Ilvesheim. In der Inselgemeinde kocht aktuell eine Diskussion über das Gehwegparken hoch. Auslöser sind Strafzettel, welche die Anwohner der Kallstadter Straße kürzlich bekommen haben. Günter Doms ist einer von ihnen - und außer sich. Seit Jahren parke er mit zwei Rädern auf dem Gehweg. Niemanden habe es gestört. Er achte darauf, dass Fußgänger wie Rettungskräfte weiterhin durchkämen. Jetzt soll der 64-Jährige ein Verwarnungsgeld in Höhe von 55 Euro zahlen. Als der „MM“ Doms besucht, um sich ein Bild der Lage zu machen, kommen andere Anwohner hinzu. Auch sie hätten Strafzettel bekommen, berichten sie.
In Deutschland ist das Parken auf dem Gehweg grundsätzlich verboten. An vielen Stellen (auch in Ilvesheim) wird es aber geduldet, solange die Fußgänger auf dem Bürgersteig nicht behindert werden. Das Problem: Wenn dann auf beiden Seiten Autos parken und dabei nicht den Gehweg berühren, ist auf der Straße kein Durchkommen mehr. Beim Besuch des „MM“ vor Ort zeigt sich, dass ein Müllfahrzeug Probleme hat, an den parkenden Autos vorbeizukommen. Es wird aber auch klar: Stellenweise ist es für Kinderwagen oder Rollstühle schwierig, weil Autos sehr weit auf dem Bürgersteig geparkt sind. Hier hat auch Anwohner Doms eine klare Meinung: „In dem Fall muss so etwas geahndet werden.“ Wenn aber alle Autos neben dem Bürgersteig stünden, sei dies ein „Sicherheitsrisiko“, so Doms.
Auch der Ilvesheimer Bürgermeister Thorsten Walther (SPD) betont, dass eine bestimmte Restbreite unbedingt gewährleistet sein müsse: „Das Land Baden-Württemberg sieht eine Mindestgehwegbreite von 1,50 Meter vor. Für den fließenden Verkehr muss eine Straßenbreite von 3,05 Meter verbleiben“, schreibt er. Die Verwaltung habe die Kontrolle in der Kallstadter Straße weder angewiesen noch durchgeführt und auch nicht die Briefe mit dem Verwarngeld verschickt. Die Kontrolle sei durch Vertreter der Hundestaffel der Polizei Mannheim erfolgt, die Bescheide habe das Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises erstellt.
Laut Polizei hat eine Streife rund 50 Anzeigen „gefertigt“
Die Polizei Mannheim bestätigt, dass „circa 50 Ordnungswidrigkeitenanzeigen“ gefertigt worden seien. Diese seien an die zuständige Bußgeldstelle weitergeleitet worden. „Die Kontrollen wurden im Rahmen der polizeilichen Streifentätigkeit durchgeführt“, teilt die Polizeisprecherin mit. Hierbei sei auffällig gewesen, dass „in der Kallstadter Straße der Gehweg mit Fahrzeugen zugeparkt war“. In den umliegenden Straßen sei das zu dem Zeitpunkt „nicht feststellbar“ gewesen.
Aus den Verwarngeld-Bescheiden (von denen einer dem „MM“ vorliegt) geht hervor, dass die Kontrolle am späten Abend stattfand. Bürgermeister Walther erklärt dazu: „Von dieser nächtlichen flächendeckenden Kontrolle und Ahndung des Gehwegparkens in der Kallstadter Straße durch die Polizei und ohne konkrete Hinweise durch die Gemeindeverwaltung sind wir überrascht, da solch ein Vorgehen auf unserer Gemarkung bisher noch nicht stattgefunden hat. Nach unserem Kenntnisstand auch in keiner Nachbarkommune.“ Er betont aber auch: „Rein formal betrachtet ist die Ordnungswidrigkeit anzuerkennen. Die Polizei darf eigenständig rechtswidriges Parken jederzeit ahnden.“ Das müsse sie auch nicht mit der Ilvesheimer Verwaltung abstimmen.
Bei den Kontrollen in der Kallstadter Straße hatte es auch ein HvO-Auto erwischt. Diese Fahrzeuge stehen Feuerwehrsanitätern zur Verfügung, die im Schichtdienst (rund um die Uhr) bei Notfällen unterstützend Hilfe leisten können. Der Wagen war vor einem Haus abgestellt, in dem der Diensthabende wohnt. Walther erklärte, die Verwaltung werde die Strafe begleichen.
Ein striktes Ahnden von Gehwegparken im gesamten Gemeindegebiet ist für Walther nicht umsetzbar: „Für mich als Bürgermeister ist wichtig, dass der Gehweg für Fußgänger, Kinderwagen oder Rollstühle zu jeder Zeit problemlos genutzt werden kann.“ Nach der Zustellung der Bußgeldbescheide durch das Landratsamt herrsche bei den Anwohnern „verständlicherweise Verunsicherung“, wie sie künftig in der Straße parken können. Die Rückmeldung des Landratsamts auf eine Anfrage des „Mannheimer Morgen“ lag am Mittwoch noch nicht vor.
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Walther will sich an die Verkehrsbehörde im Rhein-Neckar-Kreis wenden, um nach „sinnvollen Lösungen“ zu suchen. Die Gemeinde kann den Prozess anstoßen. Mögliche Markierungen oder Schilder, die das Gehwegparken legalisieren, kann nur der Kreis anordnen. Walther kündigte an, alle Haushalte in der Kallstadter Straße noch in dieser Woche mit einem Schreiben über den neuesten Stand zu informieren.
Kontroverse Diskussionen in den sozialen Netzwerken
Besonders kontrovers wird auf Facebook diskutiert. Einige sprechen vom „Eindruck von Abzocke“. Manche fordern einen Dialog. Andere sagen, man müsse sich einfach an Gesetze halten. Häufig wird Kritik daran laut, dass die Autos am Straßenrand und nicht in den Einfahrten oder Garagen abgestellt werden: „Wenn man als vierköpfige Familie dringend vier SUVs benötigt und die eigene Doppelgarage als Lager für 100 leere Amazon-Pakete Priorität hat, sollte an der Stelle erstmal ein Umdenken stattfinden“, so ein Nutzer. Anwohner vor Ort bestätigen, dass die Autos häufig nicht in der Garage stünden - weil sie heutzutage für die Stellplätze zu groß seien.
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