Gesundheitsversorgung

Viele Lampertheimer Arztpraxen bleiben am Montag zu

Niedergelassene Ärzte in Lampertheim halten am Montag nicht nur wegen des Brückentags ihre Praxen geschlossen, sondern auch um gegen die Gesundheitspolitik der Bundesregierung zu protestieren - wie Kollegen bundesweit

Von 
Susanne Wassmuth-Gumbel
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Der Ärztliche Bereitschaftsdienst (ÄBD) im St.-Marienkrankenhaus in der Neuen Schulstraße 12 ist am kommenden Montag von 8 bis 16 Uhr besetzt, um akut Erkrankte zu versorgen. © Berno Nix

Lampertheim. Zahlreiche Lampertheimer Arztpraxen bleiben am Montag geschlossen. „Der 2. Oktober war von der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH) zu Beginn des Jahres als Brückentag bestimmt worden“, sagt Florian Wagner, Sprecher des Gesundheitsnetzes Ärzteschaft Lampertheim (GALA) auf Anfrage des „Südhessen Morgen.

Landesweit haben sich Ärztinnen und Ärzte nun aber dazu entschlossen, dem Schließtag auch noch eine Botschaft mitzugeben. Seit Monaten kämpfen die niedergelassenen Mediziner bundesweit für einen Kurswechsel in der Gesundheitspolitik, „um den drohenden Praxenkollaps zu verhindern“, wie es in einer Pressemitteilung der KVH heißt.

Kritik an Minister Lauterbach

„Wir werden also unsere Protestschilder raushängen und damit abermals auf die schwierige Lage hinweisen“, sagt Wagner und beklagt, dass dem amtierenden Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach offenbar jegliches Verständnis für die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte fehlt. „Unser Protest ist berechtigt“, sagt der Facharzt für Innere Medizin, Gastroenterologie und Chirotherapie, der in der Hausarztpraxis am Dom praktiziert.

Forderungen der Ärzteschaft

  • Die Ärzte fordern vom Bundesgesundheitsministerium eine tragfähige Finanzierung, die auch Inflation und Kostensteigerungen berücksichtigt, Abschaffung der Budgets, damit Praxen für alle Leistungen bezahlt werden
  • Ambulantisierung mit gleichen Spielregeln für Krankenhäuser und Praxen, sinnvolle Digitalisierung, die Versorgungsprobleme löst, sowie nutzerfreundliche und funktionstüchtige Technik, mehr Weiterbildung, um medizinisch und technisch auf aktuellem Stand zu sein
  • Abbau von Bürokratie, damit wieder die medizinische Versorgung im Vordergrund steht, Abschaffung von Arzneimittelregressen und medizinisch unsinnigen Wirtschaftlichkeitsprüfungen. 

Die Vorstandsvorsitzenden der KVH Frank Dastych und Armin Beck gehen noch einen Schritt weiter: „Herr Lauterbach lässt jeden Respekt gegenüber den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte vermissen. (...) Der Bundesgesundheitsminister nimmt billigend in Kauf, dass die Praxen kollabieren und die ambulante Versorgung in Deutschland und Hessen mehr denn je ins Wanken gerät.“

Die Versorgung akut erkrankter Patientinnen und Patienten wird in Lampertheim über den Ärztlichen Bereitschaftsdienst (ÄBD) sichergestellt. Der befindet sich in Räumlichkeiten im St.-Marienkrankenhaus, Neue Schulstraße 12, und ist am Wochenende und am Dienstag, 3. Oktober (Feiertag zum Tag der Deutschen Einheit) von 8 bis 20 Uhr besetzt.

Am Montag, 2. Oktober, kann er von 8 bis 16 Uhr in Anspruch genommen werden. Wie die KVH mitteilt, muss die Servicezeit an diesem Tag aufgrund von Personalengpässen verkürzt werden. Die KVH weist darauf hin, dass für den Ärztlichen Bereitschaftsdienst keine vorherige Terminvereinbarung notwendig ist. Der ÄBD ist außerdem 24 Stunden täglich unter der bundesweiten Hotline 116 117 erreichbar. Patienten, die krankheitsbedingt nicht mobil sind oder außerhalb der Servicezeiten medizinische Hilfe brauchen, können über die Hotline außerhalb der Praxissprechzeiten einen Arztkontakt vermittelt bekommen - entweder in Form eines Telefonats oder als Hausbesuch.

Rechtliche Bedenken

Auch der Hessische Apothekerverband (HAV) hat für Montag, 2. Oktober, zu einem Streiktag aufgerufen. Nach Auskunft von Apothekerin Christine Feldhofen-Heider haben aber die Lampertheimer Apotheken alle geöffnet. Die Landesapothekerkammer Hessen unterstützt zwar prinzipiell den Protest, aber explizit nicht den Streiktag am Montag, weil er zwischen einem Sonntag und einem Feiertag liegt. Dadurch wäre die Regelversorgung mit Medikamenten für dreieinhalb Tage unterbrochen und die Bevölkerung für diese Zeit auf eine Notversorgung angewiesen. Zu lang, meint die Standesvertretung - zumal eben auch schon die Praxen geschlossen haben. Und wenn die Kammer den Protest nicht unterstützt, müssen die Apotheker mit rechtlichen Konsequenzen rechnen, falls sich Bürger über die Schließungen beschwerten.

Der HAV, der als Wirtschaftsverband die Interessen der selbstständigen Apotheker vertritt, hat seine Mitglieder zum Streik mit zentraler Kundgebung in Frankfurt aufgerufen, um „gegen überbordende Bürokratie, anhaltende Lieferengpässe, jahrzehntelange Unterfinanzierung und mangelnde Wertschätzung seitens der Bundesregierung“ zu protestieren. Diese Probleme hätten 2022 „zum größten Apothekensterben in Deutschland seit Bestehen der Bundesrepublik“ geführt.

Redaktion Susanne Wassmuth-Gumbel ist stellvertretende Teamleiterin des Südhessen Morgen.

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