Nahverkehr

Zweiter Samstag mit kostenlosem öffentlichen Nahverkehr in Heidelberg

Von 
Michaela Roßner
Lesedauer: 
Bis 3 Uhr am Sonntag kann man in Busse und Bahnen in Heidelberg ohne Fahrkarte einsteigen. © Philipp Rothe

Heidelberg. Zum Markt, zum Shoppen, zum Essen oder zum Konzert: Wer am heutigen Samstag, 2. April, in der Heidelberger Innenstadt in Bahn und Bus steigt, benötigt kein Ticket. Es ist der zweite von vier Samstagen, an denen der kostenlose ÖPNV getestet wird. Bei der Premiere stiegen nach Angaben der Rhein-Neckar-Verkehr (RNV) zehn Prozent mehr Fahrgäste ein als vorher. Auch am 9. und 16. April benötigt man kein Ticket. Den Einnahmeverlust fängt die Kommune ab: Pro Samstag überweist sie 35 000 Euro an die Verkehrsbetriebe - insgesamt also 140 000 Euro. Damit sollen auch die Pandemie-geplagten Einzelhändler unterstützt werden, die unter anderem im Lockdown lange schließen mussten.

„Gültig ist die Aktion jeweils samstags ab 0 Uhr, sie endet in der Nacht auf Sonntag um 3 Uhr. In diesem Zeitraum müssen Fahrgäste für ihre Fahrt mit Ein- und Ausstieg im Stadtgebiet von Heidelberg kein Ticket erwerben“, erklärt ein Sprecher der Stadt.

Hintergrund zur Aktion

Die vier kostenlosen ÖPNV-Samstage sollen in weiteren Stufen zu einem kostenlosen Nahverkehr im Stadtverkehr ausgebaut werden.

Mit den vier kostenlosen Samstagen werde laut Stadtverwaltung als erster Schritt eine Maßnahme umgesetzt, der der Gemeinderat im Rahmen seines Klimaschutzaktionsplans vor zwei Jahren grundsätzlich zugestimmt hat.

Heidelberg will so schnell wie möglich klimaneutral sein.

Auf dem Weg dorthin wurde im November 2019 ein Klimaschutz-Aktionsplan mit ersten 30 konkreten Vorschlägen aufgelegt. miro

Während der Bund wegen des Krieges in der Ukraine und einer drohenden Treibstoffkrise gerade Vorbereitungen dafür trifft, dass im gesamten Deutschland neun Wochen der ÖPNV kostenlos genutzt werden darf, gehen die Überlegungen in Heidelberg zurück bis mindestens in den vergangenen Sommer. Da unterzeichneten Oberbürgermeister Eckart Würzner und sein französischer Amtskollege Michaël Delafosse aus Anlass der 60 Jahre alt gewordenen Städtepartnerschaft Heideberg-Montpellier eine Vereinbarung.

Beispiel Südfrankreich

Darin stand unter anderem, dass die südfranzösische Stadt ihre deutsche Partnerin bei der stufenweisen Einführung eines kostenlosen ÖPNV unterstützt. Inzwischen haben weitere Kommunen sich ebenfalls zu solchen Tests entschlossen, Walldorf hat bereits zum 1. Januar das verkehrspolitische Neuland betreten. Mit St. Leon-Rot probt sie Mobilität zum Nulltarif.

„Der erste von vier Samstagen mit dem kostenlosen Nahverkehrsangebot fand am 26. März statt - mit Erfolg: Die Rhein-Neckar-Verkehr GmbH verzeichnete einen Fahrgastzuwachs von rund zehn Prozent“, formuliert die Stadtverwaltung. Dieser Zuwachs sei offensichtlich auf das Gratis-Angebot zurückzuführen, „da es in anderen Städten an dem Tag keinen vergleichbaren Zuwachs gegeben hat“.

„Sie haben damit einen Beitrag zum Klimaschutz geleistet - ich freue mich, wenn künftig insbesondere noch viel mehr Autofahrerinnen und -fahrer auf den ÖPNV umsteigen“, hofft Stadtchef Würzner. „Eine sehr gute Gelegenheit“ sei die lange Einkaufsnacht am Samstag, 9. April. „Nicht zuletzt sollen durch die Maßnahme auch diejenigen mit einem schmalen Portemonnaie entlastet werden, die ohnehin täglich umweltfreundlich unterwegs sind“, betont Würzner. Die Aktion an den vier Samstagen soll indes nur ein Test sein: Die Verwaltung beabsichtigt, ab diesem Herbst den unter 18-Jährigen und den über 65-Jährigen kostenlos dauerhaft den Einstieg in Bus und Bahn zu ermöglichen - nach südfranzösischem Vorbild.

Aussschuss vertagt Entscheidung

In der Sitzung des Ausschusses für Klimaschutz, Umwelt und Mobilität am Mittwoch sollten dafür Mittel freigegeben werden. Zwischen sechs und sieben Millionen Euro pro Jahr, so die Schätzungen, würde das ab Herbst 2022 für Jugendliche und Schüler unter 18 Jahren kosten. Im Frühjahr soll indes ein landesweites Gratis-Ticket für Jugendliche kommen, so dass mit weniger kalkuliert werden müsse. Weitere 1,5 bis fünf Millionen Euro kalkuliert das Rathaus zudem unter anderem für eine Bezuschussung des „Tickets ab 60“, das dann statt 565,20 Euro nur noch 200 Euro kosten soll.

Die 8,7 Millionen Euro insgesamt waren dem Ausschuss zu viel. Nach einem Antrag von Grünen, SPD, GAL, Die Linke und Bunte Linke wurde die Entscheidung vertagt. Nun sollen weitere ÖPNV-Zuschussvarianten berechnet und deren Mittelbedarf vorgestellt werden.

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen