Heidelberg. Auch 2024 blieb es wild in Heidelberg: 233 Anliegen rund um Füchse, Wildschweine, Waschbären und andere tierische Stadtbewohner beschäftigten die Wildtierbeauftragte Luisa Krauß und die Stadtjäger Tim Wissutschek und Peter Stephan – im Vorjahr waren es 194 Fälle.
Im Fokus standen erneut Begegnungen mit Waschbären, Wildschweinen und verschiedenen Vogelarten. Der neue Wildtierbericht dokumentiert diese Einsätze und gibt Einblicke in die Entwicklung der Wildtierpopulationen, das Gänse- und Feldhasenmonitoring sowie Maßnahmen zur Seuchenprävention.
Waschbären vor allem in Heidelberg-Wieblingen aktiv
Vor allem Waschbären haben die Wildtierexperten im vergangenen Jahr beschäftigt. In keinem Stadtteil seien 2024 so viele Waschbärmeldungen registriert worden wie in Wieblingen (18), heißt es in dem Bericht. Dies könnte mit dem Naturschutzgebiet „Unterer Neckar“ in Verbindung stehen, das den Waschbären optimale Rückzugsorte mit geringer Störung bietet, vermutet Luisa Krauß.
Gleichzeitig locken angrenzende Wohngebiete mit warmen Dachböden, Mülltonnen und Gärten mit reichhaltigem Nahrungsangebot. Mehrere Waschbären suchten sich feste Schlafplätze in Gebäuden, was in über 20 Fällen zu Sachschäden oder der Gefahr von Schäden führte. Die Fälle in Wieblingen zeigten exemplarisch, wie eng die Lebensräume von Wildtier und Mensch mittlerweile verzahnt seien – und wie wichtig gezielte Präventionsarbeit in solchen Übergangszonen bleibe.
In Situationen, in denen Vergrämungsmaßnahmen nicht ausreichten, wurden gewerbliche Stadtjäger beauftragt, die Tiere zu schießen. Insgesamt war das im Stadtgebiet in 36 Fällen nötig, ein Anstieg um 50 Prozent.
Weniger Gänse auf der Neckarwiese in Heidelberg
Ein besonderes Augenmerk lag erneut auf den Gänsen. Die Zahl der Tiere ging weiter zurück, ebenso wie die Zahl der gefundenen Schwanen- und Nilganseier beim Gelegemonitoring. Auf der sogenannten Liebesinsel wurden 332 Eier von vier Gänsearten gezählt – deutlich weniger als in den Vorjahren. Auch auf der Neckarwiese war der Rückgang der Gänsepopulation zu beobachten.
Dennoch blieb es nicht ohne Zwischenfälle: Im Frühjahr querten Gänse vermehrt die Fahrbahn auf der Ernst-Walz-Brücke und sorgten für Verkehrsbehinderungen. In Absprache mit der Polizei wurde dort ein Gänse-Warnschild angebracht, um Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer für die tierischen Querungen zu sensibilisieren.
Wildschweine im Garten, Uhu in der Klemme
In der Umgebung des Hausackerwegs durchbrachen Wildschweine mehrfach Gartenzäune und suchten tagsüber Unterschlupf auf Privatgrundstücken. Ein gezielter Vergrämungsabschuss half, die betroffene Rotte aus dem Gebiet zu vertreiben und gab Anwohnern Zeit, ihre Zäune aufzurüsten. Die Strategie zeigte Erfolg: Die Tiere mieden das Gebiet zunächst.
Besonders berührend waren auch 2024 wieder mehrere tierische Einzelschicksale. Zwei verwaiste Feldhasenjungtiere („Klopfer“ und „Ludwig“) konnten vermittelt und nach erfolgreicher Aufzucht wieder ausgewildert werden. In der Altstadt rettete der Stadtjäger Tim Wissutschek gemeinsam mit der Tierrettung Rhein-Neckar einen Uhu, der in einen schmalen Schacht geraten war und sich nicht mehr aus eigener Kraft befreien konnte. In Handschuhsheim setzte Stadtjäger Peter Stephan eine Leiter ein, über die eine Waschbärmutter mit vier Jungtieren in die Freiheit klettern konnte, nachdem sie in einen Fensterschacht gefallen waren.
Feldhasenbestand über dem Landesschnitt
Das Feldhasenmonitoring lieferte erfreuliche Ergebnisse: Bei der sogenannten Scheinwerfertaxation in fünf Revieren wurden im Frühjahr 45 Feldhasen pro 100 Hektar gezählt. Im Herbst lag der Wert sogar bei 68 Hasen pro 100 Hektar – und damit deutlich über dem Landesschnitt. Die Rheinebene bei Heidelberg gilt damit weiterhin als wichtiger Rückzugsraum für das Niederwild. Erstmals wurden im Wildtierportal auch die Koordinaten von Wildunfällen erfasst. 34 Fälle wurden im Jagdjahr 2023/24 gemeldet, fast die Hälfte davon betraf Rehe. Ziel ist es, mit diesen Daten mögliche Unfallschwerpunkte zu erkennen und geeignete Schutzmaßnahmen wie Wildwarnanlagen oder Zäune gezielt zu planen.
Ein weiterer Schwerpunkt lag 2024 auf der Seuchenprävention. Nach dem ersten Auftreten der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in Südhessen wurde Heidelberg zur Pufferzone erklärt. Zur Eindämmung wurden revierübergreifende Drückjagden organisiert, Stromzäune errichtet und speziell ausgebildete Kadaverspürhunde eingesetzt – ein wichtiger Beitrag, um die weitere Ausbreitung der Krankheit zu verhindern.
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