Energie

In Viernheim und im Ried kein rasches Aus der Gasversorgung

Die Energieversorger in Viernheim und im Ried wollen ihr Gasnetz nicht stilllegen, machen sich aber Gedanken, wie es in Zukunft mit erneuerbarer Energie betrieben werden kann

Von 
Susanne Wassmuth-Gumbel
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Hausbesitzer, die mit Gas heizen, müssen sich Alternativen überlegen – auch wenn in der Region das Gasnetz nicht so schnell abgeschaltet wird wie in Mannheim. © dpa

Südhessem. Der Energieversorger MVV hat angekündigt, bis 2035 das komplette Erdgas-Verteilnetz in Mannheim stillzulegen. Diese Nachricht besorgt Gaskunden anderenorts, die sich fragen, ob auch ihr Versorger irgendwann den Gashahn abdreht.

In Viernheim beliefern die Stadtwerke Firmen, Institutionen und Privathaushalte mit Gas. In den Riedkommunen Lampertheim und Bürstadt ist die GGEW, in Biblis und Groß-Rohrheim die Entega/e-netz für das Gasnetz zuständig. Der „Südhessen Morgen“ hat bei den Versorgern nachgefragt, wie ihre Planungen aussehen.

„Viernheim ist direkt an das Deutsche Ferngasnetz angeschlossen, eine Belieferung erfolgt unabhängig vom Mannheimer Erdgasnetz.“ Das betonen die Stadtwerke Viernheim in ihrer schriftlichen Stellungnahme und weisen darauf hin, dass laut aktuell geltenden Gesetzen die fossile Erdgasversorgung bis 2045 in ganz Deutschland beendet sein soll. Wie sich die Gesetzeslage weiter entwickelt, sei nicht abzusehen, schreiben die Stadtwerke. „Wir sehen uns in einer Versorgungspflicht, solange dies wirtschaftlich vertretbar ist. Konkretere Pläne für eine Beendigung der Erdgasversorgung liegen nicht vor“, heißt es aus der städtischen GmbH.

Gasversorgung in Südhessen: Am Ende eine Frage der Wirtschaftlichkeit

Gerade mit der Wirtschaftlichkeit hatte die MVV ihre Entscheidung begründet. Zwar führte sie zu allererst Klimaschutzgründe an, die die sogenannte Wärmewende nötig machten. Doch es müsse klar sein, dass Heizen mit Erdgas sich in den nächsten Jahren weiter verteuern wird.

Tausende Erdgaskunden in Viernheim und im Ried

  • In Viernheim sind laut Stadtwerke zurzeit etwa 5000 Erdgasanschlüsse aktiv.
  • Im Jahr 2024 seien nur sehr wenige Anschlüsse wegen Wechsels zu einer anderen Energiequelle gekündigt worden. Die Stadtwerke sprechen von einer „niedrigen zweistelligen Zahl“. Die GGEW betreibt die Gasnetze in den Bürstadt und Lampertheim sowie acht weiteren Kommunen in der Region.
  • Im vergangenen Jahr wurden nach Unternehmensangaben 796,7 Millionen Kilowattstunden Gas an die Endkunden in diesen Gemeinden abgegeben. 29 415 Gaszähler sind registriert.
  • In Biblis betreibt die Entega AG mit ihrer Verteilnetztochter e-netz das Gasnetz. Erst vor kurzem wurde ein neuer Konzessionsvertrag abgeschlossen. Er läuft bis 31. Dezember 2043. In Biblis gibt es etwa 1500 Gasanschlüsse.
  • Bei der Vertragsunterzeichnung hieß es, dass sowohl die Gemeinde als auch die Entega/e-netz bei der kommunalen Wärmeplanung, der Einbindung Erneuerbarer Energien, der Förderung von Wasserstoff und grüner Gase eng zusammenarbeiten wollen. 

Zum einen weil der Preis für Erdgas weiter steigen wird, zum anderen weil die Kosten für den Netzbetrieb gleichbleiben, sich aber auf weniger Kunden umlegen lassen, wenn Haushalte und Firmen zunehmend auf alternative Heizsysteme umstellen.

Die Verantwortlichen bei den Viernheimer Stadtwerken gehen davon aus, dass der Bedarf für das Erdgasnetz noch viele Jahre bestehen bleiben wird - auch dann, wenn sich diejenigen, die ihre Heizung modernisieren müssen, für eine andere Technologie wie zum Beispiel eine Wärmepumpe entscheiden. In diesem Jahr seien bisher nur wenige Gasanschlüsse wegen des Wechsels der Energiequelle gekündigt worden, heißt es. Außerdem warten die Stadtwerke noch die kommunale Wärmeplanung ab, die derzeit erarbeitet wird. Viernheim und auch die anderen Kommunen müssen - wie alle Städte und Gemeinden mit weniger als 100 000 Einwohnern - eine Konzeption, wie ihre Bürger künftig mit Wärme versorgt werden sollen, bis Ende Juni 2028 vorlegen.

Gas aus nachwachsenden Rohstoffen in Südhessen?

Die GGEW will die Kommunen in ihrem Netzgebiet dabei unterstützen. Erkenntnisse der Dekarbonisierungsstrategie, die die GGEW derzeit erarbeitet, sollen in die Planung einfließen. Ziel sei es, die eigenen Energienetze so umzubauen, dass die Energieversorgung mit möglichst wenig Kohlenstoff beziehungsweise Kohlendioxidausstoß funktioniert. „Neben Ökostrom soll künftig auch Gas aus nachwachsenden Rohstoffen beziehungsweise synthetisch hergestelltes Gas und/oder mittels Elektrolyse hergestellter Wasserstoff aus erneuerbarer Stromerzeugung durch die Verteilnetze fließen“, erklärt Pressesprecher Tobias Kloster. Voraussetzung dafür sei aber, dass ausreichend erneuerbare Energiequellen zur Verfügung stehen.

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Bei der Wärmeversorgung von Endkunden setzt die GGEW auf einen Mix aus verschiedenen Technologien, bei dem auch die Wärmepumpe eine große Rolle spielen soll. Dies sei nötig, da realistisch eingeordnet werden müsse, wie viel Biomethan oder grüner Wasserstoff tatsächlich zur Verfügung stehen wird. Fernwärme, wie sie in vielen Stadtteilen Mannheims zur Verfügung steht, ist aus Sicht der GGEW für die Region keine Alternative: „Ein klassisches Fernwärmemodell für die gesamte Bergstraße müsste den Bau von mehreren Heizkraftwerken in den jeweiligen Kommunen und Städten einkalkulieren. Das wäre zum aktuellen Stand nicht umsetzbar“, heißt es aus Bensheim. Für Neubauquartiere seien Nahwärmenetze aber eine klimafreundliche und effiziente Option.

Welche Heizungsart für Privathaushalte künftig die beste ist, müsse von Fall zu Fall entschieden werden, so Kloster. Die GGEW biete sowohl ein Pachtmodell für eine moderne Gasheizung als auch perspektivisch eine Wärmepumpe an. In Kombination mit einer Photovoltaik-Anlage und einem Stromspeicher stelle die Wärmepumpe eine „effiziente und klimafreundliche Wärmelösung“ dar.

Die e-netz Südhessen AG, die das Gasnetz unter anderem in Biblis und Groß-Rohrheim betreibt, will in Zukunft ebenfalls auf die Wasserstofftechnologie setzen. Die Umstellung der bestehenden Erdgasinfrastruktur auf Wasserstoff sei schon länger ein Thema. Gemeinsam mit anderen Energieversorgern plane man das H2-Regionalnetz Rhein-Main

Redaktion Susanne Wassmuth-Gumbel ist stellvertretende Teamleiterin des Südhessen Morgen.

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