Zumindest für rund 75 Minuten sind am Donnerstagabend Pandemie und Alltag weit weg: Die Kölner Band Bukahara beschert in der idyllischen Kulisse der Ladenburger Festwiese direkt am Neckar einen herrlichen Sommerabend zum Mitsingen und Tanzen. Ein fast perfekter, mit 1200 Fans ausverkaufter Auftakt für die Corona-konforme Reihe Picknick-Konzerte – allerdings muss das Publikum beim Einlass sehr viel Geduld mitbringen: Die Kontrolle von Impf- und Testnachweisen sowie der Picknick-Mitbringsel haben eine lange Schlange durch den kompletten Benz-Park zur Folge.
Eine Stunde Wartezeit geht da schnell ins Land, der geplante Konzertbeginn um 20.30 Uhr verschiebt sich um gut eine Viertelstunde. Die Besucherinnen und Besucher reagieren allerdings weitgehend verständnisvoll. Zumal die Kontrolleure ausschwärmen, um in der Schlange zu kontrollieren, so dass alle zum Start auf der mitgebrachten Picknickdecke Platz nehmen können.
Extrem vielseitige Musiker
Bei idealen Witterungsbedingungen entschädigt das Quartett aus Köln das Publikum: Mit ihren Ohrwürmern „Happy“ oder „Afraid No More“ sorgen sie ohne jede Anlaufzeit für ausgelassene und zugleich tiefenentspannte Stimmung. Dass die Band um den in jeder Hinsicht bestens aufgelegten Sänger Soufian Zoghlami teilweise etwas angekratzt klingt, liegt an der Spielfreude vom Vorabend inklusive nächtlicher Aftershow in Fulda. Aber bis auf Einsatzfehlerchen bei ein paar Song-Anfängen schlägt das eher positiv zu Buche: Denn es wird von allen Seiten mit viel Humor genommen und die markante Stimme des Lead-Sängers wird dadurch nur noch mehr angeraut, auf angenehme Art und Weise. Zoghlami ist eh fast ein Wundertier, denn meistens singt er, während er gleichzeitig (Rhythmus-)Gitarre und Schlagzeug spielt.
Überhaupt ist die polyglotte, sprich dreisprachige Multiinstrumentalisten-Band Bukahara auf mehrfache Weise beeindruckend vielfältig: mit reizvollen nordafrikanischen Elementen und schierer musikalischer Klasse. Die multikulturelle Note ist familiär bedingt: Soufian Zoghlami hat zur Hälfte tunesische Wurzeln, Ahmed Eid (Bass, Percussion) wurde in Syrien geboren und ist in Palästina aufgewachsen, Daniel Avi Schneider (Geige, Mandoline) kann mit jüdisch-schweizerischer Herkunft aufwarten und Max von Einem (Posaune, Sousaphon, Percussion) kommt aus Münster.
Das ist gehobene Gute-Laune-Musik mit textlichem Tiefgang, ein idealer Soundtrack für Sommerabende. Der mitreißende Folkpop der 2009 zu Bukahara formierten ehemaligen Jazz-Studenten kann auch Fans der Genregiganten Mumford & Sons begeistern, dazu kommen reizvolle nordafrikanische Elemente, eine zirpende Mandoline, wuchtige Bläser, beswingter Groove, und selbst wenn von Einem auf Deutsch singt, klingen Bukahara eher so ambitioniert und poetisch wie Element Of Crime als nach den Heerscharen von Max Giesingers im Radio. Die Geduld hat sich gelohnt.
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