Etat 2025

Kommunalfinanzen: Lampertheims Bürgermeister findet deutliche Worte

"Wir sparen uns einen Wolf! So geht es nicht weiter!" Lampertheims Bürgermeister Gottfried Störmer hat dem Stadtparlament den Haushaltsplanentwurf 2025 vorgestellt. Der funktioniert nur mit einer höheren Grundsteuer B

Von 
Susanne Wassmuth-Gumbel
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Lampertheims Bürgermeister Gottfried Störmer bei seiner Etatrede am Freitagabend in der Stadtverordnetenversammlung. © Berno Nix

Lampertheim. Wer es am Freitagabend nach dreieinviertel Stunden Stadtverordnetenversammlung von seinem Platz im Lampertheimer Sitzungssaal rechtzeitig zur ZDF heute-show aufs heimische Sofa schaffte, konnte glauben, Oliver Welke wäre auch eben noch im Lampertheimer Stadthaus gewesen. Der Satiriker stellte nämlich fest: „Den deutschen Kommunen geht das Geld aus. Drei von vier Landkreise sind pleite oder kurz davor. Selbst neulich noch reiche Städte sind Sozialfälle, müssen sparen. Es brennt an allen Ecken und Enden und manchmal kommt nicht mal mehr die Feuerwehr rechtzeitig vom Hof, weil die Gemeinde kein Geld hat für ein neues Gerätehaus.“

Bund und Länder sollten aufhören, den Kommunen ständig neue Aufgaben „vor die Tür zu kübeln“. So sei der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschüler zwar eine super Idee, koste aber nun einmal Geld und Personal.

Auch Lampertheim leidet unter der Last der Aufgaben, die Bund und Länder an die Kommunen übertragen. Schon die Erfüllung der Pflichtaufgaben verlangt der Stadt viel ab. Deshalb bleibt seit Jahren vieles, was nicht unbedingt gemacht werden muss, liegen. Oft zum Verdruss der Bürger, wenn beispielsweise Straßen nicht repariert oder Grünflächen nicht mehr so gepflegt werden, wie es in früheren Jahren der Fall war.

Störmer: Hiobsbotschaften wurden nicht gehört

Jede Nachricht von unerwartet auftretenden Schäden, die ein sofortiges Handeln verlangen, wird so zu einer Hiobsbotschaft. Davon habe es in diesem Jahr einige gegeben, wie Bürgermeister Gottfried Störmer (parteilos) berichtete, als er in der Stadtverordnetenversammlung den Haushaltsentwurf der Verwaltung vorstellte. So habe ein Heizungsschaden im Alten Rathaus weitere Schäden zutage befördert, der Faulturm in der Kläranlage sei regelrecht weggefault und das Regenüberlaufbecken in der Oberlache musste wiederhergestellt werden. Neben diesen außerplanmäßigen Ausgaben haben Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer die Kassenlage zusätzlich verschlechtert. Hier waren 16,9 Millionen erwartet worden, tatsächlich waren es nur 12,5 Millionen Euro.

Eckdaten des Lampertheimer Haushaltsentwurfs 2025

  • Summe der ordentlichen Erträge (inkl. Finanzerträge): 99,72 Mio. Euro, davon
  • aus privatrechtlichen Leistungsentgelten: 1,63 Mio. Euro und aus öffentlich-rechtlichen Leistungsentgelten (etwa Abwasser-, Kita- oder Friedhofsgebühren): 11,81 Mio. Euro
  • aus Steuern, steuerähnlichen Erträgen und gesetzlichen Umlagen: 54,61 Mio. Euro,
  • aus Transferleistungen: 1,54 Mio. Euro,
  • aus Zuweisungen und Zuschüssen: 26,0 Mio. Euro.
  • Summe der ordentlichen Aufwendungen: 98,63 Mio. Euro, davon
  • Personalkosten: 29,91 Mio. Euro,
  • Sach- und Dienstleistungen: 17,95 Mio. Euro,
  • Steueraufwendungen/gesetzliche Umlagen: 37,44 Mio. Euro.
  • Ordentliches Ergebnis: 348 339 Euro.
  • Investitionsvolumen: 18,2 Mio. Euro, davon 7,7 Mio. Euro kreditfinanziert.
  • Cashflow: 3,8 Mio. Euro.
  • Kredittilgung: 2 919 616 Euro.

All das habe dazu geführt, dass andere Projekte nicht umgesetzt wurden. Durch Verzicht oder Minderkosten habe die Verwaltung im Jahr 2024 bei den Ausgaben 2,12 Millionen Euro eingespart. Verzichtet wurde beispielsweise auf die geplante Sanierung der Alten Viernheimer Straße oder die Reparatur der defekten Heizungsanlage im Stadthaus. Die Umgestaltung des Bahnhofsvorplatzes in Hofheim wurde zurückgestellt, weil lange die Förderzusage des Landes fehlte und die Stadt das hätte vorfinanzieren müssen.

Störmer: „Unser Haushalt ist ein Sensibelchen“

„Über all das haben wir regelmäßig informiert“, sagte Störmer. „Aber ich hatte das Gefühl, die Hiobsbotschaften kommen nicht an.“ So gehe es nun aber nicht mehr weiter. Allen müsse klar sein: „Wir sind unterfinanziert!“ Schon seit Langem habe die Verwaltung auf diese Entwicklung hingewiesen. Doch Vorschläge, wie die Not gelindert werden könnte, seien in der Vergangenheit regelmäßig vom Parlament verworfen worden. So wollte die Verwaltung in diesem Jahr durch den Verkauf von Liegenschaften Erlöse erzielen oder auch schon in den Vorjahren die Grundsteuer B stärker erhöhen als geschehen. Dafür bekam sie aber kein Placet der Stadtverordnetenversammlung. Auch im Magistrat sei noch am vergangenen Montag nicht allen klar gewesen, wie ernst die Lage ist, stelle Störmer fest. „Aber wir können nicht im Problembeschreiben, im Jammern bleiben, sondern wir müssen die Probleme lösen. Mit dem Haushaltsplanentwurf bieten wir eine Problemlösung an.“

Dieser Entwurf steht allerdings auf tönernen Füßen (Störmer: „Unser Haushalt ist ein Sensibelchen“) und funktioniert nur, wenn die Stadtverordnetenversammlung zustimmt, den Hebesatz für die Grundsteuer B von 580 auf 800 Prozentpunkte zu erhöhen. „Diese Erhöhung ist ein Muss. Alles andere wird nicht funktionieren“, so Störmer.

Dann machte der Bürgermeister eine Rechnung auf: Wenn der Hebesatz für die Grundsteuer B schon in den vergangenen Jahren immer in dem Maße erhöht worden wäre, wie es die Verwaltung vorgeschlagen hatte, hätten der Stadt seit 2014 rund elf Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung gestanden. Stattdessen habe das Parlament stets nur verhaltenen Erhöhungen zugestimmt. Dadurch sei der Sanierungsstau immer größer geworden.

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Vorwürfe, die Verwaltung müsse mehr sparen und ihre Finanzplanung kreativer angehen, wies Störmer zurück. Gleichzeitig wies er aber daraufhin, dass in den vergangenen Jahrzehnten die Stadt immer mehr Aufgaben übernommen habe, die früher von anderen Akteuren aus dem Gemeinwesen erledigt wurden. So habe beispielsweise früher der Wirtschafts- und Verkehrsverein das Spargelfest organisiert, die Vereine die Kerwe, und auch die Spargelwanderung sei anfangs keine städtische Veranstaltung gewesen. Alle hätten sich aus der Verantwortung zurückgezogen, während zugleich die Bevölkerung erwartet, dass die Stadt das weiter finanziert. Und zum eingeforderten Sparwillen sagte er: „Keiner hier im Haus tätigt unnötige Ausgaben. Wir sparen uns den Wolf! Wir haben uns kaputt gespart!“

Für all die Aufgaben und beispielsweise Vorhaben wie den zwingend nötigen Bauhof-Neubau oder die Digitalisierung brauche die Stadt Geld in einer gewissen Größenordnung. „Die Grundsteuer B ist der einzige Hebel, der uns wirklich Geld in die Kasse spült“, so Störmer weiter. Eine Erhöhung von 580 auf 800 Prozentpunkte entspräche einem Anstieg von 6,8 auf 9,6 Millionen Euro. Das würde dann gerade für die Finanzierung der Kinderbetreuung reiche. Die kostet die Stadt im kommenden Jahr (abzüglich der Elternbeiträge) 8,8 Millionen Euro. Aber mit dem deutlich höheren Hebesatz wäre ein ordentliches Ergebnis von plus 350 000 Euro im Haushalt möglich. Andernfalls bliebe ein Defizit von rund 3 Millionen Euro.

So wie der Haushaltsplanentwurf jetzt vorliegt, stehen Erträgen von 99,72 Millionen Euro Aufwendungen von 98,63 Millionen Euro gegenüber. Damit stünde einer Genehmigung durch die Kommunalaufsicht nichts im Wege. Aber eben nur, wenn die Grundsteuer B entsprechend erhöht wird. Oder die Parlamentarier finden noch andere Wege als die Verwaltung, Kosten zu reduzieren und Mehreinnahmen zu generieren. Darüber werden die Fraktionen nun beraten und ihre Ideen in den nächsten Gremiensitzungen einbringen. Beschlossen werden soll der Haushalt in der Stadtverordnetenversammlung am 21. Februar.

Noch kein Ja für die Erhöhung der Grundsteuer B in Lampertheim

Der Erhöhung des Grundsteuer-Hebesatzes, die im weiteren Verlauf der Tagesordnung diskutiert wurde, stimmte die Stadtverordnetenversammlung am Ende nicht zu. Die Mehrheit war dafür, zunächst bei 580 Prozentpunkten zu bleiben und erst nach den Haushaltsberatungen gegebenenfalls ein weiteres Mal über eine Erhöhung abzustimmen. Diese könnte dann auch noch rückwirkend zum 1. Januar 2025 greifen.

„Da müssen wir schon noch einmal drüber sprechen, das ist für die Bürger ein Thema“, merkte Stefanie Teufel von der FDP an und auch Alexander Scholl, Fraktionsvorsitzender der CDU, fand die Diskussion verfrüht: „Wenn wir bei 580 bleiben wollen, müssen wir schauen, wo wir die Mittel heben können.“ Dass die Grundsteuer nun mal eine der wichtigsten Einnahmequellen der Stadt sei, stellte Stefan Nickel, Fraktionschef der Grünen fest, während Jens Klingler, Fraktionsvorsitzender der SPD und früher als Erster Stadtrat selbst einmal Lampertheimer Finanzdezernent, vorschlug, zunächst bei 580 Prozentpunkten zu bleiben.

Die Hebesatzsatzung musste aber beschlossen werden, damit die neuen Grundsteuerbescheide verschickt werden können. Die vom Bundesverfassungsgericht eingeforderte Grundsteuerreform macht bundesweit Neuberechnungen nötig.

Redaktion Susanne Wassmuth-Gumbel ist stellvertretende Teamleiterin des Südhessen Morgen.

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