Denkmalschutz

Wie zwei Architekten eine alte Mühle in Heidelberg wachküssen

Es war Liebe auf den ersten Blick: Sandra und Daniel Albiez besichtigten 2005 zum ersten Mal die Bühlerschen Mühle. Seit 2016 modernisieren sie das Gebäude mit viel Hingabe

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Michaela Roßner
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Bauherren und Bürgermeister: Daniel (v.l.) und Sandra Albiez mit Baudezernent Jürgen Odszuck vor der Bühlerschen Mühle in Wieblingen. © Philipp Rothe

Von Michaela Roßner

Fast 20 Jahre haben die Architekten die alte Bühlersche Mühle im Heidelberger Stadtteil Wieblingen schon im Blick. Seit acht Jahren gehört ihnen die Industrieruine. In einem ersten Bauabschnitt entstanden im Hauptgebäude Räume für Gewerbe und Wohnungen. Nun soll das frühere Lager ebenfalls in Wohnraum umgebaut werden.

Hier soll eine weitere Wohnung eingerichtet werden. © Jegliche Verwendung ist honorarp

Viel schöner als ein Wasserbett: Wer im Untergeschoss der Mühle steht, hört stetes Rauschen. Das Wasser fließt unter dem Haus hindurch. Dem Neckar ist hier ein kleiner Strom abgezweigt, der alte Mühlenkanal. „Der Fluss sieht jeden Tag anders aus“, sagt Sandra Albiez. Sie hat die alte Mühle zusammen mit ihrem Mann Daniel vor dem kompletten Verfall gerettet – mit viel Engagement, Nerven und Geld. Nun zeigte das Paar Baubürgermeister Jürgen Odszuck und Vertretern des Denkmalschutzes das Objekt.

Liebe auf den ersten Blick

Entdeckt haben die beiden Architekten die Mühle 2005: Das Hoftor stand offen, und Karl Wilhelm Bühler, der letzte aktive Müller, sah ihre neugierigen Blicke und lud sie ein, sich die Mühle anzuschauen. Es war Liebe auf den ersten Blick. Als 1990 der Mühlenbetrieb aufgegeben wurde, entwickelten die beiden Architekten ihre Vision von der modernen Nutzung – und blieben dran. 2016 kauften sie das Mühlenhaus, das sich seit 1972 nicht verändert hatte.

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Doch die Mühle hat eine weitaus längere Geschichte, ist sie doch bereits im Lorscher Kodex – sozusagen dem ersten Grundbuch der Region – erwähnt. Im Jahr 789 war das. Im Eigentum der Kirche und später des Kurfürsten, wurde die Mühle wie ganz Wieblingen im Pfälzischen Erbfolgekrieg abgebrannt. Erst 1728 war sie wieder aufgebaut. Ein großes Hochwasser 1788 und ein weiterer Brand 1875 setzten dem Gebäude erneut zu. Im Zweiten Weltkrieg traf die Mühle eine Bombe. Dem schnellen Wiederaufbau geschuldet ist eine Westfassade aus den 1950er-Jahren, die nicht erhalten werden musste. Stattdessen erschließt heute ein Laubengang, der mit Metalllamellen verziert ist, die Eingänge zu vier Wohnungen und genauso vielen Gewerbeeinheiten. Auch Architekt Albiez hat hier sein Büro. Christina Laube und Mehrdad Zaeri bemalten eine Fassade daneben mit einem fischähnlichen Wesen. Im Erdgeschoss soll noch ein Café einziehen, ein herrlicher Garten mit Blick auf den Neckar wartet ebenfalls noch auf seine Realisierung.

Alte Geräte werden in die neue Nutzung einbezogen. © Jegliche Verwendung ist honorarp

„Wir als Stadt nehmen die Aufgabe des Denkmalschutzes sehr ernst, um die Spuren der Heidelberger Geschichte nicht nur zu bewahren und zu schützen, sondern sie für die Menschen erlebbar zu machen“, freut sich Odszuck über den Fortschritt des Objekts. Interessiert ließ er sich im alten Lager die geplanten Arbeiten erklären, für die die Baugenehmigung noch aussteht. Zunächst widmeten sich die Bauherren der Statik: Um die Senkungen zu richten, wurde das gesamte Gebäude mittels Hydraulik-Pumpen angehoben und stabilisiert. „Attraktives Wohnen im Denkmal, eine Symbiose von Denkmalschutz und die Schaffung von Wohnraum sind eine Chance, das Bauen im Bestand attraktiv und nachhaltig zu gestalten und so den historischen Wert unserer Stadt zu erhalten“, zeigt sich der Baubürgermeister angetan.

Alte Teile mit neuer Funktion

Die weiß lackierten Rahmen und helltürkisenen Lamellen-Fensterläden für die neuen Wohnungen liegen bereit: Die original Bauteile sind in der Werkstatt der JVA aufgearbeitet worden. Nachhaltigkeit liegt den neuen Eigentümern bei der Sanierung des historischen Gebäudes sehr am Herzen. Soweit möglich, werden Bauteile oder Maschinen neu und dekorativ weiterverwendet.

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Mühlsteine geraten zu Treppenelementen, Metalleinfassungen der Mühlsteine werden zu Umrandungen in anderer Funktion. Außerdem sollen die Wände einen Putz aus Stroh oder Hanf und Lehm bekommen, der für ein gesundes Raumklima sorgt. Dass der Neckar auch mal aufbrausend werden kann, ist berücksichtigt: Der Technikraum aus Beton ist hochwassersicher.

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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