Sirenennetz

Warnung im Notfall: Sirenen in Heidelberg aufgebaut

Als 2019 plötzlich blaues Wasser aus der Leitung sprudelte fuhr die Feuerwehr durch die Straßen, um die Bevölkerung zu warnen. Schneller und effizienter können das Sirenen. Warum die nun wiederaufgebaut werden müssen

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Michaela Roßner
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Auf dem Dach des Möbelhauses „Breitwieser“ Süd erklären die Sirene Heiko Holler (v.l.), Peter Lazaus, Eckart Würzner, Claus Johann und Sebastian Schindler. © Philipp Rothe

Heidelberg. Von unten sieht man sie nicht, oben ist sie kaum zu übersehen - und vor allem nicht zu überhören: Auf dem Dach des „Wohnland Breitwieser“-Hauses im Gewerbegebiet Rohrbach-Süd steht nun eine von geplant 25 Sirenen stadtweit.

16 Sirenen in Heidelberg bereits montiert

Die Überschwemmung im Ahrtal vor genau zwei Jahren ist auch deshalb zur Katastrophe geworden, weil die Bevölkerung nicht rechtzeitig und gründlich gewarnt werden konnte vor den Wassermassen. Darin sind sich heute die Experten einig. In der Folge überdachten viele Kommunen ihre Sicherheitsausrüstungen.

„Wir sind sehr froh, dass wir da schon unser neues Alarmierungskonzept erarbeitet und auf den Weg gebracht haben“, betont Oberbürgermeister Eckart Würzner. Denn nun sind bereits 16 Anlagen montiert, die übrigen neun vorgesehenen Sirenen sollen bis Ende August aufgestellt sein.

Sirenennetz

  • Wie in vielen anderen Kommunen ist das Sirenennetz in Heidelberg in den 1990er-Jahren nach und nach abgebaut worden. 95 Sirenen gab es damals insgesamt.
  • Seit 2019 bereitet die Stadt unter der Regie der Feuerwehr den Wiederaufbau des Sirenennetzes vor.
  • Im Februar 2022 stimmte der Gemeinderat dem Auftrag mit einem Volumen von 535 000 Euro zu. Mit 175 750 Euro unterstützt der Bund das Projekt.
  • Über das Stadtgebiet verteilt werden 25 Sirenenanlagen vor allem auf Dächer montiert. 

Ältere Menschen kennen die eingängigen Signalhörner noch aus dem Krieg. In den Jahren danach gab der Bund die Aufgabe der Alarmierung im Katastrophenfall an die Bundesländer ab, erklärt Randolf Holl vom Büro SIQ, das die Sirenenstandorte im Stadtgebiet im Auftrag Heidelbergs ermittelt hat.

„Das Land übertrug die Aufgabe an die Kommunen und Kreise - aus Kostengründen schufen sehr viele Kommunen die Sirenenanlagen, die regelmäßig gewartet werden mussten, ab“, fügt der Experte hinzu. Acht Signalhörner und 1200 Watt hat die Anlage auf dem großen Möbelhaus. Damit ist sie nicht die größte Anlage in Heidelberg, aber stattlich: In anderen Bereichen schallen die neuen Sirenen mit 65 Dezibel und der Kraft aus 600 Watt.

Unterschiedliche Töne bedeuten Gefahr oder Entwarnung

Es gibt zwei unterschiedliche Tonfolgen: Ein Auf und Ab der Tonhöhe meldet eine Gefahr, ein Dauerton auf gleicher Höhe gibt Entwarnung. Die stärkste Anlage steht mit 2400 Watt auf der Hauptfeuerwache in der Bahnstadt. „Jede Anlage wird individuell auf das jeweilige Dach angepasst“, beschreibt Sebastian Schindler, Projektleiter bei der Firma Hörrmann Warnsysteme. So habe man auf einem Schieferdach und in Abstimmung mit dem Denkmalschutz gearbeitet.

„Für uns war selbstverständlich, dass wir sofort zugesagt haben, als eine Anfrage der Stadt kam“, betonen Peter Lazarus und Claus Johann, die Geschäftsführer von „Breitwieser“: „Es dient ja der Allgemeinheit.“

Schwierige Suche nach dem Standort

„Leider ist es alles andere als selbstverständlich“, kennt Holl aus seiner Praxis reihenweise schwierige Verhandlungen. Nicht selten scheuten Hausbesitzer unter anderem den Aufwand, der etwa in einem Lasteneintrag im Grundbuch bestehe. Die meisten der 25 Anlagen werden auf städtische Gebäude oder solche der städtischen Wohnungsbaugesellschaft gestellt. Sieben Alarmierungshörner haben auf Gebäuden Platz gefunden, die Unternehmen und Privatleuten gehören.

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dpa
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Zwei Exemplare bekommen einen Mast und stehen allein. Mindestens einmal im Jahr müssen die Sirenen-Experten zur Wartung der Geräte aufs Dach. Mit einem 20-Tage-Akku ausgestattet ist jede Sirenenanlage autark und kann ohne Stromzufuhr acht Mal laut werden. Alarmiert werden kann unter anderem über den Feuerwehrfunk, erklärt der Kommandant der Heidelberger Feuerwehr, Heiko Holler. 535 000 Euro hatte der Gemeinderat im Februar 2022 für das neue Sirenennetz bereitgestellt. Der Bund fördert die Maßnahme mit 175 750 Euro. Bis die alten Sirenenanlagen in den 1990er-Jahren abgebaut wurden, waren mit fast 100 Stück fast vier Mal so viele Sirenenanlagen über das Stadtgebiet verteilt.

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Heute, beschreibt Holler das Konzept, soll die Bevölkerung im Ernstfall mit einem „Mix“ an Kanälen informiert werden. So werden Katastrophen-Apps wie „Nina“ mit aktuellen Hinweisen gefüttert, die städtische Internetseite liefert Hinweise, die sozialen Netzwerke von Stadt und Feuerwehr werden bestückt, es gibt digitale Anzeigentafeln und natürlich die regionalen Medien. „Aber nicht jeder hat sein Handy immer im Blick“, verweist Holler auf eher ältere Menschen und die Nachtstunden. Bei Bedarf hat die Feuerwehr zudem die Möglichkeit, mit Lautsprecheranlagen durch die Straßen zu fahren. Das wurde auch in den vergangenen Jahren genutzt - etwa, als sich im Februar 2019 plötzlich in Dossenheim das Wasser blau färbte.

Bundesweiter Warntag am 14. September

Zum bundesweiten Warntag am 14. September wird man die Heidelberger Sirenen vermutlich noch nicht alle hören können. „Das wäre ein sehr ambitioniertes Ziel“, winkt Holl ab. Aber im Spätherbst soll der Testbetrieb starten. Dabei sind Bürgerbeteiligungen vorgesehen, bei denen Bewohner der einzelnen Stadtteile mitteilen können, wie gut der Katastrophen-Warnton bei ihnen ankam. Auch wer hinter Schallschutzfenstern lebt, werde ihn wahrnehmen, versprechen die Experten.

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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