Lampertheim

Autoren aus Lampertheim thematisieren den Begriff "Heimat"

Bei einer Lesung in der Stadtbücherei in Lampertheim ging es um den Begriff "Heimat". Die Autoren Hans-Walter Voigt und Manfed Klenk stellten Beiträge aus ihrem gemeinsamen Buch vor

Von 
Bärbel Jakob
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Hans-Walter Voigt (v. l.) mit Christine Kanold, Bettina Franke und Manfred Klenk bei der Lesung in der Stadtbücherei. © Bärbel Jakob

Lampertheim. Der Begriff „Heimat“ sorgt für Kontroversen. Während die einen damit das Gefühl verbinden, an einen bestimmten Ort zu gehören, an dem sie sich wohlfühlen, der vielleicht von angenehmen Kindheitserinnerungen geprägt ist, sehen andere das Wort als kitschig und veraltet an in einer globalen Welt.

Vier Mitglieder des literarischen Zentrums Rhein-Neckar „Die Räuber 77“ hatten sich des sensiblen Themas angenommen. Aus ihrem gemeinsamen Werk „Heimat und Anderswo“ wurden nun in der Stadtbücherei Lampertheim Auszüge präsentiert. Büchereileiterin Christine Kanold freute sich über den guten Zuspruch und stellte weitere Veranstaltungen dieser Art in Aussicht.

„Räuber“-Vorstandsmitglied Manfred Klenk war sich der Assoziationen zum Wort „Heimat“ wohl bewusst. Durch pathetische Sprichwörter wie „Ubi bene ibi patria“ (Wo es gut ist, ist das Vaterland) und belastet von der Historie, hafte dem Wort ein negativer Beigeschmack an, bestätigte er. Doch er und seine drei Mitautoren wollten mit ihrem Buch alle möglichen Facetten von Heimat darstellen. Schließlich beschreibe „Heimat“ die fundamentale Beziehung der Menschen zu ihrer Umwelt. Mit ihrem Werk wollten sie eine Anregung dazu geben, sich einen individuellen, zeitgemäßen Reim zum Thema zu machen.

Prosa und Lyrik

Das Buch war in mehrere Teile gegliedert. Die Texte befassten sich mit „Heimat in der Erinnerung”, dem Verwurzeltsein im Kontrast zur Weltoffenheit, aber auch mit Flucht, Vertreibung und Exil. Neben Klenk hatte auch noch Hans-Walter Voigt mehrere Gedichte wie „Heimkehr“, „Der Wintermantel“, „Niemandsland“ und „Selina träumt“ beigetragen. Ebenfalls an der Sammlung mitgewirkt hatte auch Hasan Dewran, der aber aus beruflichen Gründen an diesem Abend nicht anwesend sein konnte. Von ihm stammten die Gedichte „Die Felsfeige“ und „Am Rhein“. Den Fluss sucht er bei Heimweh gerne auf, weil er ihn an den türkischen Fluss Munzur erinnert.

Ein weiterer Autor, Bernhard Schader, war kurz nach Veröffentlichung des Buches verstorbenen. Schauspielerin Bettina Franke hatte es übernommen, einige von seinen Beiträgen eindrucksvoll zu präsentieren. Darunter auch den Prosatext „Kein gutes Gefühl“. Dieser beruht auf einer wahren Begebenheit. Ein junger afrikanischer Asylbewerber hatte es sich zur Aufgabe gemacht, aus Dankbarkeit für seine Aufnahme die Straßen einer Mannheimer Siedlung zu fegen, was bei den Anwohnern gemischte Gefühle hervorrief. Mit „Die Stunde, wenn Dalands Schiff ankommt“, hatte Manfred Klenk eine Text-Collage geschaffen aus dem Song „When the ship comes in“ von Literaturnobelpreisträger Bob Dylan und Richard Wagners Libretto zu „Der fliegende Holländer“.

Dazwischen brachten die Vortragenden auch immer wieder Beiträge anderer Autoren zu Gehör, wenn sie gut zum Thema passten. Darunter befand sich auch ein Werk mit Bezug zu Lampertheim. Der jüdische Dichter Siegfried Einstein, der als 17-Jähriger vor den Nazis in die Schweiz geflohen war, kehrte nach dem Krieg nach Deutschland zurück und hatte ab 1953 seinen Wohnsitz in der Spargelstadt.

Während dieser Zeit entstand von ihm das Sonett „Nur einmal noch“. Doch enttäuscht von antisemitischen Anfeindungen, Zusammenrottungen vor seinem Haus und anderen Belästigungen, wie permanentem nächtlichen Dauerklingeln, kehrte er sechs Jahre später Lampertheim den Rücken und siedelte nach Mannheim zu seiner Lebensgefährtin über, wo er dann 1983 verstarb.

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