Heidelberg. Die Gaslieferungen aus Russland sind gestoppt, die Gasspeicher füllen sich kaum noch: Heidelberg bereitet sich wie andere Kommunen auf eine Gasmangellage ab dem kommenden Herbst vor. Eine Maßnahme: In allen städtischen Gebäuden und Einrichtungen sollen die Temperaturen um 15 bis 18 Prozent heruntergeregelt werden. Oberbürgermeister Eckart Würzner stellte in einem Pressegespräch am Montag vor, was angedacht ist. Dazu gab es einen Appell an die Bevölkerung, sich an diesem Energie-Sparziel zu beteiligen, unabhängig davon, welche Energieform man selbst abonniert habe.
Aktuell würden im Rathaus Konzepte ausgearbeitet, wie das Einsparziel im Detail erreicht werden kann. Denn für besonders sensible Bereiche wie Pflegeeinrichtungen müssten andere Maßstäbe gelten als für Flure von öffentlichen Gebäuden, erklärte Würzner.
Etwa die Hälfte des Gesamt-Energieverbrauchs im Stadtgebiet werde als Wärme verbraucht. Bei privaten Haushalten machten Heizung und Warmwasserbereitung sogar fünf Sechstel des gesamten Energiebedarfs aus, also mehr als 80 Prozent. Deshalb sehen Experten hier auch eine bedeutsame Einsparmöglichkeit: Es gilt die Faustregel: Ein Prozent weniger Raumtemperatur spart sechs Prozent Energie. „Bitte nutzen sie die Möglichkeit der kostenlosen Energieberatung“, warb Würzner für Maßnahmen wie etwa Dämmung der Gebäude.
Thema des Städtetags
Die Situation in den Gasspeichern sei auch Thema bei der Hauptversammlung des Städtetags Baden-Württemberg am Donnerstag und Freitag im SNP Dome in Heidelberg. Das Energiesparen sei zudem ein Akt der Solidarität, denn andere Kommunen würden unter Umständen deutlich härter von einer Gasmangellage getroffen.
Heidelberg strebt seit Jahren danach, eine klimaneutrale Kommune zu werden. „50 Prozent der Innenstadt werden bereits mit grüner Fernwärme versorgt“, nennt der Stadtchef eine Marke, die die Bundesregierung für alle deutschen Kommunen vorgeben möchte. Doch es gibt auch Wohngebiete, die bisher nur mit Gas versorgt werden, etwa Ziegelhausen, aber auch Hanglagen in Handschuhsheim, Neuenheim oder der Südstadt. Von 82 000 Heidelberger Haushalten seien derzeit 24 000 von Gas abhängig. Ein schnelles Umschalten auf „Öko“ sei nicht möglich, da Fernwärme noch nicht überall verlegt sei und Geräte wie Wärmepumpen lange Lieferfristen haben. Eine relativ „entspannte“ Situation? Dennoch würde eine Gasmangelsituation auch die Unistadt am Neckar treffen: Drei Großunternehmen und 26 etwas kleinere Betriebe wären in Heidelberg direkt von einer Drosselung der Produktion wegen des Gas-Lieferenpasses betroffen, weiß Würzner. „Wir sind gut aufgestellt“, fasst der OB zusammen – trotzdem sei Energiesparen das Gebot der Stunde – schon aus Gründen des Klimaschutzes. Die Stadt wolle mit gutem Beispiel vorangehen.
Auch manche öffentlichen Einrichtungen hängen noch an der Erdgasversorgung. Fünf von 15 Sporthallen etwa sind betroffen, außerdem 16 von 28 Schulen im Stadtgebiet – etwa die Grundschule in Ziegelhausen. „Wir werden den Schulbetrieb aufrechterhalten“, betont Würzner und hofft auf Verständnis für die Bitte, die Heizungen etwas herunterzudrehen ab dem Herbst.
Bäder zum Teil betroffen
Zu den Freizeiteinrichtungen, die mit Gas geheizt werden, gehört das Hallenbad Köpfel in Ziegelhausen. Das Thermalbad im Stadtteil Bergheim hingegen wird mit Fernwärme betrieben – und zwar mit dem „Wärmerest“ aus der Leitung auf dem „Rückweg“ ins Großkraftwerk Mannheim. Das sei eine besonders energiesparende Variante.
Das große Tiergartenschwimmbad indes kann ab sofort mit mehr Unabhängigkeit von möglichen Energiekrisen betrieben werden: Neue Photovoltaik und Wärmepumpen machen das möglich. 810 Solarmodule erzeugen mit einer Spitzenleistung von 300 Kilowatt rund 285 Megawattstunden Strom im Jahr. Das entspreche dem Strom für 120 Haushalten. An reinen Sonnentagen decke das den kompletten Bedarf des Bads.
Gert Bartmann, Leiter des Amtes für Sport und Gesundheitsförderung, Maike Carstens, Geschäftsführerin der Stadtwerke Heidelberg Bäder, Oberbürgermeister Eckart Würzner und Badleiter Merlin Pfaus (im Bild oben von links) haben die neue Anlage auf dem Dach der Umkleiden nun präsentiert. Im Jahr würden so 135,5 Tonnen CO2 eingespart. Die Beckentemperatur könne nun schon früh in der Saison auf 24 Grad gebracht werden. Damit könne die Saison früher als wie bisher Ende Mai beginnen – und länger in den Herbst reichen. An Spitzentagen besuchen bis zu 5000 Menschen das Freibad im Neuenheimer Feld. Gleich zur Eröffnung am 22. Mai kamen rund 1000 Badegäste, berichtet Pfaus. Die könnten 2023 schon früher kommen dürfen.
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