Lampertheim. Ihr Mann muss ins Pflegeheim. Dafür geht seine Rente komplett drauf. Die Frau in der Sprechstunde beim Lampertheimer VdK muss schwer schlucken, als sie ihre Situation schildert. Tränen steigen auf. „Weil ich zwei Kinder großgezogen, eine Erziehungspause eingelegt und danach in Teilzeit gearbeitet habe, bekomme ich selbst nur 400 Euro Rente. Wie soll ich jetzt bloß meinen Lebensunterhalt bestreiten, wo die Miete schon 500 Euro kostet. . .“
„Gespräche wie dieses führen wir inzwischen immer öfter“, berichtet der Vorsitzende des VdK-Ortsverbandes Werner Brall. Im zweiten Halbjahr 2022 waren es 54 Sprechstunden-Termine, in der ersten Hälfte dieses Jahres rund 100 mehr. Grund für Brall und seine beiden Vorstandskollegen Karl-Heinz Lepper und Franz-Josef Mitschke soziale Probleme in der Stadt und der Region näher zu beleuchten. „Wir wollen allerdings nicht nur klagen, sondern auch Handlungsoptionen aufzeigen und mit erarbeiten“, macht Brall deutlich.
Terminübersicht
Der Lampertheimer Ortsverband des VdK hat folgende Termine für das letzte Quartal 2023 geplant:
21. Oktober, 15 bis 18 Uhr: Jahreshauptversammlung in der Notkirche mit Vorstandswahlen,
12. November: Teilnahme am Volkstrauertag,
16. Dezember, 15 bis 18 Uhr: Jahresabschlussfeier im Foyer der Hans-Pfeiffer-Halle.
Außerdem ist eine Fahrt zu einem größeren Weihnachtsmarkt in der Region angedacht. off
Zu wenig Plätze in der Kurzzeitpflege und generell in Pflege-Einrichtungen seien etwa derzeitige Mankos, führt der Lampertheimer Vorsitzende des Sozialverbandes aus. Zudem gebe es zu wenig Unterstützung für Menschen, die ihre Angehörigen zu Hause pflegen.
Austausch für Pflegende
Gerade Letzteren möchte der VdK helfen. Beispielsweise mit einer Selbsthilfegruppe, in der sich die Pflegenden austauschen könnten. „Wir denken darüber nach, eine solche Gruppe eventuell im kommenden Jahr zu initiieren“, so Brall. Des Weiteren fordern die Männer einen dritten Pflegestützpunkt im Kreis Bergstraße. Neben den bereits bestehenden in Heppenheim und Mörlenbach müsste dieser im Ried angesiedelt sein, meinen sie.
Im Gesundheitsbereich begrüßen die VdK-Vertreter Zusammenschlüsse von Arztpraxen und den Aufbau von Medizinischen Versorgungszentren – wie sie in der Spargelstadt bisweilen schon in Planung sind. So haben die Hausarztpraxen von Dr. Claudia Schäfer in Lampertheim und Uwe Mayer in Hüttenfeld zum 1. Oktober fusioniert. Zudem beabsichtigt die Lampertheimer Hausarztpraxis Dr. Seelinger & Kollegen im Neubaugebiet Gleisdreieck ein neues Ärztehaus zu bauen, in das mehrere Arztpraxen und andere Gesundheitsdienstleister einziehen können (wir haben berichtet).
„Nur mit solchen Modellen kann man auch dem Nachwuchsmangel bei Medizinern entgegenwirken“, meint Karl-Heinz Lepper. Außerdem könnten Untersuchungen besser gebündelt werden und mehrere Mediziner anschließend auf die Ergebnisse zugreifen. Das spare Zeit und Kosten.
Wünschenswert seien bei Praxen generell auch mehr Parkplätze und barrierefreie Zugänge, erklären die Vertreter des Sozialverbandes im Gespräch mit dieser Redaktion. Ebenfalls müsse beim Sozialen Wohnungsbau die Barrierefreiheit mehr mitgedacht werden. „Für viele Menschen über 60 wird es beispielsweise zum Problem, wenn ihre Wohnung im dritten oder vierten Stockwerk liegt und es in dem Gebäude keinen Fahrstuhl gibt“, betont Franz-Josef Mitschke. Das müsse bei Neubauten, die es verstärkt brauche, mitbedacht werden.
Außerdem sollte überlegt werden, ob in Komplexen mit Sozialwohnungen eine „Umschichtung“ erfolgen könne – sprich jüngere Mieterinnen und Mieter ihre Wohnungen in den unteren Etagen mit Seniorinnen und Senioren tauschen und in eines der oberen Stockwerke ziehen.
Um weiter nah an Lampertheimerinnen und Lampertheimern zu sein, die aus wirtschaftlicher Not oder wegen anderer Probleme Unterstützung brauchen, wird der VdK seine Sprechstunden im Haus am Römer fortsetzen. Diese finden dienstags zwischen 14 und 16 Uhr statt – auch für Nichtmitglieder. Dabei versuchen die Ehrenamtlichen des Sozialverbandes Hilfesuchenden Perspektiven aufzuzeigen oder vermitteln sie gegebenenfalls zur Beratung an den Kreisverband in Heppenheim weiter.
Katalog mit Forderungen
Um den Blick aller Akteure auf die Verhältnisse in Lampertheim zu schärfen, möchten die Vertreter des VdK zusammen mit den politisch Verantwortlichen zudem einen Sozialforderungskatalog entwickeln und diesen mit einer soliden Zahlenbasis für eine Analyse untermauern.
„In einem weiteren Schritt müssen wir dann gemeinsam Wünsche, Möglichkeiten und Grenzen des Machbaren abwägen – trotz knapper Kassen bei den Kommunen“, so Brall. Denn er und seine Mitstreiter möchten dazu beitragen, dass in den Sprechstunden des VdK künftig weniger Tränen fließen.
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