Lampertheim. Manchmal geht man im Leben andere Wege als die vorgezeichneten. Das klingt nach einem kitschigen Kalenderspruch, erweist sich aber oft als Tatsache. Jedenfalls hätte sich der Metzgerssohn Hans Pfeiffer als kleiner Bub wohl nicht träumen lassen, dass er einmal das Oberhaupt seiner Heimatstadt Lampertheim werden würde.
Pfeiffer, der sich wie sein Namensvetter bei der Feuerzangenbowle auch mit drei „f“ schrieb, eins vor dem „ei“ und zwei hinter dem „ei“, wurde am 3. März 1923 geboren und wäre somit an diesem Freitag 100 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass erinnert die Stadt am kommenden Freitag mit einer Kranzniederlegung auf dem Friedhof (Eingang Schützenstraße) um 16 Uhr und einem Festakt, der um 18 Uhr im Sitzungssaal des Stadthauses beginnt, an ihren Ehrenbürger.
Pfeiffer war ein waschechter Spargelstädter, dessen Familie schon seit Generationen hier lebte. Sein Großvater Johann war Uhrmachermeister und kümmerte sich unter anderem auch um die Turmuhren an der Andreaskirche und der heutigen Domkirche.
Hans Pfeiffers Vater war Metzger, und es wurde selbstverständlich erwartet, dass der älteste Sohn den Handwerksbetrieb übernehmen würde. Zwar begann dieser, als er 1937 die Volksschule beendete, auch widerwillig eine Metzgerlehre im Familiengeschäft, das sich damals Ecke Jakobstraße/Emilienstraße befand (heute Metzgerei Blüm). Dabei war er jedoch so unglücklich, dass die Eltern ihm schließlich erlaubten, doch eine kaufmännische Lehre zu absolvieren. So begann Hans Pfeiffer im April 1938 eine Ausbildung zum Industriekaufmann bei der Zigarrenfabrik Hediger & Co. in Mannheim. Ende März 1941 legte er erfolgreich die Kaufmannsgehilfenprüfung ab.
1942 wurde er zur Wehrmacht einberufen, eine traurige und prägende Zeit für Pfeiffer. Der einzige Lichtblick war der Heimaturlaub im Jahre 1944, in dem er endlich seine Frau Ria heiraten konnte. Aus der Ehe gingen zwei Söhne, Walter und Thomas, hervor.
Gründer der Stadtbücherei
Zurück aus der Gefangenschaft im Mai 1945 war es für Pfeiffer zunächst nicht einfach, eine Arbeit zu finden. Auf gut Glück bewarb er sich bei der Gemeinde – und wurde genommen. Im September trat er seine neue Arbeitsstelle an und ließ in den folgenden Jahren keine Gelegenheit aus, sich weiterzubilden, so dass er sich beruflich immer mehr verbessern konnte. Im Jahre 1952 war er maßgeblich an der Gründung einer Stadtbücherei beteiligt. Für Pfeiffer, der seit seiner Kindheit selbst leidenschaftlich gerne las und schrieb, war dies ein Herzensprojekt, mit dem er junge Leute an die Welt der Bücher heranführen wollte. Zwei Jahre lang betreute er zusammen mit seiner Frau die Bibliothek.
Parallel dazu begann er, sich politisch zu betätigen, und trat in die SPD ein. Auch hier wirkte sein Engagement. Im Jahre 1956 wurde er erstmals ins Stadtparlament gewählt. Er war Stadtrat, kurze Zeit auch ehrenamtlicher Erster Stadtrat, dann wieder Stadtverordneter. Von 1962 bis 1966 hatte er das Amt als hauptamtlicher Erster Stadtrat inne.
1960 war er bereits erfolglos gegen Kurt Zeilfelder bei der Wahl für das Amt des Stadtoberhaupts angetreten. Doch sechs Jahre später, am 14. Januar 1966, war es dann soweit. Hans Pfeiffer wurde in der Stadtverordnetenversammlung zum Bürgermeister von Lampertheim gewählt.
Die Einführung und Verpflichtung ins Amt erfolgte am 1. Juli 1966 und bildete den Auftakt zu verschiedenen Festlichkeiten, wie die Einweihung des Freibads und die Verschwisterung mit der französischen Stadt Ermont. Pfeiffer setzte sich selbst hohe Ziele. Gleichwohl galt er als volkstümlicher Stadtvater, als jemand, der die Leute, die Vereine, die Umstände kannte. Die Sorgen und Nöte der Bevölkerung hatte er vor allem während der zwei Jahre kennengelernt, als er in Lampertheim die sogenannte Fürsorgestelle leitete. Daher war es ihm ein besonderes Anliegen, die Jugend und die Vereine zu fördern. Aus der bisherigen Zehntscheune wurde ein Jugendzentrum. Im Wald entstand eine Trimmstrecke. Auch den Ausbau der Städtepartnerschaften mit Ermont, dem belgischen Maldegem, dem niederländischen Wierden und dem italienischen Adria trieb er voran.
Wie sehr er Lampertheim verbunden war, erkennt man auch an seinen Gedichten. Immer wieder zog es ihn zu seinen Lieblingsplätzen auf dem Biedensand, in der Heide und im Stadtwald, wo er zu seiner Poesie inspiriert wurde. Er dichtete auf Hochdeutsch und im Dialekt. Und manchmal gezielt zu besonderen Anlässen. So verfasste er zur Glockenweihe der Domkirche am 24. Dezember 1949 das Werk „Der Heimat Rufen“. Dabei schrieb er über das große, verheerende Hochwasser am Jahreswechsel 1882/1883. Ein Ereignis, das er, der ein halbes Jahrhundert später Geborene, nur aus den Geschichten der Älteren und den Aufzeichnungen Pfarrer Frohnhäusers kennen konnte: „Der Rheinstrom rast wie ein wütendes Tier; er frißt an den Deichen mit höllischer Gier. Die Glocken läuten zum Kampf auf den Dämmen; doch Menschenmacht kann den Strom nicht hemmen. Überschwemmt ist das Ried; in sieben Orten; ist er zerstörender Herrscher geworden. Der Rhein steigt noch weiter, viel Menschen in Not. Helfen und Retten ist höchstes Gebot.“ Am Ende sind es Glockenklänge, denen die Helfer folgen und sich damit in Sicherheit bringen. Auch der Einweihung der Volksbank 1953 und der Goetheschule widmete er Gedichte, doch vor allem die Natur und der Wechsel der Jahreszeiten standen im Mittelpunkt seiner Lyrik.
Eine der besonders großen Leistungen Pfeiffers war zweifellos sein Weitblick in Sachen Heimatforschung. Er erkannte schon früh, wie wichtig es ist, sich mit der lokalen Historie zu beschäftigen. So wurde unter ihm als Bürgermeister das Amt des Heimatpflegers neu geschaffen. Der spätere Ehrenbürger Heinrich Friedrich Karb, der diese Tätigkeit lange innehatte, baute so das heutige Stadtarchiv auf. Auch an der Gründung des Arbeitskreises für Heimatforschung und Heimatpflege (heute Heimat-, Kultur- und Museumsverein) war Pfeiffer maßgeblich beteiligt. Er verfasste selbst auch Beiträge und Gedichte für die „Lampertheimer Heimatblätter”.
Initiator von Bauprojekten
In Pfeiffers Amtszeit fielen auch der Bau des Stadthauses und im Rahmen einer Verwaltungsreform die Eingliederung, der bis dahin selbstständigen Gemeinden Hofheim und Rosengarten (1971). Er kam damit anderen politischen Plänen zuvor. Neue Wohngebiete wurden entwickelt, das Hallenbad errichtet. Im Mai 1980 erhielt Pfeiffer das Bundesverdienstkreuz am Bande.
Zweifellos hatte er als Bürgermeister noch viele Ideen, die er umsetzen wollte. Doch dazu kam er nicht mehr. Pfeiffer verstarb am 18. Dezember 1981 nach kurzer schwerer Krankheit im Alter von nur 58 Jahren. Den Hessentag in Lampertheim 1984 und vor allem die 1150-Jahr-Feier 1982, worauf er sich schon so gefreut hatte, erlebte er nicht mehr. Posthum wurde er bei diesem Jubiläum aber noch zu Lampertheims Ehrenbürger ernannt.
Das sogenannte „Pfeiffer‘sche Dälche“, also die Bahnunterführung für Fußgänger zwischen Ringstraße und Guldenweg, und natürlich die Hans-Pfeiffer-Halle erinnern heute noch an ihn. Heinrich Friedrich Karb würdigte Pfeiffers Leben und Schaffen mit einem Beitrag in den Lampertheimer Heimatblättern, anlässlich von Pfeiffers 60. Geburtstag. Aber es gibt noch viele andere Spuren, die Pfeiffer hinterlassen hat. Vor allem bei den Menschen, die de „Peifers Hoans“ noch persönlich kannten, als einen der ihren.
Dass alles vergänglich ist, hatte Pfeiffer selbst in seinem Gedicht „Tausend Jahre…!“ thematisiert: „Tausend Jahre – verwehte Zeit. Vergilbtes Blatt – Vergangenheit. Tausend Blätter – tausend Bände, Anfang nicht und auch nicht Ende. Tausend Jahre – verwehte Zeit – Ein Atemzug der Ewigkeit. Welten gingen – Welten kamen – Gehend sind sie wieder Samen, Sterbend gestern Gottesmahd Heute wieder Gottessaat. Welten gingen – Welten kamen. Gott dein Wille ewig – Amen!“
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