Heidelberg. Die Tibet-Fahne darf am 10. März 2021 wieder vor dem Heidelberger Rathaus wehen: Das hat zumindest der Haupt- und Finanzausschuss in seiner öffentlichen Sitzung am Donnerstagabend empfohlen. Seit Mitte der 1990er-Jahre war das Symbol der von China regierten Region jeweils zum Jahrestag des Aufstandes von 1959 gehisst worden – 2019 plötzlich nicht mehr. Das letzte Wort haben die Gemeinderäte der Universitätsstadt in ihrer öffentlichen Sitzung am 23. Juli.
Elf Räte votierten für diesen von der Linken-Fraktion eingebrachten Antrag, drei dagegen, einer enthielt sich. Oberbürgermeister Eckart Würzner begründete die Entscheidung der Stadt damit, dass die Zuständigkeit für das Flaggenhissen in der Verwaltung gewechselt habe und bei der Gelegenheit eine Vereinheitlichung angestrebt worden sei: „Gehisst werden sollen nur Flaggen von Nationen, die die UN anerkennt“, erklärt der Stadtchef.
In den vergangenen Jahren werde immer häufiger die Bitte von Initiativen an die Stadt herangetragen, Flagge zu zeigen. Würzner nannte Katalonien als Beispiel für „zahlreiche“ aktuelle Unabhängigkeitsbestrebungen in Europa. Die Stadt sei bestrebt, zu vielen Staaten gute Beziehungen zu pflegen.
Die Fraktion der Linken hatte den Antrag eingebracht, die Flaggen-Frage in einer „Grundsatzentscheidung“ zu klären. Sahra Mirow begründete die Initiative damit, dass es nicht allein um ein politisches Signale gehe: „Es geht hier auch um Menschenrechte allgemein. Man muss sich zu diesem Thema immer positionieren“, betonte sie. Unterstützung bekam sie von den Grünen, der größten Fraktion: Die Tibet-Frage sei „sehr eng mit der DNA der Partei verknüpft“, betonten Marilena Geugjes und Fraktionschef Derek Cofie-Nunoo.
Soweit wollte Judith Marggraf (GAL) nicht gehen. Aber: „Es gibt keinen Katalonientag, aber es gibt seit 1959 einen Tibettag“, differenzierte sie. Das Hissen der Tibet-Flagge an einem Tag im Jahr sei „kein völkerrechtlich relevanter Vorgang, sondern eine Haltung“, hieß es weiter in dem Ausschuss.
Die SPD schloss sich den Befürwortern des „Flagge zeigens“ an: „Das ist ein Signal für eine Haltung“, erklärte die Fraktionsvorsitzende Anke Schuster. „In Tibet steht eine einzigartige Kultur vor dem Aus, weil elementare Menschenrechte verweigert werden: Drastische Strafen werden verhängt für das Ausüben der Religion, den Gebrauch der eigenen Sprache, jegliche Meinungsäußerung, die nicht auf Parteilinie liegt oder den Versuch, Kontakt zu Verwandten im Exil zu halten“, hatte sich die Heidelberger Tibet-Initiative mit ihrem Sprecher Tsering Ngodup an Würzner und die Fraktionen gewandt.
Dalai Lama kein offizieller Gast
Als der Dalai Lama, das geistige Oberhaupt der Tibeter, im September 2018 die Stadt besuchte, wurde stets betont, dass es keine offizielle Einladung der Stadt sei, sondern das Deutsch-Amerikanische Institut (DAI) der Gastgeber. Der Dalai Lama wurde auch nicht im Rathaus empfangen. Er durfte sich indes ins Goldene Buch der Stadt eintragen.
Seit 2018 pflegt Heidelberg eine Städtepartnerschaft mit Hangzhou im Norden der Provinz Zhejiang, eine der kleinsten, aber zugleich wohlhabendsten Provinzen Chinas. Hangzhou hat rund neun Millionen Einwohner und mehrere Universitäten. Die Metropole ist außerdem Sitz großer chinesischer Unternehmen wie Alibaba.
Chinesische Investoren engagieren sich in Heidelberg unter anderem über die German-Sino-Hi-Tech-Park Holding GmbH, die ihren Sitz im MLP-Turm auf dem Emmertsgrund hat. Auf der Konversionsfläche Patton Barracks entsteht ein deutsch-chinesischer High-Tech-Park.
Tibet-Flagge
- Die Tibet-Flagge zeigt einen verschneiten Berg, zwei mutige Schneelöwen, eine Sonne und sechs rot-blaue Blockstreifen, die für einstmals sechs Volksstämme stehen: So beschreibt die tibetische Exilregierung die Symbolik jener Fahne, die in China verboten ist.
- Auch in Tibet wird ihr Besitz bestraft.
- Seit 1996 ruft die Tibet-Initiative Deutschland Kommunen dazu auf, am 10. März - dem Jahrestag des tibetischen Volksaufstands von 1959 - die Flagge öffentlich zu hissen.
- Auf einer Internet-Liste der Initiative stehen 430 Kommunen, die dem Aufruf folgen. Heidelberg ist auch genannt. Doch seit 2019 weht die Flagge nicht mehr vor dem Rathaus.
- Die Stadt beruft sich auf eine neue interne Regelung, wonach nur Flaggen von Nationen gehisst werden, die von der UN anerkannt sind.
- Der Dalai Lama besuchte im September 2018 die Stadt auf Einladung des DAI.
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