Reise

Hirschberger Abenteurer wieder zurück

Voodoo-Märkte, Kriegsgebiete und ungeahnte Gastfreundschaft – mit gerade einmal 21 Jahren hat Maximilian Stähler drei Kontinente auf eigene Faust erkundet. Was er auf seiner Reise erlebte und wieso es ihn zurück nach Hause zog.

Von 
Henrick Höhn
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Max vor dem weltberühmten Ischtar-Tor im Irak, eines der Stadttore des ehemaligen Babylon. Jedoch ist das Tor hinter ihm nur eine Nachbildung. Das Original steht im Vorderasiatischen Museum in Berlin. © Maximillian Stähler

Hirschberg. Verschneite Bergpässe, Voodoo-Märkte und Kriegsgebiete – nach über einem halben Jahr auf Achse und nach drei Kontinenten ist Maximilian Stähler wieder zu Hause in Hirschberg. Was der gerade einmal 21-Jährige mit seiner Suzuki DR 650 erlebt hat, könnte Bücher füllen. Gastfreundschaft an Orten, an denen er nicht damit gerechnet hatte, mit dem Motorrad durch die Länder abgeschotteter Regime bis in die Wiege der Zivilisation. Doch jetzt scheint die Luft raus zu sein: „Reisen ist etwas anderes als Urlaub“, findet Max. „Nach so langer Zeit brauche ich jetzt eine Pause davon und Kontakt zu Freunden und Familie.“

Im September vergangenen Jahres stand bereits eine grobe Route für die kommenden Monate fest: von Georgien, über die Arabische Halbinsel hin zu seinem Traumziel Afrika. Dieser Plan ging auf – zumindest fast. „Bei mir ist das immer planlos durcheinander“, sagt Stähler, denn seine Reise war nicht ohne Hindernisse.

Ein Visumsantrag für den Iran wird abgelehnt

Ein Hindernis bereitete das Einreisevisum für den Iran. Ein erster Antrag von Max wurde prompt abgelehnt. „Von ein paar anderen deutschen Reisenden habe ich dann von Erfan erfahren. Er wohnt in der iranischen Stadt Khoy, an der Grenze zur Türkei. Ihn habe ich über Instagram kontaktiert und er konnte mir das Visum kurzfristig organisieren“, berichtet Stähler. Von Georgien aus ging es für den Hirschberger in die iranische Botschaft in Jerewan, um dort das Visum abzuholen. „Die iranische Botschaft war der erste Reality-Check: Niemand sprach Deutsch, Englisch nur ein bisschen – und ich konnte in der Botschaft kein Wort mehr lesen.“ Auch die Weiterfahrt aus der armenischen Hauptstadt in den Iran gestaltete sich schwierig: „Auf den Bergpässen im Süden Armeniens lag überall Schnee. Auf Winter war ich nicht eingestellt. Ich musste mich in den Iran rüberkämpfen und hoffen, dass es wärmer wird“, erinnert sich der 21-Jährige.

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Die erste Anlaufstelle für Stähler war Erfan in Khoy, um den Rest zu organisieren: Eine Touristen-SIM-Karte kaufen, Geld wechseln und eine Kreditkarte besorgen. Die iranischen Wechselstuben waren an sich ein Erlebnis: „Man bekommt dort einen Batzen an Scheinen, bestimmt zehn Zentimeter dick. Umgerechnet sind das dann gerade mal 20 Euro.“

Von Khoy aus ging es weiter nach Täbris, Teheran und Isfahan. „Viele denken, im Iran gäbe es nichts zu sehen, aber das komplette Gegenteil ist der Fall.“ Landschaftlich beeindruckten ihn die Vielfalt: Berge, dichte Wälder und Wüsten. Dazu wunderschöne Städte, außergewöhnliche Bauten und die Ruinen von Persepolis. „Besonders war für mich die Gastfreundschaft der Iraner. Ob es Wildfremde waren, die mir spontan den Tank für mein Motorrad zahlten, oder die etlichen Tees, zu denen ich bei Familien zu Hause eingeladen wurde“, erinnert sich Max. Für ihn ist klar: „Die Menschen machen das Land so besonders.“

Eine schöne Überraschung zum 21. Geburtstag

In Schiraz, dem „Garten Irans“, machte sich diese Gastfreundschaft auch an seinem 21. Geburtstag bemerkbar. In der Millionen-Stadt kannte Max niemanden. Als der Hostelbesitzer Hamid jedoch Wind von Stählers Ehrentag bekam, plante er sofort eine Überraschung für den Hirschberger. Tagsüber war Max mit anderen Touristen auf einer Sightseeing-Tour durch die Stadt. „Abends überraschte mich Hamid mit einigen seiner Freunde und wir haben zusammen gefeiert. Einer meiner schönsten Geburtstage“, erinnert er sich. Generell habe er sich in „kaum einem anderen Land so willkommen und sicher gefühlt“ wie im Iran.

Max an seinem ersten Tag im Iran mit Erfan (Mitte) und Philippe (links), einem französischen Reisenden. © Maximillian Stähler

Ein Gefühl, das ihn jedoch auf der nächsten Etappe der Reise, dem Irak, verließ: „Auf den Straßen gibt es alle 50 Kilometer eine Militärkontrolle. In manchen Städten stehen an jeder Ecke gepanzerte Fahrzeuge und Soldaten“. Dazu kamen in Mossul zerbombte Häuser und Einschusslöcher in Wänden: „Da macht sich schon ein mulmiges Gefühl breit.“ Und so langsam schlich sich eine Reisemüdigkeit beim Hirschberger ein: „Als ich mit dem Motorrad über die teilweise zerstörten Straßen gefahren bin, kaum Kilometer abreißen konnte, weil ich immer wieder an Militär-Checkpoints halten musste, dachte ich irgendwann: Ich brauche eine Pause. Ich war einfach müde“, erinnert sich Stähler.

Maximillian Stähler vor der Moschee in Mossul (Irak). © Maximillian Stähler

So kam es, dass Stähler sein Motorrad bei Bekannten einlagerte und über Weihnachten zurück nach Hirschberg flog, um Freunde und Familie über die Feiertage zu überraschen: „Bei meiner Familie sind ein paar Tränen geflossen, als ich auf einmal im Wohnzimmer stand.“ Schnell hatte er sich wieder eingelebt. Aber kurz vor dem Ausbildungsbeginn bot sich ihm die Möglichkeit, doch noch sein Traumziel Afrika zu erreichen. „Ich wollte den Kontinent wenigstens ein bisschen erleben, also habe ich mir ein One-Way-Ticket in den Senegal gebucht, um ein Gefühl für das Reisen dort zu bekommen“, erzählt Stähler.

Im Senegal lieh sich Max – wie sollte es anders sein – ein Motorrad, oder wie er sagt: „Einen chinesischer Plastikbomber“. Ein Kontrastprogramm zu seiner treuen Suzuki, aber immerhin zweckmäßig. Und wie ist es den Traum, zumindest im kleinen Rahmen, zu erleben? „Die Leute sind dort sehr herzlich. Sobald man durch ein Dorf fährt, rennen einem die Kinder hinterher. Das ist schon besonders“, erinnert sich der 21-Jährige. Doch für den Hirschberger war das westafrikanische Land zu touristisch und nicht wild genug.

Senegal zu touristisch, Togo und Benin das Gegenteil

„Togo und Benin waren das komplette Gegenteil“, schwärmt Stähler. Dichter Dschungel, endlose rote Schotterpisten und Wasserfälle, unter denen man schwimmen kann – „ein absoluter Traum“. Was ihm zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewusst war: die beiden westafrikanischen Länder gelten als die Geburtsstätte des Voodoo. Ein Umstand, der sich auf einem der berühmten, wenn auch befremdlichen, Voodoo-Märkte bemerkbar machte. Der Geruch von Verwesung in der Luft ließ den 21-Jährigen schon vermuten, was ihn dort erwarten würde. Die Köpfe – samt Haut und Fell – von Affen, Eseln oder Hunden wurden auf dem Markt in Benin angeboten. Daneben die getrockneten Kadaver von unzähligen Nagern und Reptilien, sogar ein Krokodil konnte man dort kaufen. „Die schiere Anzahl an Tier-Leichen; das war sehr absurd“, erinnert sich Max.

Als „Buschtaxi" hat Max in Afrika auch ein paar Kinder chauffiert. © Maximillian Stähler

Lebendige Städte und verschneite Bergpässe im Iran, Kriegsgebiete im Irak und Voodoo-Märkte in Togo: Von dem, was Maximilian Stähler in den vergangenen acht Monaten erlebt hat, kann so mancher nur träumen. Doch trotzdem ist die „Findungsreise“ jetzt zu Ende, und es stehen neue Aufgaben an. „Ich bin dankbar, wie viel ich reisen durfte. Jetzt will ich wieder arbeiten, lernen, etwas in den Kopf bekommen – ich bin bereit für meine Ausbildung zum Physiotherapeuten“, berichtet der Hirschberger. Die fing am 1. April in München an. Später kann er sich auch wieder eine größere Reise vorstellen: „Vielleicht mit einem ausgebauten Transporter. Immer nur Motorrad wird ja auch langweilig.“

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