Im südlichen Ried treibt ein Tierquäler sein Unwesen. Seit Anfang des Monats wurden mindestens drei Pferde mit scharfen Gegenständen verletzt. Der brutalste Übergriff ereignete sich in der Nacht zum Dienstag in Lampertheim. Auf einer Weide wurde ein Tier mit einem scharfen Gegenstand im Genitalbereich schwer verletzt. Das leidende Pferd musste schließlich eingeschläfert werden, wie die Polizei mitteilte.
Anfang dieser Woche hat ein Täter außerdem ein Reittier in Bürstadt-Riedrode angegriffen und mit einem scharfen Gegenstand an den Hinterbeinen verletzt. Und Anfang August wurde ein Pferd auf einer Weide in Biblis von einem unbekannten Täter wiederum im Genitalbereich verletzt. Ermittlungen hat nun ein Kommissariat übernommen, das sich mit Verstößen gegen das Tierschutzgesetz beschäftigt.
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Ob die Attacken miteinander in Verbindung stehen und ob es sich um einen oder mehrere Täter handelt, können die Ermittler bisher nicht sagen, wie ein Sprecher des Polizeipräsidiums Südhessen betont. Zudem könne man aktuell nicht ausschließen, dass es eine Dunkelziffer in der Region gibt. Pferdebesitzer könnten eine entsprechende Wunde für eine ganz normale halten. Auch sei bisher unklar, mit welchem Gegenstand die Huftiere in den vergangenen Tagen verletzt wurden.
„Es ist schlimm. Viele Pferdebesitzer in der Region machen sich Sorgen“, sagt Christa Mrotzek, die Vorsitzende des Reit- und Fahrvereins Lampertheim. Unter den etwa 200 Mitgliedern dürften die Taten der vergangenen Tage für reichlich Gesprächsstoff sorgen. Wie man die Tiere schützen kann, das sei eine Frage, die schon seit längerer Zeit auf der Agenda steht. Und nun noch stärker in den Vordergrund rücke.
Tierschützer im Ried bieten Belohnung von 1000 Euro für Hinweise
„Es gibt ja auch immer wieder Einbrecher, die in Ställe eindringen“, sagt Mrotzek. Sie selbst habe mittlerweile fünf Kameras installiert, die rund um ihre vier Miniponys sämtliche Bewegungen aufzeichnen. „Damit tun sich viele Pferdehalter aber immer noch schwer“, sagt die Vereinsvorsitzende. Manche beklagten, dass ihre Internetverbindung nicht ausreichend gut sei. Andere haben Berührungsängste, wenn es um die Einrichtung technischer Geräte geht. Wie dem auch sei, was Christa Mrotzek nicht versteht, ist, wie die Tierquäler konkret vorgehen. „Normalerweise wehrt sich ein Pferd ja. Oder es flieht“, sagt die Lampertheimerin.
Das dürfte auch die Ermittler der Kriminalpolizei interessieren. Sie ermitteln nun wegen Tierquälerei. Eine heiße Spur gibt es bisher wohl nicht. Hinweise von Zeugen habe man aktuell kaum, sagt der Polizeisprecher. „Leider können wir unsere Streifenbeamten nicht regelmäßig rund um Pferdekoppeln und Weiden einsetzen. Davon gibt es in der Region schlicht zu viele“, fügt der Beamte hinzu.
Indes hat die Tierschutzorganisation Peta eine Belohnung ausgesetzt. In einer Mitteilung heißt es: Wer Hinweise auf den „Pferderipper“ im Ried liefert, erhält 1000 Euro. „Es ist erschreckend, dass Pferde so häufig auf grausame Art verletzt oder getötet werden. Wir hoffen, dass unsere Belohnung dabei hilft, die verantwortliche Person zu finden, bevor weitere Tiere verletzt werden“, heißt es weiterhin in der Erklärung vom Mittwoch. Dass Pferde absichtlich von Menschen verletzt werden, kommt immer wieder vor. Der Deutsche Tierschutzbund in Bonn erinnert bei dem Thema vor allem an das Jahr 2005: Damals gab es bundesweit mehr als 45 Fälle. Oftmals seien die Tiere an Genitalien verletzt worden. Das Thema hält Tierschützer seit Jahrzehnten in Atem. Der erste Fall eines systematisch vorgehenden Täters, der in Deutschland Pferde quälte, spielte sich laut Peta von 1993 bis 2003 in Niedersachsen ab. Nach Angaben der Behörden handelte es sich damals um eine Serie von etwa 50 Pferdetötungen.
Sexuelle Obsession als ein mögliches Motiv für Pferdequälerei
„Eine Beobachtung ist außerdem, dass Fälle oft wellenartig auftreten. 2020 gab es zuletzt eine Welle sehr vieler Fälle - 30 Pferde wurden getötet, beispielsweise auch in Frankreich“, heißt es vom Tierschutzbund. Auch hätten Angreifer damals beispielsweise auch in der Nähe von Jena fünf Tiere durch Stiche und Schnitte verletzt. Nach einem weiteren Angriff im April 2020 sei ein Pferd im Weimarer Land gestorben, wie sich eine Sprecherin des Tierschutzbundes erinnert. Auch in Drosten, Nordrhein-Westfalen, wurde im gleichen Jahr ein Pferd grausam getötet: „Die Polizei vermutete einen Tierquäler-Wettbewerb im Darknet“, fügt sie hinzu. Gerade das Internet ermögliche potenziellen Tätern eine bessere Vernetzung.
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Doch wer schleicht sich überhaupt in der Nacht heimlich an eine Weide und attackiert ein Pferd auf grausame Weise? „Eine Statistik oder konkrete Zahlen gibt es nicht, deshalb können auch keine verlässlichen Aussagen über Verhaltensmuster oder Täterprofile gemacht werden“, stellt die Sprecherin des Tierschutzbundes klar. Man gehe aber davon aus, dass in zahlreichen Fällen eine psychische Störung vorliegt. Dabei könnten auch sexuelle Obsessionen eine Rolle spielen.
Der Tierschutzbund rät dazu, die Pferde bei Einbruch der Dunkelheit in den Stall zu bringen. Eine Überwachung mit Hilfe von Kameras sei zwar kein Fehler. „Allerdings hilft das meist nur bei der Aufklärung im Nachhinein und verhindert nicht unbedingt die Übergriffe.“ Gleichwohl könnten Kameras abschreckend wirken. Sinnvoll sei es außerdem, die Stall-Anlagen vor Einbruch zu sichern, etwa mit Alarmanlagen.
„Auch eine Außenbeleuchtung mit Bewegungsmeldern kann abschreckend wirken“, heißt es von den Tierschützern.
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