Ladenburg. „Da mach´ ich mit.“ Das sagt sich Irene Niethammer vor knapp einem Jahr in Gambia. Damals begeistert sich die Lehrerin aus Ladenburg während einer vorübergehenden beruflichen Auszeit dafür, die Gründung einer Privatschule in dem westafrikanischen Land zu unterstützen. Nach einer weiteren Reise dorthin hat sie jetzt einen spendenfähigen Förderverein für das Projekt gegründet. Er heißt „Gambia Learn And Grow“, was so viel wie Lernen und Wachsen bedeutet. Dieser Name drückt aus, das Bildung wie eine Saat für die Zukunft wirkt.
„Ich habe mir mit dem Verein vorgenommen, die neue Schule zu unterstützen, damit möglichst viele Kinder eine gute Bildung bekommen, was in den öffentlichen Schulen in Gambia oft nicht so der Fall ist“, sagt die 1962 in Heidelberg geborene Pfarrerin. Sie arbeitet als evangelische Religions- und Psychologielehrerin am Kurpfalz-Gymnasium in Schriesheim. Die staatlichen Schulen in Gambia hätten meist viel zu große Klassen und seien häufig schlecht ausgestattet. „Mit eine Motivation für mein Engagement ist es, Menschen Perspektiven zu verschaffen, denn viele wollen nach Europa, weil sie in ihrem eigenen Land keine Zukunft sehen“, sagt Niethammer. Es gebe in diesem Land nicht viele Möglichkeiten, Geld zu verdienen und viele verlassen das Land deshalb.
„Wer will es ihnen verdenken“, sagt Niethammer und erinnert an die vielen Europäer, die einst in die USA ausgewandert waren. Seit 2015 engagiert sie sich in der Flüchtlingshilfe. In der Gemeinschaftsunterkunft bei Heddesheim betreut sie einen Gambianer mit. Als dieser nach seiner Ausbildung zum Altenpfleger eine Aufenthaltserlaubnis erhält, lädt er sie ein, mit ihm seine frühere Heimat zu besuchen. Niethammer hatte sowieso vor, beruflich ein Sabbatjahr einzulegen.
Neun Lehrer unterrichten aktuell knapp 100 Schüler
Während ihres viermonatigen Aufenthalts in der früheren britischen Kolonie, einem überwiegend muslimischen Land mit Englisch als Amtssprache, arbeitet sie beim Auslandsvolontariat an einer Schule. Der angestellte Schulleiter Saikou Leigh erzählt ihr von seinem Traum, mit seiner Frau Mariama eine Privatschule zu gründen. Niethammer wird klar, dass sie das Paar unterstützen will.
Seit September 2023 läuft die Schule namens „Growing Seeds“ (wachsende Saatkörner) im Großraum der gambischen Hauptstadt Banjul. Ein angemietetes Gelände mit Hof bietet Platz für Krippe, Kindergarten und Grundschule bis Klasse sechs. Knapp 100 Kinder werden zurzeit von neun Lehrkräften betreut. „Wir geben insgesamt elf Menschen Arbeit“, sagt Niethammer. Dafür sammelt sie kontinuierlich. Mit einem Stand hatte sich die Initiative bereits vor der Vereinsgründung auf dem Ladenburger Altstadtfest präsentiert. Ebenso sind bei der evangelischen Kirchenkollekte etliche Spenden zusammengekommen.
Bildungspatenschaften sind ein Ziel
„Es gibt bereits Leute die uns regelmäßig unterstützen“, freut sich Niethammer. Ein Ziel ist es, Bildungspatenschaften zu vermitteln: „Leute von hier übernehmen die Schulgebühren, damit auch Waisenkinder oder Kinder von arbeitslosen Eltern sich das leisten können“, erklärt Niethammer. Ihre Stellvertreterin ist die Ladenburger Sonderschulpädagogin Annette Krieck, die sich kürzlich vor Ort einen eigenen Eindruck verschafft und dabei ebenso Feuer für das Projekt gefangen hat. Den dreiköpfigen Vorstand vervollständigt die für die Vereinskasse zuständige Pfarramtssekretärin Julia Keller.
„Wir haben beschlossen, keine Beiträge zu erheben, sondern die Mitglieder lieber um Spenden bitten“, erklärt Niethammer. Momentan gebe es neun Mitglieder. „Aber auf meiner Liste mit Interessenten stehen bereits 40 Namen“, sagt die Vereinsgründerin zuversichtlich. „Ich bin insgesamt sehr zufrieden und auch froh, dass die Gründung geklappt hat“, zieht Niethammer eine erste Bilanz. Sie und weitere Aktive haben bereits einiges auch an Material gesammelt: Neben Möbeln seien auch pädagogische Spiele als Sachspende der Ladenburger Martinsschule bereits vor Ort in Gambia.
„Die Vision des Schulleiterehepaars ist es, ein Stück Land kaufen zu können, um aus dem Mietverhältnis herauszukommen, und darauf ein zukunftssicheres Schulgebäude zu errichten“, sagt Niethammer. Wenn alles gut laufe, soll eine zweite Schule eröffnet und soziale Stadtteilarbeit geleistet werden. Bereits geplant ist, von Ladenburg aus Brillen für Kinder aus ärmeren Familien zu sponsern, da viele fehlsichtig sind und die medizinische Vorsorge zu wünschen übrig lässt. Niethammmer weiß freilich, dass es in Ladenburg seit langem bereits den Garango-Verein und die „Freunde Ugandas“ gibt. Beide verfolgen mit Schul- und Brunnenbau- sowie Existenzgründungsprojekten ähnliche Ziele auf dem Nachbarkontinent. Niethammer sagt: „Es kann nicht genug solcher Kontakte zu Afrika geben, um den Menschen dort Bleibeperspektiven zu verschaffen.“ (Kontakt per Mail: irene_niethammer@web.de).
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