Nachwuchsarbeit

Warum Hirschberger Feuerwehrleute in voller Montur einkaufen gehen

In Hirschberg beschreitet die Feuerwehr ungewöhnliche Wege, um auf sich aufmerksam zu machen. Was bezwecken die Brandschützer damit?

Von 
Erich Rathgeber
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Einkaufswagen statt Feuerwehrschlauch. Die Feuerwerhr Hirschberg überaschte im Supermakrt mit einer ungewöhnlichen Kameradenaquise. © Erich Rathgeber

Hirschberg. Die gute Nachricht zuerst: Es hat im Sterzwinkel in Hirschberg nicht gebrannt. Die noch bessere: Die Werbeaktion der Hirschberger Feuerwehr im dortigen Supermarkt war ein voller Erfolg, da sie viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnte. Doch eines nach dem anderen: Ein Löschfahrzeug war vor dem Großsachsener Edeka Zeilfelder vorgefahren, um dort direkt am Eingang zu parken. Zusätzlich hatten die Brandschützer auch noch einen Pavillon aufgebaut, an dem es Broschüren und Informationsmaterial begleitend zum eigentlichen Anlass des Tages gab. Denn der Befehl lautete dieses Mal nicht: „Wasser marsch!“ Stattdessen waren die Feuerwehrleute auf einer völlig anderen Mission unterwegs: Sie wollten auf ihre Arbeit aufmerksam machen. Und das ganz spektakulär, indem zwei Kameraden in voller Montur und unter Atemschutz einkaufen gingen.

Der Supermarkt in Hirschberg informierte die Kunden vorab

Damit sich niemand wegen des martialischen Auftritts sorgte und Schlimmeres vermutete, hatte Junior-Marktleiterin Laura Zeilfelder kurz zuvor eine Durchsage gemacht und darüber aufgeklärt, dass es sich hier um eine Übung zu Werbezwecken handle. So war denn auch das erste Ziel der ungewöhnlichen Aktion schnell erreicht, wie die unzähligen hochgehaltenen Handys der Kunden am Supermarkteingang zeigten: Alle wollten sehen, was Pascal Hermann und Martin Angelberger in ihren Einkaufswagen legten. Wie gewünscht, zog der Einkauf unter Atemschutz einige Aufmerksamkeit auf sich. Die Feuerwehrleute beantworteten die ihnen gestellten Fragen gerne.

In Hirschberg hatte in einer Nacht im März der Dachstuhl eines Wohnhauses gebrannt. Links ist der Rücken von dem Heddesheimer Feuerwehrkommandanten Daniel Schmidt zu sehen. © Rene Priebe

Immer wieder steht die Feuerwehr in Hirschberg vor komplexen Aufgaben. Das zeigen auch zwei spektakuläre Brände in jüngster Zeit. Im März brannte es in einem Wohnhaus in der Bahnhofstraße in Leutershausen. Es gab zwar keine Verletzten, der Schaden belief sich aber auf rund 250.000 Euro. Die Feuerwehr musste bei den Löscharbeiten auch dafür sorgen, dass andere Häuser nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Nur wenige Wochen später musste die Feuerwehr zu einem Großeinsatz in den Rebenweg nach Großsachsen ausrücken. Dort hatte es auf einer Terrasse gebrannt, ein Haustier konnte kurz vor knapp gerettet werden.

Feuerwehr in Hirschberg arbeitet „ohne Bezahlung, aber mit voller Überzeugung“

Wie aus den Informationsmaterialien der Wehr hervorgeht, besteht die Freiwillige Feuerwehr Hirschberg aus rund 60 ehrenamtlichen, aktiven Einsatzkräften und einer 20-köpfigen Jugendabteilung, zusätzlich ergänzt durch die Alterskameradschaft. Peter Braun: „Wie 99,5 Prozent aller Feuerwehren in Deutschland sind wir keine Berufsfeuerwehr, sondern eine freiwillige.“ Berufsfeuerwehren seien erst ab einer Einwohnerzahl von 100.000 möglich. Das bedeute: Tag und Nacht stehe man bereit, um die Sicherheit der Hirschberger Bevölkerung zu gewährleisten. Ganz ohne Bezahlung, aber mit voller Überzeugung.

In diesem Zusammenhang machte Braun auch schon auf das nächste Ereignis aufmerksam: Einen „Schnuppertag“, bei dem die Tore des modernen Feuerwehrhauses für jedermann ab 17 Jahren geöffnet würden. Dabei gebe es nicht nur exklusive Einblicke hinter die Kulissen, sondern man dürfe sogar selbst mit anpacken, echte Einsatztechnik und Ausrüstung testen. Der „Schnuppertag“ findet am 28. Juni von 13 bis 17 Uhr im Feuerwehrhaus Hirschberg, Galgenstraße 2, statt.

Die Feuerwehr in Hirschberg hatte in der vergangenen Zeit immer wieder größere Einsätze zu bewältigen, wie hier im Rebenweg in Großsachsen. © Rene Priebe

Währenddessen nutzten Olaf Sebastian und Uwe Hildenbeutel zusammen mit ihrem Kommandanten auf dem Parkplatz die Möglichkeit, ihre Begeisterung für die Feuerwehr weiterzugeben. „Es gab viele interessante Gespräche und viel positive Rückmeldung aus der Bevölkerung“, so Peter Braun, der über den Hintergrund der Werbeaktion aufklärte: „Auch an uns geht der demografische Wandel nicht vorbei. Deutschland wird älter, viele junge Menschen ziehen weg oder pendeln. Die frühere Wehrpflicht, durch die viele den Weg zur Feuerwehr fanden, gibt es nicht mehr“, wies der Chef der örtlichen Wehr darauf hin, dass es immer schwerer werde, genügend Helfer vor Ort zu haben. Das liege auch daran, dass viele tagsüber außerhalb arbeiteten oder studierten.

Feuerwehr in Hirschberg will demografischem Wandel begegnen, bevor er zum Problem wird

„Noch haben wir keine Not, aber wir wollen vorbeugen und rechtzeitig reagieren“, so Peter Braun. Damit der Schutz in Hirschberg weiter gewährleistet bleibe, brauche es neue Maßnahmen und neue Menschen. Auch solche ohne Feuerwehr-Vorerfahrung. Was zähle, sei der Wille, etwas zu bewegen. Genau deshalb gebe es jetzt diese Kampagne. Um zu zeigen, dass auch die politische Gemeinde hinter ihrer Wehr im Allgemeinen und dieser Aktion im Speziellen steht, war auch Bürgermeister Ralf Gänshirt in den Sterzwinkel gekommen und lobte den ungewöhnlichen Einsatz der Feuerwehr in den höchsten Tönen: „Eine super Idee, hier mal andere Wege zu gehen“, wies er auf die Wichtigkeit der Freiwilligen Feuerwehr für das Gemeinwesen in Großsachsen und Leutershausen hin. Schließlich stiegen die Aufgaben der ehrenamtlichen Helfer Jahr für Jahr an. Deshalb habe man auch schon einige Funktionen ins Hauptamt verlagert. Außerdem unterstütze man die Abteilung so weit wie möglich – auch finanziell.

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