Lampertheim. Die Johanniter Unfall-Hilfe (JUH) übernimmt ab sofort die Trägerschaft und damit die Betreuung in den drei Flüchtlingsunterkünften, die die Stadt Lampertheim in der Industriestraße, der Gaußstraße und in der Wildbahn (Alte Forstschule) zwischen Neuschloß und Hüttenfeld unterhält. Entsprechende Verträge haben Lampertheims Erster Stadtrat Marius Schmidt und Kai Jugenheimer, Vorstand des JUH-Regionalverbands Bergstraße-Pfalz mit Sitz in Viernheim, in der vergangenen Woche unterzeichnet.
Johanniter Unfall-Hilfe
Die Johanniter Unfall-Hilfe ist eine national und international tätige evangelische Hilfsorganisation . Sie ist aus dem Johanniterorden hervorgegangen, der sich seit mehr als 900 Jahren um kranke und schwache Menschen kümmert und sich für den christlichen Glauben einsetzt.
Der Regionalverband Bergstraße-Pfalz der Johanniter Unfall-Hilfe ist mit sechs Ortsverbänden in Hessen und Rheinland-Pfalz aktiv. Die Geschäftsstelle hat ihren Sitz in Viernheim .
Beim Regionalverband sind knapp 290 hauptamtliche Mitarbeiter beschäftigt. Etwa 350 Frauen und Männer helfen ehrenamtlich mit.
Das Angebot des Regionalverbands reicht von ambulanter Pflege über betreutes Wohnen, den Hausnotruf, Aus- und Weiterbildung, Erste-Hilfe-Kurse, Schulbegleitung und Jugendhilfe über Fahrdienste bis hin zur Notfallrettung . swa
Damit folgt die Lampertheimer Stadtverwaltung einem Viernheimer Beispiel. Hier organisieren Mitarbeiter der Johanniter Unfall-Hilfe schon seit 2023 das Miteinander in den drei städtischen Unterkünften. Erster Stadtrat und Sozialdezernent Marius Schmidt sieht in diesem Schritt mehrere Vorteile, wie er in einem Pressegespräch erklärte. Bisher seien vor allem die Mitarbeiterinnen des Fachdienstes Soziales, der für das Thema Integration zuständig ist, stark im Tagesgeschäft der Unterkünfte gebunden gewesen, so Schmidt. Sie könnten sich nun wieder stärker auf die weiteren Aufgaben der Integration konzentrieren.
Die Johanniter könnten deutlich mehr Zeit für sozialpädagogische Schwerpunkte aufwenden. Außerdem sei der Betrieb der Einrichtungen so effizienter und wirtschaftlicher möglich. Die Deutsch- und Integrationskurse, die der Viernheimer Verein Lernmobil in den Einrichtungen abhält, laufen weiter.
Ansprechpartner bei Fragen, Sorgen und Nöten
Wie Ernst Hübert, Leiter der Flüchtlingshilfe beim Regionalverband, erläuterte, wird von Montag bis Freitag von 9 bis 17 Uhr jeweils ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin der Johanniter Unfall-Hilfe in den drei städtischen Unterkünften präsent sein. Wie eine Art Herbergsmutter oder -vater stehen sie als Ansprechpartner bei Fragen, Sorgen und Nöten den Bewohnern zur Verfügung. Sie halten außerdem Kontakt zu den Haustechnikern, die für die Unterkünfte in Lampertheim und Viernheim im Einsatz sind, und erstellen einen Reinigungsplan, dessen Einhaltung sie ebenfalls im Blick haben.
„Wir beschäftigen keinen Reinigungsdienst. Die Bewohner müssen selbst für die Sauberkeit in der Einrichtung sorgen“, erklärt Hübert. Das gehört zum Grundprinzip der Betreuung durch die Johanniter Unfall-Hilfe: Alle Bewohner sollen sich einbringen und lernen, hier in Deutschland alleine zurechtzukommen und selbst für sich zu sorgen. Hübert, der selbst in Kasachstan geboren wurde und Russisch spricht, berichtet, dass viele seiner Teamkollegen selbst einen Migrationshintergrund und eine andere Muttersprache haben. „Wir sind multikulti aufgestellt“, sagt er. Alle hätten eine Erste-Hilfe-Ausbildung und seien im Brandschutz fortgebildet. Zusätzlich sollen die Mitarbeiter auch noch eine Sanitäterausbildung absolvieren, um im medizinischen Notfall selbst direkt helfen zu können.
Michael Harres, Leiter des Fachbereichs Soziales und Frühkindliche Bildung bei der Lampertheimer Stadtverwaltung, betont, dass gerade der von den Johannitern verfolgte Ansatz, den Menschen Hilfe zur Selbsthilfe zu gewähren, für die Verantwortlichen bei der Stadt wichtig sei. Ziel sei es, die Geflüchteten mittel- bis langfristig möglichst gut integriert in die Eigenständigkeit in Lampertheim zu entlassen. Dies kann allerdings nur gelingen, wenn auch entsprechende Wohnungen zur Verfügung stehen. „Die Situation auf dem Wohnungsmarkt ist fatal“, beschreibt Marius Schmidt die Lage. „Wenn wir die Menschen in den freien Wohnungsmarkt überführen könnten, bräuchten wir das alles nicht“, sagt Schmidt und meint die Unterkünfte und den Aufwand, der betrieben werden muss, damit derart viele Menschen gut miteinander leben können.
Menschen kommen vor allem aus Kriegsgebieten und sind bleibeberechtigt
Harres erläutert, dass die Frauen, Männer und Kinder, die in den drei Lampertheimer Einrichtungen leben, in der Regel bleibeberechtigt sind. Zurzeit stehen in der Industriestraße 112 Plätze, in der Wildbahn 106 Plätze und in der Gaußstraße 60 Plätze zur Verfügung. Davon seien aber nicht alle Betten belegt. Es werde immer auch ein Puffer freigehalten, falls kurzfristige Be- oder Verlegungen nötig sind. Derzeit leben in den Unterkünften 203 Frauen, Männer und Kinder. Sie kommen vor allem aus Kriegsgebieten, aus der Ukraine, aus Syrien, dem Iran, Irak, Afghanistan und nordafrikanischen Staaten. „Zurzeit steigen die Zuweisungen aber wieder – vor allem von Menschen aus der Ukraine“, weiß Michael Harres.
„Wir haben in Viernheim überwiegend positive Erfahrungen gemacht“, berichtet Hübert. Das Zusammenleben in den Einrichtungen sei „ein Geben und Nehmen und funktioniert sehr gut“. Das bestätigt der Viernheimer Sozialamtsleiter Rudolf Haas. „Wir hätten nicht gewusst, wie wir es sonst hätten machen sollen“, erklärt er, warum sich die Stadt Viernheim schon 2023, als die Unterkünfte vom Kreis in die Zuständigkeit der Kommunen übergingen, für die Zusammenarbeit mit den Johannitern entschieden hat. In Viernheim leben derzeit 280 Menschen in drei Unterkünften. Ende des Monats wird laut Haas eine vierte im Heinrich-Lanz-Ring den Betrieb aufnehmen. Auch in Viernheim werden die Zuweisungen mehr.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Eine gute Lösung für die Lampertheimer Flüchtlingsunterkünfte