Haben sich die Neuschlösser und die Verantwortlichen in den politischen Gremien und der Verwaltung zu früh gefreut? In der Stadtverordnetenversammlung im April hatte Bürgermeister Gottfried Störmer angekündigt, dass die Deutsche GigaNetz das Glasfasernetz in Neuschloß und im Rosenstock ausbauen will. Dem hat jetzt Dirk Ebert, Regionalleiter der Deutschen GigaNetz, in der jüngsten Sitzung des Ortsbeirats Neuschloß widersprochen. Der Anschluss Neuschloß’ ans Hochgeschwindigkeitsnetz könne nur erfolgen, wenn sich in dem Stadtteil mit etwa 1400 Einwohnern noch etwa 100 bis 120 Haushalte entscheiden, einen entsprechenden Vorvertrag abzuschließen.
Eigentlich wollte die Deutsche GigaNetz gemeinsam mit dem Bensheimer Versorgungsunternehmen GGEW ganz Lampertheim mit schnellem Internet versorgen. Dafür hätten aber mindestens 40 Prozent aller Lampertheimer Haushalte entsprechende Verträge abschließen müssen. Diese Quote wurde bei Weitem nicht erreicht (wir haben berichtet). Nur etwa elf Prozent der Lampertheimer Haushalte beziehungsweise Vermieter hätten verbindlich Interesse an einem Glasfaser-Anschluss bekundet.
Es ist völlig unklar, warum das Interesse so gering ist
„Damit sind wir meilenweit von unserem Ziel entfernt“, stellte Ebert in der Sitzung fest – ohne eine Erklärung für das geringe Interesse zu haben. „Wir wissen nicht, woran das liegt. Informationen sind und waren eigentlich ausreichend vorhanden.“ Trotz mehrfacher Werbeaktionen, bei denen sich auch der Bürgermeister stark engagiert hatte, und wiederholter Fristverlängerung für die Vertragsabschlüsse, sei die Zielmarke nicht annähernd erreicht worden.
Nur in Neuschloß hätten mehr Haushalte Vorverträge abgeschlossen, wenn aber auch lediglich 25 Prozent. „Hier haben wir einen höheren Bedarf an Glasfaser ausgemacht. Deswegen möchten wir Neuschloß gerne anschließen. Doch dafür brauchen wir noch gut 120 weitere Verträge“, erklärte Ebert auch noch mal auf Nachfrage dieser Redaktion.
Dass die Zielquote mit 40 Prozent relativ hoch angesetzt sei, liege daran, dass die Deutsche GigaNetz den Ausbau eigenwirtschaftlich finanziert – mit Unterstützung von Investoren. Im Wohngebiet Rosenstock hat die Deutsche GigaNetz bereits den Glasfaserhauptverteiler, den sogenannten Point of Presence (PoP), installiert. Er dient nach Firmenangaben schon heute dazu, Netzabschnitte in Nachbargebieten mit Licht zu versorgen. An diese Verstärkerstation würden dann auch die Neuschlösser Haushalte angeschlossen. Eigentlich hätten es Tausende aus ganz Lampertheim sein sollen.
Der planerische Ansatz, ganz Lampertheim zu erschließen, sei aber inzwischen obsolet. Trotzdem wolle das Unternehmen am Glasfaser-Ausbau für Neuschloß festhalten. Auch wenn dann noch einmal komplett neu geplant werden müsste, auf welchem Weg der Stadtteil am besten angeschlossen werden könnte. „Das zu realisieren, ist ein Kraftakt, zumal zu kleine Gebiete auch für Generalunternehmer uninteressant sind“, sagte Ebert den Ortsbeiratsmitgliedern und den zahlreich erschienenen Zuhörern.
Ein wenig Hoffnung setze die Deutsche GigaNetz noch in die Haushalte im Rosenstock, die in den Straßen liegen, an denen die Leitung nach Neuschloß vorbeiführen würde. Aber auch dort habe es bisher nicht viele Interessenten gegeben. Ebert zeigte sich vor allem enttäuscht, dass die Lampertheimer Baugenossenschaft, die mit mehreren Häusern Anrainer wäre, sich nicht zu einem Vorvertrag entschließen konnte, wie er berichtete.
Für die Neuschlösser, die einen Vorvertrag unterzeichnet haben, ist nun allerdings völlig offen, ob und wann sie ihren Glasfaseranschluss erhalten. Eine zeitliche Planung sei aktuell nicht möglich, so der Regionalleiter. Dass es die Konkurrenz tun könnte, das sieht Andreas Ehret nicht. Der Hüttenfelder ist Geschäftsführer der GGEW net GmbH und war ebenfalls in die Ortsbeiratssitzung gekommen. „Ich glaube, dass kein anderer Wettbewerber nach Neuschloß kommen wird“, sagte er. Er ist überzeugt, dass es mit intensiverer Beratung und Ansprache gelingen kann, die nötigen noch fehlenden Haushalte zu mobilisieren. Es müsse noch deutlicher gemacht werden, wozu die Menschen das schnelle Internet in Zukunft brauchen werden. Offenbar seien viele Bürger überzeugt, dass sie persönlich es für ihre Zwecke nicht benötigen.
An diejenigen, die Vorverträge abgeschlossen haben, appellierten Ebert, Ehret und auch Ortsvorsteherin Carola Biehal, auf Nachbarn, Freunde und Bekannte einzuwirken, damit die notwendige Quote erreicht werden könne. Alle Vorvertragspartner erhalten demnächst entsprechende Post.
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