Brauchtum

In Lampertheim rollt wieder der Kerwezug

In Lampertheim geht es das ganze Wochenende rund. Kerweredner Heinz "Clever" Eichenauer witzelt über Baustellen, das neue Ärztehaus und die Schwimmbaderöffnung im Jauar - vielleicht mit Eiskunstlauf?

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Rosi Israel
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Auf die Weihe der St.-Andreas-Kirche (im Hintergrund) geht die Lampertheimer Kerwe zurück. Sie lockt am Wochenende viele Besucher in die Innenstadt. © Berno Nix

Lampertheim. Schon das Bilderbuchwetter machte gute Laune. Bei strahlendem Spätsommerwetter wurde am Samstagnachmittag die „Lambada Kerwe“ eröffnet. Das große Lampertheimer Fest zog viele Spargelstädter und Gäste an. Ohne die Kerweborscht geht allerdings gar nichts. Sie sind das Aushängeschild der Lampertheimer Kerwe und trugen den von Florist Jürgen Schuster gebundenen Kerwekranz zum Auftakt durch das Kerwedorf hin zum Alten Rathaus.

Die schmuck gekleideten Borscht jubelten: „Endlich können wir uns wie in früheren Zeiten wieder im Hof des Heimatmuseums versammeln.“ Auch Stefan Herz, Erster Vorsitzender des Heimat-, Kultur- und Museumsvereins war glücklich: „Nach vier Jahren Zwangspause sind wir endlich wieder bei der Kerwe dabei.“

Kerweborscht Christoph Oberfeld zeigte stolz auf seine festlich geschmückte Rolle, die vorm Museum geparkt war, und stellte den neuen Traktorfahrer Simon Kärcher vor. Er wurde kurzfristig in die Reihen der Kerweborscht aufgenommen und erhielt die ehrenvolle Aufgabe, die Borscht mit Kerweredner Heinz „Clever“ Eichenauer und Spargelkönigin Julia II. zu chauffieren. Owwerkerweborscht Markus Gutschalk behütete derweil die 100 roten und weißen Rosen, die wie jedes Jahr am historischen Rathaus an die Kerwebesucherinnen verteilt werden sollten.

Bevor sich der lustige Tross in Richtung Europaplatz in Bewegung setzte, erfüllte sich der ehemalige Kerweborscht Horst Gützkow einen Herzenswunsch und erinnerte in einer kurzen emotionalen Ansprache an die angespannte Kerweborscht-Situation vor 20 Jahren. Zum Glück seien damals trinkfeste Lampertheimer gefunden worden, die die Tradition fortsetzen wollten.

Lange Fahrt durch die Kerwemeile macht durstig

Jetzt, am Kerwe-Eröffnungstag war es heiß und die Hitze verstärkte den Durst der Borscht. Und weil sich die Kerwemeile augenscheinlich sehr in die Länge zog, war der Traktorfahrer angehalten, an den Ständen der Vereine Zwischenstopps einzulegen.

Das erste Bier gab’s beim VfB Lampertheim, und der Owwerkerweborscht Markus Gutschalk vergab das Gütesiegel „sehr gut“. VfB-Vorsitzender Boris Rothacker ließ die Feiernden wissen, dass der Fußballverein über die Kerwetage Schnitzel in verschiedenen Varianten und an diesem Kerwemontag auch Schweinepfeffer anbietet.

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Lampertheim feiert Kerwe

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Der nächste Halt der lustigen Kerwegesellschaft war bei den Handballern des Turnvereins Lampertheim. Der Förderverein um Michael Biedermann hatte Rauchzeichen gegeben, Haxen wurden gegrillt. „Außerdem stehen Handball-Burger aus Saumagen auf der Speisekarte“, erklärte der Vorsitzende. Der dritte Stopp von Kerweborscht und Hoheit Julia II. wurde bei der Nachbarschaft der Siebenbürger Sachsen in Lampertheim und Umgebung eingelegt. Die Vereinsmitglieder mit ihrem Vorsitzenden Hans Gierlich kümmerten sich ausgesprochen liebevoll um die Durstigen. Sie schenkten Obstbrände und Liköre aus.

Endlich am Rathaus angekommen, erklomm die Lampertheimer Kerweprominenz die Treppen, um auf den Balkon herauszutreten. Nun hatten die Kerweborscht Pause, nur Finn Schumacher oblag die Ehre, den Kerwekranz am Rathaus zu befestigen. Lieblichkeit Julia II. empfahl der Zuschauerschar die Kerwetage zu genießen und die Sorgen des Alltags zu vergessen. Sie dankte den zahlreichen Helferinnen und Helfern, die zum Gelingen beitrugen: „Ihr seid die wahren Helden!“

Dann riss Kerweredner „Clever“ seine Possen über Ungereimtheiten in der Spargelstadt. Er witzelte über die „Loambadder Strooße“, an Baustellen werde „des Johr schun einiges gebote“. Vor allem bei der Rosenaustraße habe sich nicht viel getan: „Seit Johre is die Strooß kaputt.“ Doch es gebe auch etwas Positives: „Loambadde putzt sich raus, mer kriegen jetzt in der Ringstrooß’ e ganz neijes Ärztehaus.“ Aber: „’s fehlt dort jetzt blouß noch halt e Thek, denn sou e Schnaps- un Bierkur hilft meer, als die beste Schmerztablett“.

Fantasievolle Anregungen hatte der Redner für die Nutzung des Schwimmerbeckens im Freibad. Da es pünktlich im Januar fertiggestellt werde, empfahl er, die Wintersportarten Eisstockschießen, Eishockey und Eiskunstlaufen zu veranstalten. Glückwünsche gingen an Bürgermeister Gottfried Störmer als frisch gebackener Ehrenbürger von Swidnica, der nun von der polnischen Partnerstadt Krakauer Wurst und Wodka geschickt bekomme. Außerdem sei Lampertheim auf den Kanu- Olympiasieger Max Lemke stolz: „Er ist e echter Loambadder Üwwerflieger.“ Zwischen den Themen wandte sich der Redner an die Zuschauenden: „Ihr Kerwe-Strunzer, wem kehrt die Kerwe?“ Ein kräftiger Zuschauerchor antwortete: „Unsa.“

Fassbier fließt nach vier kräftigen Hammerschlägen

Eichenauer taufte den Kranz mit Wein, und Bürgermeister Gottfried Störmer trat nach vorn und begrüßte die Feiernden: „Ehr liewe Leit un Kerwegescht, ich wünsch alle Loambadder Leit, ganz ohne Frage, drei wunderschöne Kerwetage. Die nägschde drei Dage hebb ich uffem Rothaus nix zu melde, des is mir grad Worscht, jetzt regiern in Loambadde die Kerweborscht.“ Dann ging der Stadtchef zur hohen Kunst des Fassanstichs über, und nach vier Hammerschlägen floss das Bier, auf das viele schon gewartet hatten.

Freie Autorin

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