Heidelberg. Seit mehr als zwei Jahren ist der Karlstorbahnhof an seinem neuen Standort in der Heidelberger Südstadt erfolgreich. Doch Anwohner klagen seit Monaten über Lärmbelästigungen, die besonders bei Veranstaltungen mit tiefen Bässen im Wohngebiet als vibrierendes Klirren nerven. Noch im ersten Quartal 2025 sollen diese Probleme ganz konkret angegangen werden, versprechen Kulturbürgermeisterin Martina Pfister (Grüne), Bau- und Erster Bürgermeister Jürgen Odszuck (CDU) und Cora Malik, die Geschäftsführerin des soziokulturellen Zentrums. Darum geht es:
Vor-Ort-Termin: Bei einem Vor-Ort-Termin am Donnerstag, 9. Januar, hatten sich die Mitglieder des Konversionsausschusses über die Situation und mögliche Lösungen informiert. „Ein sehr positives Treffen“, fasst Pfister zusammen. „Von der Suche nach konstruktiven Lösungen geprägt“, findet Malik. „Keiner ist rausgegangen mit dem Eindruck, dass hier leichtfertig oder gar fahrlässig gebaut worden ist“, sagt Odszuck. Die Gemeinderäte hätten den Bau- und Lärmschutz-Experten ausgiebig „Löcher in den Bauch fragen“ können.
- Lärmquellen: Der Karlstorbahnhof hat nicht eines, sondern gleich drei Lärmprobleme. Das haben ein Gutachten und weitere Tests vor Ort ergeben.
- Lärm 1: Der Klub K im Obergeschoss ist ein Neubau, der nach den Maßgaben des Passivhausstandards gebaut wurde. Doch die Rauchwarn-Klappen (RWA-Klappen) auf dem Flachdach - domförmige Deckel, die sich im Fall eines Feuers im Inneren öffnen - vibrieren. Odszuck erklärt, dass bei der Auswahl des Bauteils besonderen Wert auf hohe Wärmedämmwerte gelegt worden sei. Nun sollen zwei Klappen ausgetauscht und durch Elemente ersetzt werden, die besseren Schallschutz garantieren. Das soll bis Ende März erledigt sein, die Kosten dafür sollen sich im „mittleren fünfstelligen Bereich“ bewegen.
- Lärm 2: Komplizierter stellt sich die Situation im großen Saal unten dar, berichten Pfister und Odszuck. Der Saal ist Teil des sanierten Altbaus, der unter Denkmalschutz steht. Scheppernde Geräusche können von der vorgehängten Fassade ausgehen, ebenfalls durch sehr tiefe Bässe ausgelöst. „Die Fassadenelemente sind auf einem Gestell aus Alupaneelen montiert“, erklärt Odszuck. Nun soll geprüft werden, ob es Sinn macht, eventuell ein weiches Material zwischen Fassadenelement und Befestigungskonstruktion zu setzen. Eine Kostenschätzung gibt es dafür noch nicht.
Soziokulturelles Zentrum
- Am 28. Oktober 2022 war Eröffnung des (neuen) Karlstorbahnhofs in der Heidelberger Südstadt.
- 20 Millionen Euro hatte die Stadt in den Umbau der ehemaligen Reithalle am Marlene-Dietrich-Platz investiert.
- Der Karlstorbahnhof ist mit Klub K, Karlstorkino, Café Zentrale und Theater als Mieter eingezogen.
- Zuvor hatte der Karlstorbahnhof seine Adresse über mehrere Jahrzehnte am östlichen Rand der Altstadt, zwischen Karlstor und echtem Bahnhof.
- Anwohner leiden unter der Lärmbelästigung, seit das Kulturhaus den Betrieb auf dem Gelände der früheren Campbell Barracks aufgenommen hat.
- Gleich im ersten Jahr hat das soziokulturelle Zentrum den Programmpreis „Applaus“ für das Programm des Jahres 2023 erhalten.
- Infos zu Programm und Mitmach-Angeboten unter www.karlstorbahnhof.de.
- Lärm 3: Vom Dach des Altbaus gehen ebenfalls Geräusche aus. Als Grund dafür haben die Gutachter die Dachsparren ausgemacht, die aus Beton gegossen und zierlich, aber 15 Meter lang sind (Odszuck: „aus Stahl mit irgendeiner Zementmischung gegossen“). Sie dürften wegen des Denkmalschutzes nicht ausgetauscht werden. Geraten sie in Schwingung durch die Bässe, beginnen die darauf locker liegenden Dachpfannen zu „tanzen“, ist nun herausgefunden worden. Zwei Ideen gibt es nun, das zu verhindern: Die Dachpfannen sollen mit Klammern fixiert und mit einem dämmenden Material, etwa Neopren, unterfüttert werden. Testweise soll das nun in einem kleineren Bereich mit etwa „200 bis 300 Dachpfannen“ getestet werden. Dann will man sehen, welche Effekte das auf die Lärmbelästigung hat - um dann bei Erfolg möglicherweise das gesamte Dach auf solche Art und Weise umzugestalten. Viel schwerer werden darf das Dach auf keinen Fall, wie schon im Dezember im Konversionsausschuss unterstrichen wurde: Das sei auch der Grund dafür, dass keine Solaranlage auf dem Dach sei.
- Subjektives Empfinden: Die Lärmbelästigung ist durch ein Gutachten als nicht tolerabel bewertet. Dennoch gebe es unterschiedliche Wahrnehmungen, berichten die drei Verantwortlichen aus ihren Gesprächen und Recherchen. So litten etwas weiter entfernt wohnende Anwohner zum Teil mehr unter dem Scheppern als jene, die näher dran lebten. Auch das Wetter spielt offenbar eine Rolle.
- Regen und Kälte: Bei Kälte ziehe sich das Material von Dach und Fassade wohl mehr zusammen, die Lärmbelästigung erschien zum Beispiel Odszuck im Winter geringer zu sein als im Sommer. Auch bei Regen, ergänzt Malik, sei weniger zu hören: „weil Regen die Luft verdichtet und Schallwellen bremst“.
- Arbeitsgruppe: Ein „Think Tank“ - also eine Arbeitsgruppe - soll nun gute Ideen liefern für das weitere Vorgehen. Sie soll Mitte Februar tagen. Aus ihrer Heimatstadt Tübingen weiß Pfister, dass mit dem dortigen Veranstaltungshaus „Sudhaus“ im Wohngebiet ähnliche Probleme wie die aus Heidelberg bekannten erfolgreich gemanagt wurden. Experten aus Tübingen sollen daher ebenfalls zum Austausch in die Runde eingeladen werden.
- Zeitplan: Nicht nur der Austausch der Klappen im Klub K solle „zügig“ stattfinden, sondern auch weitere Schritte im großen Saal sollen im ersten Quartal umgesetzt werden. Pfister hofft, dass im Frühjahr eine Lösung vorliegt - die dann noch finanziert und umgesetzt werden muss.
- Programm: Der Karlstorbahnhof und speziell der Klub K fahren aktuell ein reduziertes Programm. Mit den erlaubten zehn Ausnahmegenehmigungen pro Jahr wollen sich Malik und ihr Team „voranrobben“, bis die Mängel beseitigt sind. Im großen Saal sollen unter anderem eine internationale DJ-Konferenz und Veranstaltungen an Halloween und Silvester mit vollen tiefen Bässen laufen. „Ü“- und Indie-Partys kämen hingegen auch ohne diese besonders wummernden Bässe aus.
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