Geschichte

Architekt Kreiter hat in Ladenburg viele Spuren hinterlassen

Derzeit wird das Kreiter-Haus in Ladenburg von den neuen Besitzern saniert. Wie sich die älteste Tochter des früheren Eigentümers und Architekten, Friedrich Kreiter, an ihren Vater erinnert

Von 
Peter Jaschke
Lesedauer: 
Die von Friedrich Kreiter Mitte der 1950er-Jahre geplante Trauerhalle auf dem Ladenburger Friedhof weist die für ihn typischen Rundbögen auf. © Peter Jaschke

Ladenburg. In der Ladenburger Altstadt hat das sogenannte Kreiter-Haus die Besitzer gewechselt: Das Ehepaar Eva und Simon Heß baut das im Kern rund 500 Jahre alte Gebäude mit dem eindrucksvollen historischen Gewölbekeller in der Heidelberger Straße 10 ebenso gründlich wie behutsam zum künftigen Wohnsitz um. Der „MM“ hat an dieser Stelle bereits die archäologischen Untersuchungen begleitet. Zur jüngeren Geschichte des Hauses und vor allem zur Person des früheren Eigentümers und namensgebenden Ladenburger Architekten tritt dank Zeitzeugen ebenso Spannendes zutage.

Sein Markenzeichen waren Rundbögen

„Friedrich Kreiter war einer der besten Architekten, den wir in Ladenburg hatten, und ich habe viel gelernt bei ihm“, sagt Egon Lackner. Der 94-jährige Architekt und Ladenburger Stadtbildpfleger war ein Semester lang Werkstudent bei dem 1903 in Heidelberg geborenen Kreiter. Als Anhänger von Paul Schmitthenner, einem Hauptvertreter der Stuttgarter Schule mit ihrer klassisch geprägten Bauweise, habe Kreiter „hervorragende Architektur gemacht und ist dafür immer sehr geschätzt worden bei den Leuten“. Kreiters Markenzeichen waren Rundbögen. Daran erkennt man etliche seiner Bauten in Ladenburg und Umgebung bis heute. Eines seiner bekanntesten Gebäude ist die Trauerhalle von 1957 auf dem Ladenburger Friedhof.

Städtebaulich ist das Mitglied des Bunds Deutscher Architekten zeitlebens ebenso aktiv: Der Mann mit der Baskenmütze setzt sich für Erhalt und Sanierung der mittelalterlichen Altstadt ein. Als vorübergehend nebenberuflich tätiger Stadtbaumeister von Ladenburg entwickelt er bereits 1947 erste Ideen zur späteren Südstadt. Er zieht es aber vor, freier Architekt zu bleiben. 20 Jahre später gründet er mit den örtlichen Kollegen Borkowski, Burger, Götz, Lackner und Samstag die „Planungsgruppe 67“, die die Altstadtsanierung vorbereitet und im Auftrag der Stadt umsetzt. Dafür gibt´s 1978 die Goldmedaille im Bundeswettbewerb „Denkmalschutz im Städtebau“.

Hochzeitsfoto von Friedrich und Charlotte Kreiter. © Orthen

Kreiters Spuren in Ladenburg und Umgebung sind vielfältig: Er baut Werkswohnungen für die Firma Benckiser an der Eisenbahnbrücke und das Wohnhaus des damaligen Bürgermeisters Hermann Hohn am Neckardamm. „In seiner knapp bemessenen Freizeit hat er Aquarelle gemalt und gezeichnet“. Auch daran erinnert sich Milly Orthen gut. Die älteste Tochter von Kreiter, der mit seiner Frau Charlotte insgesamt vier Kinder hatte, lebt ebenso wie ihre Schwester Gudrun schon lange in München. Die 75-Jährige fühlt sich mit Ladenburg immer noch eng verbunden. Gerne denkt die Fotografin an diese Zeit zurück: „Wir Schwestern durften Pläne mit Aquarellfarben kolorieren.“

Eigensinniger Architekt mit klaren Vorstellungen

Doch gilt Kreiter auch als eigensinnig. Er hat klare Vorstellungen. „Wenn ihm der Geschmack eines Bauherrn nicht passte, hat er den Auftrag nicht angenommen“, verdeutlicht Orthen.

Kreiter hatte an der Höheren Bauschule Stuttgart die Ausbildung zum Architekt absolviert. Er ist als Freigeist kein Mitglied der Hitler-Partei NSDAP und muss aus gesundheitlichen Gründen nicht zur Wehrmacht. Im Zweiten Weltkrieg verliert Kreiter jedoch beide Brüder, was ihn schwer belastet. Auch deshalb wohl ergänzt er 1953 die Gedenktafeln im Carl-Benz-Gymnasium um die Namen der bis 1945 Gefallenen und danach noch Vermissten.

Eine Unterkunft für Flüchtlinge

Nach dem Krieg nimmt Kreiter in seinem Elternhaus in der Heidelberger Straße 10 Flüchtlinge auf. „Sie durften sehr lange bleiben“, erinnert sich Orthen. Ihre Tante, die Witwe von Kreiters jüngerem Bruder Otto, bewohnt das Haus ab den späten dreißiger Jahren bis ins hohe Alter. Die Schwestern Milly und Gudrun wachsen dort nicht auf, sondern wohnen mit den Eltern in der Bahnhofstraße und in der Wallstadter Straße.

Doch 1972 eröffnet Orthen - vormals Schülerin von Fotograf Robert Häusser in Mannheim und Auszubildende beim früheren „MM“-Fotografen Gerd Schwetasch in Seckenheim - mit ihrem damaligen Mann vorübergehend ein Studio für Werbefotografie im Erdgeschoss des Elternhauses ihres Vaters. Ihre Mutter Charlotte lässt es nach dem Tod ihres Mannes 1974 renovieren. Und zwar damals schon mit archäologischer Hilfe, nämlich durch den früheren Ladenburger Denkmalpfleger Berndmark Heukemes.

Mehr zum Thema

Ausschuss-Sitzung

Ganztagsbetreuung wird konkret: Anträge zur Erweiterung der Ladenburger Astrid-Lindgren-Schule sollen vergeben werden

Veröffentlicht
Von
Peter Jaschke
Mehr erfahren
Freizeit

Was Winzer und Genießer über die Schriesheimer Weinwanderung sagen

Veröffentlicht
Von
Peter Jaschke
Mehr erfahren

Nach dem Umbau zieht sie mit den beiden Söhnen ein, nämlich Martin, der am 10. Dezember 2023 mit 62 Jahren bei einem Verkehrsunfall tödlich verunglückt ist, und Bernhard. Milly Orthen weiß noch, dass ab 1976 der Mannheimer Maler und Grafiker Wolf Heinecke im ausgebauten Dach sein Atelier hatte. „Unsere Mutter liebte dieses Haus, den Garten mit seiner Blütenpracht und dem alten Quittenbaum bis zu ihrem Tode 2011“, weiß Orthen.

„Die Entscheidung, das Anwesen zu verkaufen, haben wir uns nicht leicht gemacht, aber es war nach langen Diskussionen die beste Lösung“, findet sie und fügt hinzu: „Wir freuen uns sehr, dass das Haus in guten Händen ist und die archäologischen Forschungen zu neuen Erkenntnissen für die Stadtgeschichte führen.“

Freier Autor Peter Jaschke ist freier Mitarbeiter seit 1997 und macht überwiegend regionale Berichterstattung, nimmt aber auch Sport- und Kultur-Termine wahr.

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke