Hälfte davon bedroht ist. Dabei stellen diese Tiere einen wichtigen Teil der Ökosystems dar. Das Verschwinden von Kröten, Fröschen und Molchen würde ein empfindliches Loch in die natürliche Nahrungskette reißen, denn Lurche fressen Käfer, Spinnen, Würmer, sind aber auch wichtige Beutetiere für vielerlei Vögel, Reptilien und Säugetiere.

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