Stadtgeschichte

Deshalb war Goethe im Heidelberger Schloss

Er war acht Mal da, zum ersten Mal vor 250 Jahren: Dichterfürst Goethe schwärmte vom Heidelberger Schloss. Wie er es beschrieben hat und wie daran erinnert wird.

Von 
Peter W. Ragge
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Das Heidelberger Schloss - Sehnsuchtsort auch für Johann Wolfgang von Goethe. Er war vor genau 250 Jahren erstmals hier. © Bernhard Zinke

Heidelberg. Er hat Liebeskummer. Aber dieser Besuch tröstet ihn, ja er beschert ihm „einen Anblick, an dem wir uns nicht satt sehen konnten“. So erlebt Johann Wolfgang von Goethe das Heidelberger Schloss. 250 Jahre ist es am Samstag her, dass der weltberühmte Schriftsteller die ebenso weltberühmte Ruine erstmals besucht. Insgesamt kommt der Dichterfürst im Laufe seines Lebens acht Mal auf das Schloss.

Die einstige Residenz der kurpfälzischen Regenten sei damals schon „ein weltbekannter Sehnsuchts- und Faszinationsort der Romantik“ gewesen, sagt Uta Coburger, Konservatorin der Staatlichen Schlösser und Gärten für Mannheim und Heidelberg. 1775 ist Goethe jung, gerade mal 26 Jahre, aber bereits als Schriftsteller und Dichter berühmt, denn zwei Jahre zuvor ist sein „Götz von Berlichingen“ erschienen.

„Um Abstand von einer krisenreichen Liebschaft zu gewinnen“, so Coburger, folgt der junge Autor der Einladung von Freunden. Denn erst hat er bei einem Ball in Weimar Charlotte Buff kennengelernt, den ganzen Abend mit ihr getanzt – doch sie ist bereits verlobt. Dann scheitert seine Verlobung mit der Frankfurter Bankierstochter Lili Schönemann an unterschiedlichen Lebensentwürfen und Konfessionen. Von Frankfurt am Main bricht er daher 1775 zu einer Wanderung in Richtung Zürich auf – eine Reise, die ihn auch nach Heidelberg führt.

Von französischen Truppen und Blitzeinschlag zerstört

Wegbegleiter Goethes sind die Brüder Graf Christian und Graf Friedrich zu Stolberg sowie Christian von Haugwitz, wie Goethe beide Mitte 20. „Es ist ein wilder, unbändiger, aber sehr guter Junge. Voll Geist, voll Flamme. Und wir lieben uns schon so sehr“, schreibt Friedrich seiner Schwester am 17. Mai aus Heidelberg über die Reisegruppe. Schon nach Karlsruhe weitergereist, schildert der Graf begeistert das Heidelberg Schloss und den „gesprengten Turm“ bzw. „Krautturm“: „Da ist ein alter, runder, hoher Thurm, der vom Blitz gespalten ist; die eine Hälfte liegt gesunken und die andere steht, das ist so malerisch, wie ich noch nie etwas gesehen habe“.

Sonderführung

Bei der Kostümführung am Samstag, 17. Mai, um 16.15 Uhr erzählt eine als Weingärtnerin Margarete verkleidete Mitarbeiterin vom Besuch Goethes und über die Kurpfalz zur damaligen Zeit.

Für die Teilnahme an der Sonderführung ist eine telefonische Anmeldung unter +49 (0) 62 21-65 88 80 oder per E-Mail an service@schloss-heidelberg.com erforderlich.

Im Anschluss an die Führung findet um 17.30 ein Blasmusikkonzert an der Goethebank im Schlossgarten statt.

Preise: Erwachsene 9 Euro (zuzüglich Schlossticket 11 Euro) Ermäßigte 6 Euro (zuzüglich Schlossticket 5,50 Euro).

Öffnungszeiten: Schlosshof, Altan und Fasskeller Mo bis So, Feiertag 9 bis 18 Uhr. pwr

1764 waren nämlich bei einem Gewitter zwei Blitze eingeschlagen, im Gläsernen Saalbau sowie im Dach des direkt angrenzenden Glockenturmes. Das Feuer zerstört endgültig all das, was nach den Verwüstungen und Sprengungen durch französische Truppen im pfälzischen Erbfolgekrieg 1689 und 1693 übrig geblieben oder notdürftig wieder aufgebaut worden war.

Besonders das große Fass hat es Goethe angetan

Doch Goethe gefällt das. „Die Stadt in ihrer Lage und mit ihrer ganzen Umgebung hat, man darf sagen, etwas Ideales, was man sich erst deutlich machen kann, wenn man mit der Landschaftsmalerei bekannt ist, und wenn man weiss, was denkende Künstler aus der Natur genommen und in die Natur hineingelegt haben“, beschreibt Goethe später seine Faszination für Heidelberg. Besonders das „Große Fass“ des Kurfürsten Carl Theodor, das mit seinen 220.000 Litern Fassungsvermögen schon damals über die Region hinaus bekannt gewesen sei, habe den Dichterfürsten interessiert, ja fasziniert, weiß Uta Coburger.

Eine aquarellierte Federzeichnung des Heidelberger Schlosses von Goethe. © Staatliche Schlösser und Gärten

Von diesem ersten Aufenthalt sind zwar keine Zeichnungen vom Heidelberger Schloss von der Hand Goethes erhalten, nur der bei der Reise besuchten Schweizer Orte, aber später angefertigte Aquarelle und Zeichnungen Goethes von der Ruine. Im Juli 1775 macht die Reisegesellschaft wieder Station in Heidelberg, ehe Goethe ab 22. Juli Frankfurt erreicht. Ende Oktober 1775 weilt Goethe aber wieder in Heidelberg bei seiner mütterlichen Freundin Dorothea Delph in der Hauptstraße 196 in der Altstadt, die den jungen Dichter angeblich an den Mannheimer Hof verheiraten will. Doch Anfang November überbringt ein Bote von Herzog Carl August von Sachsen-Weimar ihm die Einladung nach Weimar, wo ihm der Herzog ein Ministeramt und die Leitung des Hoftheaters anvertraut. Und so zerschlagen sich die Mannheimer Hochzeitspläne. Aber Goethe kommt noch mehrfach in die Kurpfalz, schildert etwa 1797 begeistert„das alte verfallene Schloß in seinen großen und ernsten Halbruinen“.

„Goethe hat mit seinen Werken zur romantischen Verklärung des Schlosses und seinem Ruhm beigetragen“, hebt Uta Coburger dankbar hervor. An den Besuch Goethes erinnern heute sowohl eine Büste des Dichters als auch die 1922 aus Muschelkalkstein aufgestellte Goethe-Bank im Schlossgarten. Auf der Lehne ist ein Wiedehopf zu sehen. Der gilt im Orient als Liebesbote – eine Anspielung auf Goethes Gedichtsammlung „West-östlicher Divan“.

Das legendäre Fass im Heidelberger Schlosskeller. © Anja Stangl/SSG

Redaktion Chefreporter

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