Wohnungsbau

Warum die künftigen Mieter im Hospital-Areal Geld zurückbekommen

600 Wohnungen entstehen auf dem Gelände des ehemaligen Hospitals in Heidelberg. 191 geförderte Mietwohnungen baut die städtische Tochter GGH. Warum einige Mieter damit rechnen können, vom Vermieter Geld zurück zu bekommen

Von 
Michaela Roßner
Lesedauer: 

Heidelberg. Fanny-Hensel-Straße, Katharina-von-Künßberg-Platz und Ossip-Mandelstam-Straße: Noch haben selbst Taxifahrer Probleme, diese Adressen im Heidelberger Stadtgebiet aus dem Gedächtnis zu finden. Das soll sich bald ändern: Auf dem Gelände des ehemaligen US-Hospitals im Stadtteil Rohrbach entstehen 600 neue Wohnungen. Allein die städtische Gesellschaft für Grund- und Hausbesitz (GGH) baut derzeit 191 geförderte Mietwohnungen. Im Herbst soll Richtfest gefeiert werden, ab 2026 werden die Wohnungen vermietet. Das Besondere: Ein Großteil der Mieter bekommt sogar Geld zurück, denn die Miete soll sie am Ende nicht mehr als ein Drittel ihres Einkommens kosten.

Newsletter "Guten Morgen Mannheim!" - kostenlos registrieren

Einige Fenster sind schon eingebaut, ein erster Eindruck von den Ein- bis Fünf-Zimmer-Wohnungen ist bereits möglich: Baubürgermeister Jürgen Odszuck, zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der GGH, und Peter Bresinski, Geschäftsführer der GGH, machten sich am Montagnachmittag vor Ort im Heidelberger Süden ein Bild vom Baufortschritt. Balkone zum später grünen Innenhof, helle Räume und kompakte Schnitte zeichnen die neuen Wohnungen aus. Die Häuser sind im Hochparterre gebaut - auch, um den Erdgeschoss-Bewohnern Sichtschutz zu gönnen.

Konversionsfläche neun Hektar groß

Neun Hektar groß ist die Konversionsfläche „Hospital“, die die Stadt im Oktober 2018 gekauft hat. Unter der Regie der GGH haben sich Heidelberger Bauunternehmer zur „Arbeitsgemeinschaft Hospital (ARGE)“ zusammengeschlossen. Neben der Kraus-Gruppe und Epple Immobilien sind es Kalkmann Wohnwerte, Deutsche Wohnwerte und Conceptaplan aus Dossenheim. Die GGH als „Chefin“ der Gruppe ist für die Erschließung zuständig und hat den anderen Partnern die Grundstücke verkauft.

Heidelberger Bauträger arbeiten zusammen

Die Bauträger bauen für ganz unterschiedliche Kunden. So entstehen Miet- und Eigentumswohnungen im günstigeren und im gehobeneren Preissegment. Gemeinsam mit Kalkmann Wohnwerte und Conceptaplan entwickelt Epple drei Baufelder im Nordwesten des Gesamtareals: „hiLde - made in heidelberg“ ist bereits in der Vermarktung. Fünf Häuser mit 56 Eigentumswohnungen entstehen bis 2026 an der Hilde-Domin-Straße.

GA_MHD_Hospital_Quartier © Grafik MM

Mit einem 7000 Quadratmeter großen Park als „grünes Herz“ wird für das neue Stadtviertel geworben. Damit es auch durch möglichst abwechslungsreiche Architektur glänzt, schauen sich die sechs Partner gegenseitig auf die Finger: „Jeder Bauträger musste den anderen drei Entwürfe für sein Baufeld vorlegen. Bei der Abstimmung der Jury war der jeweilige Bauträger nicht stimmberechtigt“, erklärt der Erste Bürgermeister Odszuck. Den kleinen Architekturwettbewerb für die ersten beiden GGH-Baufelder „WA5“ und „WA4“ im Süden des Areals hat das Schweizer Büro Degelo gewonnen. Die Architekten des kürzlich in Betrieb genommenen Heidelberg Congress Centers (HCC) in der Bahnstadt möchten 19 Einzelhäuser in knapp einem halben Dutzend L-förmiger Gebäude gestalten.

Der Mannheimer Morgen auf WhatsApp



Auf unserem WhatsApp-Kanal informieren wir über die wichtigsten Nachrichten des Tages, empfehlen besonders bemerkenswerte Artikel aus Mannheim und der Region und geben coole Tipps rund um die Quadratestadt

Jetzt unter dem Link abonnieren, um nichts mehr zu verpassen

Für jedes „Haus im Haus“ hat das Büro ein eigenes Planungsteam benannt, das jeweils nicht wisse, welche Ideen die anderen Teams mit ihrem eigenen Gebäuden verwirklichten. Sowohl die Gebäudehöhe, als auch die Fassadengestaltung und die Grundrisse der Wohnungen werden unterschiedlich sein.

Gebaut wird ebenfalls nicht „von der Stange“ - sprich mit vorgefertigten Elementen -, sondern ganz traditionell „Stein auf Stein“. Die roten Porotonsteine mit ihren gedämmten Hohlräumen halten im Winter die Kälte und im Sommer die Hitze draußen, erklärt Bresinski. Lange Diskussionen hatte es im Vorfeld im Gemeinderat und bei den Planern darüber gegeben, wie klimafreundlich die Vorgaben für das Viertel sein sollen. Eine weitere Passivhaus-Siedlung sollte es nicht geben, vor allem, weil das das Bauen deutlich teurer gemacht hätte.

Kein Passivhausstandard wie in der Bahnstadt

Nun gilt der Wert KfW 55 als Gebäude-Standard, ein von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) entwickelter Standard für energieeffiziente Häuser. Das KfW-Effizienzhaus 55 benötigt nur 55 Prozent der Energie eines konventionellen Neubaus. Solaranlagen auf den Dächern zahlen ebenfalls auf die CO2-Bilanz ein. „Wir stehen dafür, dass diese Gebäude am Ende eine bessere Ökobilanz haben als andere“, unterstreicht Odszuck. Tiefgaragen gibt es hier nicht, es gilt ein reduzierter Stellplatzschlüssel von 0,7. Anwohner und Besucher parken in der Hochgarage, die die GGH an der Freiburger Straße bauen wird. „Maximal 200 Meter von hier zur Haustür“ müssen die künftigen Bewohner zu ihren Wohnungen im autofreien Kern des Gebiets laufen - oder Lastenräder sowie Handkarren nutzen.

Mit Blick auf die Rohbauten der GGH sagt Odszuck: „Hier können wir viel für das tun, was uns mit am meisten bewegt.“ Fehlender Wohnraum im bezahlbaren Segment ist seit Jahren ein großes Thema in der Stadt. Haushalte der unteren und mittleren Einkommensgruppen finden kaum Wohnungen in der Stadt. Hier zahlen sie nicht mehr als 30 Prozent ihres verfügbaren Einkommens für die Warmmiete.

Ab 2026 kommen die Wohnungen auf den Mietmarkt

Wie das funktioniert, erklärt Bresinski: Die Mieter bewerben sich mit einem Wohnberechtigungsschein um die Wohnungen und müssen danach alle zwei Jahre nachweisen, dass ihr Gehalt niedrig bleibt. Das unterscheidet die Förderung von der herkömmlichen Vermietung von Sozialwohnungen: Wer einmal eine Sozialwohnung mit Wohnberechtigungsschein bekommen hat, kann dort wohnen bleiben.

Macht die Warmmiete in dem „Hospital“-Projekt der GGH mehr als ein Drittel des Einkommens aus, bekommt der Mieter regelmäßig eine Überweisung, die die Mehrbelastung ausgleicht. „So sollen die günstigen Wohnungen möglichst fair an die vermietet werden, die wirklich Unterstützung benötigen“, unterstreicht Bresinski. Vor allem Familien mit einem Haushaltseinkommen von um 50 000 Euro würde davon profitieren.

Geld aus Grundstückverkauf fließt an die Mieter

Bezahlen werde die GGH diese direkte Förderung aus einem Geldtopf, der aus dem Verkauf der „Hospital“-Grundstücke an die ARGE-Partner gefüllt wurde. Damit das System klappt, muss die Stadtverwaltung die Überprüfung der Einkommensverhältnisse übernehmen. Ob die Rechnung insgesamt aufgeht, werde die Erfahrung zeigen: „Wir verstehen das hier auch als eine Art Pilotprojekt“, sagt Bresinski.

Einen Treffpunkt hat das Viertel indes schon - fast: Im Frühsommer 2025 möchte die Stadt mit dem Umbau der Chapel beginnen. Das Kirchengebäude aus den 1930er-Jahren wird zum Nachbarschaftstreff. Rund 1,5 Millionen Euro kostet der Umbau, die Stadt erhält Fördermittel des Landes in Höhe von 561 000 Euro.

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke