Lampertheim. Nach dem Aktionsplan ist vor dem Aktionsplan: So lautet die Devise in Sachen „Kinderfreundliche Kommune“ in Lampertheim. Denn auch wenn die Stadtverwaltung jüngst den kommunalpolitischen Gremien den Abschlussbericht zum ersten Aktionsplan vorgelegt haben, ist die Verwandlung Lampertheims in eine kinderfreundliche Kommune bei weitem nicht abgeschlossen. „Wir sind noch längst nicht kinderfreundlich, sondern immer noch auf dem Weg dahin“, sagt Manfred Scholz, Fachdienstleiter Bildung, Jugend und Kultur in der Stadtverwaltung und viele Jahre für die Jugendförderung in Lampertheim zuständig.
Im Februar 2021 hatte Lampertheim als 20. deutsche und fünfte hessische Kommune das Siegel „Kinderfreundliche Kommune“ erhalten. Zuvor hatten Politik und Verwaltung gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen einen Aktionsplan entwickelt. In dem waren zahlreiche Projekte beschrieben, die in den kommenden drei Jahren umgesetzt werden sollten. Sie sind weitgehend abgeschlossen. Darüber gibt der nun vorliegende Abschlussbericht umfassend Auskunft.
Interessen der Jugend bei allen Entscheidungen mitbedenken
Doch die Tatsache allein, dass viele der vor einigen Jahren ins Auge gefassten Vorhaben inzwischen verwirklicht wurden oder sich in der Umsetzung befinden, macht die Stadt nicht zur kinderfreundlichen Kommune. Wenn überhaupt kann sie das erst sein, wenn ein grundlegendes Umdenken stattgefunden hat, wenn Erwachsene vollumfänglich anerkennen, dass Kinder und Jugendliche Rechte haben, und deren Interessen bei allem Tun und Entscheiden mitbedenken. „Vermutlich ist dieser Zustand nie endgültig zu erreichen“, meint Scholz. Er und Vivienne Sobotta, Mitarbeiterin der Jugendförderung, sind aber überzeugt, dass es gut und richtig war, den Weg über das Siegel „Kinderfreundliche Kommune“ einzuschlagen. „Das hat etwas gebracht, und ein Umdenken hat eingesetzt“, sagen sie unisono. Vieles habe sich dadurch positiv verändert und noch nie seien junge Menschen so in Entscheidungsprozesse, die sie direkt betreffen, einbezogen gewesen.
Dies sei sehr gut am Beispiel des neuen Jugendtreffplatzes zu sehen, der demnächst auf einer Fläche zwischen Biedensand-Bädern und Altrheindamm entstehen soll. Während früher Erwachsene aus Politik und Verwaltung eine Fläche ausgewählt und bestimmt hätten, wie sie gestaltet werden soll, sei der nun vorliegende Entwurf das Ergebnis eines umfangreichen Beteiligungsprozesses. Der habe zwar eine gewisse Zeit in Anspruch genommen, doch nun könnten alle hoffen, dass ein Platz entsteht, den die Lampertheimer Jugendlichen auch als den ihren annehmen. In mehreren Workshops, die die Jugendförderung gemeinsam mit den Technischen Betriebsdiensten und einer Vielzahl von Jugendlichen ausgerichtet hatte, war erst nach einem geeigneten Standort gesucht worden. Danach wurde gemeinsam erarbeitet, was ein solches Gelände braucht, wie es gestaltet werden soll (wir haben berichtet). „Es war wichtig, dass die Jugendlichen selbst entwickeln, wie der Platz aussehen soll“, blickt Scholz auf diese Phase zurück. Nun hoffen alle Beteiligten, dass das Gelände auch bald entsprechend gestaltet wird und diejenigen, die ihre Ideen und Vorstellungen eingebracht haben, es auch nutzen. „Wenn er wirklich im nächsten Jahr gebaut wird, dann haben die auch noch etwas davon, die mitgewirkt haben“, ist Scholz zuversichtlich.
Positiv ist bei Scholz und Sobotta in Erinnerung geblieben, dass die Jugendlichen beim Pläne schmieden für ihren Treffplatz ein hohes Umweltbewusstsein an den Tag gelegt haben. „Es war allen wichtig, dass die Bäume stehen bleiben“, berichtet Sobotta. Und alle hätten sich dafür ausgesprochen, dass dort auch gewisse Regeln gelten, an die sich alle zu halten haben - damit der Platz ein Ort werden kann, an dem sich viele Lampertheimer Jugendliche wohlfühlen.
„Kinderfreundliche Kommune“ zum ersten Aktionsplan der Stadt Lampertheim
Der Abschlussbericht ist auf der städtischen Homepage zu finden unter www.lampertheim.de
Der Jugendtreffplatz war nur ein konkretes Vorhaben, das 2020 im Aktionsplan festgeschrieben worden war. Außerdem wurde Grundlegendes angegangen: So wurde das Leitbild der Stadt Lampertheim um entsprechende Aspekte ergänzt und eine Kinderrechtesatzung verabschiedet. Verwaltungsmitarbeitern wurden mit einem Workshop die Prinzipien der UN-Kinderrechtskonvention nahegebracht. Außerdem wurde der Kinderstadtplan neu aufgelegt, ein Kinderrechtebaum gepflanzt und ein Kummerkasten installiert - zunächst analog im Stadtpark, vor kurzem auch digital unter lampertheim-direkt.de. Dort können Kinder und Jugendliche Mitteilungen hinterlassen, Fragen stellen, Wünsche oder auch Kritik loswerden.
Die meisten der im Aktionsplan formulierten Vorhaben konnten in den vergangenen drei Jahren umgesetzt werden. Manches waren einmalige Aktionen, andere Projekte laufen weiter. So wird es auch künftig Aktionen zum Weltspieltag oder zum Tag der Kinderrechte geben, und auch die Graffiti-Workshops werden fortgesetzt. Dass das gelungen ist, obwohl der Start mitten in die Corona-Pandemie fiel und vieles erst zeitlich verzögert beginnen werden konnte, freut Scholz und Sobotta. Nach wie vor leide die Jugendarbeit aber unter den Nachwirkungen der Pandemie und dem Wegfall der Zehntscheune als Domizil der Jugendförderung. Das historische Gebäude wird zurzeit grundhaft saniert und steht nicht zur Verfügung. Deswegen musste das Team sich neue Räume und Örtlichkeiten suchen, um mit den Kindern und Jugendlichen Lampertheims in Kontakt zu kommen.
Nun geht das Projekt „Kinderfreundliche Kommune“ also in eine zweite Phase über. Noch in diesem Jahr soll ein zweiter Aktionsplan erarbeitet werden, der die bisherigen Maßnahmen und Projekte weiter entwickelt und die kommunalpolitische Bildung der jungen Menschen verstärkt. Über diesen zweiten Aktionsplan werden dann der Verein „Kinderfreundliche Kommune“, der das Siegel verleiht, befinden und die Stadtverordnetenversammlung beschließen. Wird auch diese zweite Aktionsphase erfolgreich beendet, darf Lampertheim das Siegel dauerhaft führen.
„Es bleibt für uns eine stetige Aufgabe, die Kinderfreundlichkeit in unserer Kommune zu fördern und zu verbessern“, schreibt Bürgermeister Gottfried Störmer in der Schlussbemerkung des Abschlussberichts. „Wir sehen es als unsere Pflicht, die Bedürfnisse und Wünsche der Kinder in unserer Stadt in den Mittelpunkt zu stellen und sicherzustellen, dass ihre Stimmen in allen Entscheidungen, die sie betreffen, Gehör finden.“ Ein klares Bekenntnis.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Auf einem guten Weg