Hirschberg. Über Jahrhunderte hinweg stellte sich der 9. November als historisch ereignisreiches Datum, ein „Schicksalstag“ für die deutsche Geschichte heraus. Unter anderem fand an diesem Tag die Ausrufung der Republik durch Philipp Scheidemann 1918, der Hitlerputsch 1923, die Reichspogromnacht 1938 und der Fall der Berliner Mauer 1989 statt.
Dem Gedenken an diese kuriose Überschneidung hat der Arbeitskreis „Ehemalige Synagoge Leutershausen“ nun eigens die Ausstellung „Schicksalstag 9. November“ gewidmet. Am Freitag wurde diese mit einer Vernissage im Hirschberger Rathaus eröffnet. Michael Penk, Vorsitzender des Arbeitskreises, eröffnete die Veranstaltung. Dabei stützte er sich auf die Werke des Künstlers Bernd Gerstner, die illustrieren, worum es geht. Gerstners Gemäldereihe zeigt, ähnlich wie Schnappschüsse, einzelne Aspekte der schicksalhaften Tage.
Für Penk sei der 9. November ein spannendes Thema für eine Kunstausstellung. Besonders die Gegensätzlichkeit zwischen der Reichspogromnacht und dem Fall der Mauer. „Zwei Ereignisse, die gegensätzlicher kaum sein könnten“, sagte er. Sein Dank galt speziell Veronika Drop, Kuratorin der Ausstellung und selbst eine unter den ausgestellten Künstlern. Drop, die ihre Ausstellungsidee mit viel Sachverstand umgesetzt hat, konnte bei der Verwirklichung auf ihr umfangreiches Netzwerk zurückgreifen.
So gelang es ihr, insgesamt 14 Künstler mit ganz unterschiedlichen Ideen zu gewinnen, die auch auf der Vernissage fast vollständig anwesend waren. Neben Gemälden sind auch Skulpturen und Fotografien in der Ausstellung vertreten. Der Gemeinde Hirschberg dankte Penk für die „außerordentlich hilfreiche“ Bereitstellung der Räumlichkeiten im Rathaus.
Grußworte des Bürgermeisters
Mit einem Grußwort richtete sich auch Bürgermeister Ralf Gänshirt an das Publikum, das wegen des großen Andrangs teilweise stehend den Worten der Redner lauschen musste. Gänshirt sieht die „Kunst als Vermittlerin des Unaussprechlichen“. Aufgrund all der Ereignisse sei der 9. November wahrlich ein Tag von geschichtlicher Bedeutung. Auch der Gegensatz zwischen dem Mauerfall und der Reichspogromnacht, die eine Zäsur des Schreckens darstelle, fasziniert den Bürgermeister. Die Kunstwerke der Ausstellung verstünden es, den Betrachter auf unterschiedlichsten Ebenen zu erreichen.
Deshalb verstehe er Kunst als wichtiges Sprachrohr. Die Beständigkeit der Kunst, das Bestreben, etwas Bleibendes zu schaffen, mache sie umso bedeutungsvoller. Sie versuche vor einer Wiederholung der Vergangenheit zu bewahren und sei eine Mahnung der künstlerischen Gemeinde. Auch die traurige Aktualität, dass Krieg und Gewalt bis heute das Leben zahlreicher Menschen prägt, ließ den Bürgermeister keine Sekunde daran zweifeln, der Kunst den Raum zu gewähren.
Angriff auf Israel macht sprachlos
Gänshirt habe den Arbeitskreis gerne als Gast und empfinde es als große Ehre, die Werke beherbergen zu dürfen. Nicht zuletzt, um die wichtige Erinnerungskultur zu pflegen und das Erinnern in der Gemeinde zu stärken.
Im Anschluss erläuterte der Mannheimer Kunsthistoriker und Schriftsteller Helmut Orpel die ausgestellten Kunstwerke im Detail. Für Orpel sei die bildende Kunst ein Medium, Gedanken durch die magische Macht der Gestaltung zu bannen.
Im Hinblick auf die Gräueltaten der Reichspogromnacht mache es ihn sprachlos, was gerade um uns passiert. Gemeint ist der gewaltsame Angriff auf Israel. Auch seine Vorredner brachten Ähnliches zum Ausdruck.
Für das musikalische Rahmenprogramm sorgte die Harfenistin Sigrid Haselmann, die selbstkomponierte Lieder vortrug. Die Idee zu der Ausstellung hatte Veronika Drop, die diese auch kuratiert. Ein ganzes Jahr benötigte sie für die Planung und Organisation - von der Präsentation der Idee vor dem Ausschuss des Arbeitskreises bis zur Vernissage am vergangenen Samstag.
Viele der ausgestellten Arbeiten wurden von den Künstlern, die Drop allesamt persönlich besuchte und auswählte, eigens für die Ausstellung angefertigt. Ziel der Ausstellung sei es, über die Kunst mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, erklärt Drop. Die Kunst sei dafür ein gutes Medium. Um dieses Vorhaben bestmöglich zu verwirklichen, veranstaltet der Arbeitskreis „Ehemalige Synagoge Leutershausen“ begleitende Veranstaltungen zur Ausstellung. Am 3. November findet die Veranstaltung „Lyrik trifft Musik“ in der Ehemaligen Synagoge statt. Am 9. November, anlässlich der Reichspogromnacht, eine Gedenkveranstaltung mit Vortrag von Konstantin Groß. Am Freitag, den 10. November, zeigt der Arbeitskreis im Olympia-Kino den Film „Haymatloz“. Die Finissage findet am 25. November wieder in der Rathausgalerie statt, in der die Ausstellung auch in der Zwischenzeit zu den Öffnungszeiten des Rathauses besichtigt werden kann.
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