Heidelberg. Mit Schwung wirft Tierpfleger Tobias Kremer einen Apfel über den Zaun des Elefantenhauses im Heidelberger Zoo. Elefantenbulle Ludwig hat sein Maul weit geöffnet und hält den Rüssel nach oben gestreckt. Das Tier kennt das Prozedere, denn Kremer und sein Team trainieren täglich mit den vier Elefanten im Zoo. „Das ist wichtig, damit medizinische Behandlungen wie das Impfen oder die Blutabnahme stressfrei und vor allem ohne Narkose funktionieren“, erklärt Kremer. Auf ein Zeichen des stellvertretenden Revierleiters hebt Ludwig den faltigen Rüssel. Zur Belohnung gibt es süßes Obst, das mögen die Elefanten besonders gerne.
Tobias Kremer ist „Landesbester Tierpflegemeister“
Tobias Kremer arbeitet seit 25 Jahren in der Tierpflege und ist kürzlich in Berlin als „Landesbester Tierpflegemeister“ ausgezeichnet worden. Die dreijährige Ausbildung zum Tierpfleger hat er im Kölner Zoo absolviert, 2008 kam er schließlich nach Heidelberg. Während der Corona-Zeit habe er plötzlich viel Zeit gehabt, erklärt Kremer. Die zusätzliche Zeit wollte er nutzen, um etwas Neues zu lernen. So suchte er im Internet nach Möglichkeiten, sich beruflich weiterzubilden — und wurde fündig. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin bietet in Teltow bei Berlin als einzige in ganz Deutschland die Fortbildung zum Tierpflegemeister an. Voraussetzung dafür sind der Ausbilderschein und mindestens zwei Jahre Berufserfahrung als Tierpfleger. „Ich habe mich mit meinem Team und der Geschäftsleitung besprochen. Alle haben mich direkt bei meinem Vorhaben unterstützt, dafür bin ich sehr dankbar“, meint der 47-Jährige.
Beruf des Tierpflegers
- Die Ausbildung zum Tierpfleger ist abhängig vom Bundesland und dauert in der Regel drei Jahre.
- Es sind drei Schwerpunkte möglich: Forschung und Klinik, Zootierpflege sowie Tierheim- und Pensionstierpflege.
- Die Ausbildung ist in Schulblöcke und Praxisphasen unterteilt. Die nächste Berufsschule ist in Ettlingen.
- Etwa alle drei Monate wechseln die Auszubildenden innerhalb des Zoos die Bereiche. In Heidelberg sind aktuell sieben Auszubildende beschäftigt.
- Die einzige Möglichkeit zur anschließenden Weiterbildung in Deutschland gibt es in Teltow bei Berlin. Dort absolvieren pro Jahr rund 20 Tierpflegende ihre Meisterprüfung.
Im März 2021 ging es dann das erste Mal für zwei Monate Blockunterricht nach Teltow. Ab dann reiste Kremer alle zwei Monate für zwei Wochen am Stück über 600 Kilometer quer durch die Bundesrepublik, um unter anderem in Betriebswirtschaftslehre, Recht, Personalführung, Planung, Bau und Instandhaltung sowie Qualitätsmanagement unterrichtet zu werden. Er lernte, Personal zu führen, Baustellen zu organisieren und wie man kosteneffizient einen Betrieb leitet. Seine mündliche Prüfung schloss er schließlich mit „hervorragend“ ab. Seit der offiziellen Preisverleihung im November 2023 ist Tobias Kremer nun „Landesbester Tierpflegermeister“.
Die Arbeit mit den Elefanten ist für den 47-Jährigen etwas ganz Besonderes. „Elefanten sind sehr intelligent und haben ein komplexes Sozialverhalten“, erklärt er. Ihre Größe sei beeindruckend, die Charaktere der vier grauen Zoobewohner ganz individuell. „Yadanar’ ist ein richtiges Herzchen“, berichtet Kremer, während er einen Eimer mit reifen Äpfeln füllt. Manchmal kommen auch kleine Mengen Brot zur Belohnung zum Einsatz. In Heidelberg gehen die Pfleger nicht zu den Elefanten ins Gehege, stattdessen arbeiten sie im geschützten Kontakt. Gefüttert und trainiert wird von außen. Auf ein Kommando von Kremer kniet Yadanar sich in den Sand. Er ist seit 2014 im Heidelberger Zoo und damit der Älteste der Gruppe.
Zwischen den Dickhäutern geht es manchmal ziemlich rabiat zu — das liegt am Alter der Jungbullen. „Minh-Tan ist der jüngste und aktuell ein rotzfrecher Rabauke“, sagt Kremer und lacht. In seiner pubertären Phase teste der Bulle die Grenzen aus und ecke auch mal bei seinen Mitbewohnern an. Schnell schnappt er sich einen der Äpfel, die Kremer in das Gehege wirft, und verschwindet wieder. „Sie sind alle auf ihre Art und Weise liebenswert“, macht Kremer deutlich.
Im Heidelberger Zoo sollen gute Fachkräfte ausgebildet werden
Seit August vergangenen Jahres ist er als Ansprechpartner für die Betreuung der Auszubildenden und der Freiwilligen im Bundesfreiwilligendienst (BFD) im Zoo Heidelberg zuständig. „Wir wollen hier in Heidelberg gute Fachkräfte ausbilden“, sagt der 47-Jährige und erklärte, dass der Fachkräftemangel auch in seinem Metier spürbar sei. „Man macht sich eben dreckig, arbeitet bei Wind und Wetter und muss auch mal zeitlich flexibel sein“, berichtet er vom körperlich herausfordernden Beruf des Tierpflegers. „Für mich ist es kein Beruf, sondern meine Berufung“, betont er. Jeden Tag gehe er gerne zur Arbeit; seine Kollegen sind wie eine zweite Familie für ihn.
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Insgesamt gibt es im Zoo fünf Bereiche: den Bauernhof, das Affenrevier, das Raubtierrevier, die Fasanerie und das Elefantenrevier. Als stellvertretender Revierleiter ist Kremer für Letzteres mitverantwortlich. Dazu zählen neben den Elefanten unter anderem auch das Afrikahaus, die Zebras, die Blessböcke, verschiedene Hühnerarten und die ägyptischen Landschildkröten.
„Unsere Hauptaufgaben sind Fütterungs- und Reinigungsarbeiten“, erzählt Kremer. Rund vier große Radladerschaufeln voller Kot und Essensreste holen die Tierpfleger jeden Tag aus dem Habitat der Elefanten. Aber auch kleinere interne Baustellen, Absprachen — beispielsweise mit freiwilligen Helfern — und das Training gehören dazu.
Mit rund fünf Jahren ziehen die Elefanten nach Heidelberg, um dort mit männlichen Artgenossen in einer Gemeinschaft zu leben. Etwa mit 15 Jahren wechseln die Elefanten dann in eine andere Herde, meistens zur Zucht. Wann es soweit ist und wohin es für die Tiere geht, legt das Europäisches Erhaltungszuchtprogramm (EEP) fest. Bis dahin werden die vier Elefantenbullen vom Team um Tobias Kremer umsorgt.
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