Stadthalle

Warum die Sanierung der "guten Stube" in Heidelberg so lange dauert

Rund 100 Menschen arbeiten auf der Großbaustelle in der Heidelberger Altstadt: Die Sanierung der "guten Stube" macht große Fortschritte. Und es gab einige überraschende Funde

Von 
Michaela Roßner
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Große gelbe Metallscheren tragen den Hubboden im großen Saal der Heidelberger Stadthalle. Seit 2019 ist sie wegen Sanierung geschlossen, Ende 2025 soll Wiedereröffnung sein. © Philipp Rothe

Heidelberg. Es ist die „gute Stube“ der Stadt - aber seit 2019 ist sie geschlossen: Die Heidelberger Stadthalle bekommt für rund 60 Millionen Euro gerade eine „Generalsanierung plus“. Bis Ende 2025 soll das denkmalgeschützte Gebäude am Neckar nicht nur für die nächsten Jahrzehnte fit gemacht werden, sondern wird auch zu einem Konzerthaus aufgewertet. Ein Rundgang auf der Baustelle mit Mathias Schiemer, Geschäftsführer der Heidelberg Marketing und Hausherr.

Gut ein Jahr hat sich die Fertigstellung bereits verzögert. Eigentlich sollten das neue Heidelberg Congress Center (HCC) und die sanierte Stadthalle einmal gleichzeitig öffnen: das eine für Kongresse, das andere für Konzerte und all die Festivitäten, die hier schon immer stattfinden, vom Tanzschulen-Abschlussball bis zur Fastnachtsfete.

Mathias Schiemer, Chef von HeidelbergMarketing, führt den stellvertretenden RNZ-Lokalchef Holger Buchwald durch die Stadthallenbaustelle. © Philipp Rothe

Mit rund 57 Millionen Euro haben sich die Sanierungskosten in wenigen Jahren mehr als verdoppelt. Die Krise auf dem Bausektor und die Pandemie sowie böse Überraschungen nach dem Start des Rückbaus werden als Ursachen genannt. Hinzu kamen juristische Auseinandersetzungen mit Anwohnern.

Die Sanierung wird privat finanziert: Rund 33,5 Millionen Euro spendet Ehrenbürger Wolfgang Marguerre aus seinem Privatvermögen, 23,5 Millionen schießt sein Unternehmen Octapharma hinzu. Deshalb hat der Gemeinderat auch beschlossen, den großen Saal Wolfgang-Marguerre-Saal zu nennen und den Sebastian-Münster-Saal nach Octapharma.

Mathias Schiemer zeigt Farbproben: Das Denkmalamt entscheidet mit. © Jegliche Verwendung ist honorarp

300 000 Euro, erklärt Schiemer, seien allein zusätzlich fällig geworden, damit ein Blauglockenbaum auf dem Montpellierplatz erhalten wird. Die Technikzentrale, die hier Heizung und Lüftung in einem Neubau unter der Erde aufnimmt, ist quasi um den Baum herumgebaut worden.

Rund hundert Menschen arbeiten durchschnittlich jeden Tag hier auf der Großbaustelle. Sie verteilen sich auf mehrere „Unterbaustellen“ in den verschachtelten Räumen, an denen parallel gewerkelt wird. Schon der erste Eindruck ist überwältigend: Durch verschiedene Öffnungen entsteht ein ganz neues, großzügiges Raumgefühl.

Wintergarten zur B 37 hin ist bereits fertig

Das zeigt sich sofort, wenn man durch die großen Holztüren vom Jubiläumsplatz hineingeht. Gleich links kommt ein Aufzug für Menschen mit Behinderungen hin. Aus dem Foyer oben ist die lange, dunkle Bar verschwunden. Wo sie stand, ist nun auch die Wand zum großen Saal geöffnet worden. Die historischen Holztüren sind im Moment ausgebaut und werden aufgearbeitet, bei Konzerten werden sie das Foyer abschließen. Eine kleinere, runde mobile Bar - ähnlich wie die Gastro-Möbel im HCC - wird künftig zum Begrüßungstrunk aufgebaut. Links ist schon erkennbar, wo im großen Saal zur Nordseite hin noch eine Glaswand eingezogen wird, die einen transparenten Gang Richtung Meriansaal bildet. Und auch einen Wintergarten gibt es nun: Der Portikus über dem Neckar beziehungsweise der B 37 hat eine Haube aus Glas bekommen. Das öffnet weitere Ein- beziehungsweise Durchblicke. Vieles, was nun zurückgebaut wird, ist in den 1970er- und 1980er-Jahren in die Stadthalle gekommen. Etwa eine Wand hinter der Bühne, die bereits verschwunden ist, was die alte Voit-Orgel wieder viel besser in den Blick rückt. Saniert wird das 120 Jahre alte Gebäude unter der Federführung der Gesellschaft für Grund- und Hausbesitz (GGH). Die Umbaupläne von Architekt Felix Waechter wurden nicht nur wegen der neuen Technikzentrale unter dem Montpellierplatz, sondern auch wegen einer weiteren Neuerung sehr lange diskutiert: Ein Hubboden im großen Saal macht es möglich, Zuschauerränge und Orchesterpodest auf unterschiedliche Niveaus herunterzufahren.

Nun ist der Hubboden eingebaut. Vom Keller aus ist die Neuerung besonders beeindruckend: Riesige gelbe Metallscheren öffnen und schließen sich auf Knopfdruck und tragen die Last von Stühlen, Besuchern und Orchester. „Im nächsten Schritt wird das Parkett eingebaut“, sagt Schiemer.

Ein Teil des bis zur Decke reichenden Baugerüsts ist bereits wieder abmontiert. Eine neue Wand gibt es auf der linken Seite der Bühne: Sie trennt die - nun etwas kleinere - Küche vom neu entstandenen Backstage-Bereich. Künstler steigen hier künftig, unsichtbar für die Besucher im großen Saal, aus dem Aufzug, der sie aus dem Keller nach oben gebracht hat. Dort unten sind nämlich neue, großzügige Künstlergarderoben entstanden. Der Meriansaal hat sich ebenfalls schon verändert: Auch hier ist ein kleiner Bereich abgetrennt, damit dahinter moderne Behinderten-Toiletten Platz bekommen.

Überraschungen beim Rückbau

Seit August 2019 ist die Stadthalle geschlossen. Beim Rückbau habe es neben bösen Überraschungen wie Mängeln an der Bausubstanz, auch schöne Momente gegeben: So entdeckte man, nachdem nachträglich eingezogene Mauern entfernt waren, eine wunderbare hölzerne Schiebetür sowie Wandgemälde, die hinter Regalen einen Dornröschenschlaf hielten. Beides freut auch den Denkmalschutz, der die Sanierung eng begleitet.

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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