Hirschberg. Freiheit ist ein weitgefasster Begriff. Für den Hirschberger Maximilian Stähler sieht er momentan in etwa so aus: hohe Gebirgsketten, steile Pässe, nahezu endlose Weiten und mittendrin das Knattern seiner Suzuki DR 650. Der 20-Jährige ist seit Ende Juli alleine auf großer Reise - nur er und sein Motorrad. Bisher führte ihn sein Weg über Osteuropa in die Türkei und von dort aus ging es nach Georgien. „Osteuropa hatte ich innerhalb von vier bis fünf Tagen hinter mir. Das hebe ich mir für zukünftige Reisen auf“, erzählt Stähler, der zum Zeitpunkt des Gesprächs mit der Redaktion in einem Café in der georgischen Hauptstadt Tiflis sitzt. Das Ziel der Reise? So genau weiß der 20-Jährige auch noch nicht. „Mein Traum ist aber auf jeden Fall Afrika.“
Doch wie kam es dazu, dass der 20-Jährige derzeit alleine die Welt mit seinem Motorrad erkundet? In seiner Kindheit reiste Stähler viel mit seiner Familie, „dadurch habe ich schon viel von der Welt sehen dürfen.“ Nach dem Abgang in der Oberstufe und einiger Zeit als Barkeeper im „Diebsloch“ am Weinheimer Marktplatz folgte ein Solo-Rucksack-Trip per Interrail nach Istanbul: „Schon damals habe ich mir gedacht: ‘Wie cool wäre es, jetzt einfach auszusteigen und irgendein Dorf zu erkunden’.“ Danach folgten weitere Reisen nach Nepal, Indien und sogar nach Mauretanien. Das Land in Westafrika durchquerte er im Waggon eines Frachtzuges, umgeben von mehreren Tonnen Eisenerz, 700 Kilometer durch die Sahara. Mauretanien war „wie in einem Indiana-Jones-Film - man lebt das Abenteuer.“
Der Hirschberger liebt auf seinen Reisen das Gefühl von Freiheit
„Das hat Lust nach mehr gemacht“, erklärt Stähler. Die Ungewissheit, am Morgen nicht zu wissen, was der Abend bringt, ob man einen Schlafplatz findet, wie man zur nächsten Destination gelangt, machen solche Länder für den Hirschberger interessant. Dabei sei es nicht nur der Nervenkitzel, der Stähler reizt. Vielmehr ist es ein Freiheitsgefühl, das für den 20-Jährigen nur schwer zu beschreiben ist. „Wenn keine anderen Touristen da sind, ist das ein ganz anderes Reisen.“
In Istanbul angekommen, gab es dann auch bereits den ersten kleinen Stolperstein: nach mehr als 2000 Kilometern hatte Stählers Maschine (Baujahr 1998) die erste Panne. Und prompt war der Hirschberger in der türkischen Metropole fast drei Wochen „gestrandet“. „Ich habe dort aber einen total coolen Mechaniker kennengelernt, der mein Motorrad generalüberholt hat.“ Seitdem laufe es besser als jemals zuvor. Danach ging es weiter über den Süden der Türkei, vorbei an der syrischen und irakischen Grenze und dann Richtung Norden nach Georgien.
Wegen der Regenzeit musste der Abenteuerer einen Umweg über Osteuropa nehmen
Sein Traum ist noch immer Afrika: „Ich will die Westküste runterfahren bis nach Südafrika.“ Aber der Zeitpunkt seiner Abfahrt in Deutschland war ungünstig: Er hätte es nicht rechtzeitig vor dem Beginn der Regenzeit über den Äquator geschafft, „und man will die Reise ja auch ein wenig genießen“. Dann ging es doch erstmal Richtung Osten, Kasachstan war ein vages Ziel, aber dieser Plan ist schon wieder verworfen: „Immer wenn ich einen Plan mache, ist der nach spätestens drei oder vier Tagen wieder hinfällig“, gibt der Hirschberger zu. Dieses Planungsgeschick hat ihn bisher nach Georgien geleitet. Ein Land voller Gegensätze, wie Stähler findet: „Tiflis ist sehr modern, die Straßen hier sind super ausgebaut. Sobald man außerhalb der Stadt ist, wird es aber sehr schnell ländlich und die Straßen sind - besonders für Motorradfahrer - sehr anstrengend.“
Begegnungen mit Gleichgesinnten hatte Stähler auf seiner Reise bisher reichlich. Motorradfahrer, Abenteurer mit umgebauten PKW, sogar mit einem Fahrradfahrer, der auf Weltreise ist, konnte er Bekanntschaft machen. Das Kuriose dabei: ein Großteil der Reisenden kommt aus Deutschland. „Gefühlt 80 Prozent, der Leute, die ich in Georgien getroffen habe, sind Deutsche. Auf dem Gletscher bei Ushguli habe ich drei Heidelberger getroffen, die sogar das Schabernack in Weinheim kennen. Es ist so verrückt.“
Zur Zeit des Gesprächs mit dieser Redaktion befand sich Maximilian Stähler noch in Tiflis, wo er auf ein Paket aus der Heimat wartete. Campingausrüstung, damit er nicht mehr auf Hostels angewiesen ist: „Es ergibt einfach viel mehr Sinn. Es ist günstiger und bietet mehr Freiheit. Einfach das Lager dort aufschlagen, wo man gerade ist.“ Die nächste Etappe soll Stähler in den Iran führen. Ein „Wettlauf gegen die Zeit und das Wetter“, denn mit dem Wintereinbruch warten harsche Wetterverhältnisse im Norden des Landes auf den Hirschberger. Und danach? „Es wäre toll, die arabische Halbinsel zu erkunden und dann nach Afrika zu fahren - aber who knows?“. Mittlerweile ist der 20-Jährige nach Armeinen weitergezogen, nähert sich somit dem Iran weiter an.
Wie lange er noch unterwegs sein will, weiß Stähler noch nicht. „Es ist eine Frage der Finanzen und der Lust.“ Im Vorfeld arbeitete Stähler für fünf Monate als Skilehrer und in einem Hotel, um sich den Trip zu finanzieren. Finanziell wollte er sich nicht auf andere verlassen. Dennoch wäre die Reise ohne die Unterstützung seiner Eltern nicht möglich gewesen. Bis April muss er zurück sein. Dann beginnt seine Ausbildung zum Physiotherapeuten. Bis dahin kann er weiterhin die kleinen Momente genießen, wenn „ich denke: Crazy, du sitzt gerade auf deinem Motorrad, fährst grad irgendwo in der Weltgeschichte herum und lebst deinen Traum und bist frei.“
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