Geschichte

Südweststadion Ludwigshafen: Vom Fußball-Tempel zur fast vergessenen Ruine

Das Südweststadion in Ludwigshafen gibt es seit 75 Jahren. Früher war es Austragungsort vieler Fußballspiele und Rockkonzerte, heute sind weite Teile wegen Baufälligkeit geschlossen.

Von 
Christian Gerards
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Rekordkulisse: volles Haus im Südweststadion im Jahr 1955. © Stadtarchiv Ludwigshafen

Ludwigshafen. Es war in der Nachkriegszeit das größte Stadion in Südwestdeutschland und lange die zweite Heimat des 1. FC Kaiserslautern, dessen Betzenberg nur 66 Kilometer entfernt liegt. Es beheimatete in den 1980er-Jahren für 102 Bundesligaspiele den SV Waldhof Mannheim, hatte aber über viele Jahre keine eigene Heimmannschaft. Und auch Musikgrößen wie Michael Jackson, Sting, Metallica oder Gianna Nannini gaben sich hier ein Stelldichein vor mehreren zehntausend Zuschauern. Heute ist das Südweststadion in Ludwigshafen, das diesen Dienstag sein 75-jähriges Bestehen feiert, fast schon eine Ruine. Weite Teile der Tribüne sind wegen Baufälligkeit gesperrt. Zugelassen ist es nur noch für maximal 6.500 Zuschauer – es waren mal 83.000.

Das Südweststadion wurde aus dem Weltkriegs-Schutt aus Mannheim und Ludwigshafen errichtet, im Juni 1952 erlebte es mit dem Endspiel um die deutsche Meisterschaft zwischen dem VfB Stuttgart und dem 1. FC Saarbrücken (3:2) seinen ersten Höhepunkt. Es war auch Austragungsort der DFB-Pokal-Endspiele von 1954 zwischen dem VfB und dem 1. FC Köln (1:0 n. V.) und 1968 zwischen Köln und dem VfL Bochum (4:1) sowie von vier Freundschaftsspielen der deutschen Nationalmannschaft: 1952 vor 70.000 Zuschauern gegen das damalige Jugoslawien (3:2), 1960 gegen Portugal (2:1), 1964 gegen die damalige Tschechoslowakei (3:4) und 1966 gegen Rumänien (1:0).

Viele spektakuläre Konzerte



  • Seit den 1980er-Jahren entwickelte sich das Südweststadion zu einem Spielort für internationale Musikstars und war damit Heimat einer Reihe von spektakulärer Open-Air-Konzerten .
  • Zu den Höhepunkten zählen wohl die Auftritte von Ikonen wie Bruce Springsteen, Elton John und Michael Jackson , die regelmäßig zwischen 30.000 und 40.000 Fans in das Oval lockten und für eine beeindruckende Stimmung sorgten.
  • Auch Rock-Bands wie Bon Jovi füllten das weite Rund. Später waren es unter anderem Metallica und Iron Maiden , die zehntausende Metal-Fans anlockten und das Südweststadion als Bühne für ihre gewaltigen Konzerte nutzten. cg

Selbst die brasilianische Nationalmannschaft gab in Vorbereitung auf die WM 1974 hier vor 40.000 Zuschauern ein Gastspiel mit all seinen Stars (3:2 gegen eine Südwestauswahl). 1975 trat auch Real Madrid hier auf, mit dabei bei den Königlichen: die deutschen 1974er-Weltmeister Paul Breitner und Günter Netzer (1:0 im Freundschaftsspiel gegen den FK Pirmasens).

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs lag das vormalige Adolf-Hitler-Stadion, das zwischen 1937 und 1940 erbaut worden war und 14.000 Menschen Plätze bot, in Schutt und Asche. Das neue Stadion, das am 11. November 1950 offiziell eröffnet wurde, hatte anfangs Platz für 41.383 Zuschauer – mehr als ursprünglich geplant, da reichlich Trümmerschutt vorhanden war, der für die Zuschauerwälle herhielt. Eine erste Bewährungsprobe hatte es bereits am 1. November 1949 in dem damals noch Rheinstadion genannten Oval gegeben, als der SV Phönix Ludwigshafen gegen den AS St. Etienne vor 20.000 Zuschauern spielte.

Wichtiger Teil der Geschichte des 1. FC Kaiserslautern

Zweieinhalb Jahre später, beim Endspiel um die deutsche Meisterschaft, das der VfB zu seiner zweiten Meisterschaft gegen Saarbrücken 3:2 gewann, kamen nach offiziellen Angaben 83.000 Zuschauer. Inoffiziell sollen es mehr als 100.000 Menschen gewesen sein.

Vor allem in der Geschichte des 1. FC Kaiserslautern hat das Südweststadion eine große Bedeutung, hier wurde ein wichtiger Teil der Vereinshistorie geschrieben. Da der heimische Betzenberg früher nicht viel mehr als 30.000 Zuschauer fasste, verlegte der FCK seine Endrundenspiele um die Deutsche Meisterschaft nach Ludwigshafen. Im Mai 1951 empfing der FCK hier den FC Schalke 04 und siegte vor 70.000 Zuschauern 1:0, zehn Tage später gewann die Elf um Fritz Walter in Berlin das Finale gegen Preußen Münster 2:1 und somit die erste von bisher vier deutschen Meisterschaften.

SV Waldhof brachte neues Leben ins Südweststadion

In der Endrunde 1956 spielte der FCK gegen den Karlsruher SC hier vor sogar 83.000 Besuchern. Doch dieses Mal ging die Partie für die Roten Teufel 0:1 verloren. Mit der Gründung der Bundesliga 1963 wurde der Betzenberg bundesligatauglich gemacht, und das Südweststadion verlor seine Bedeutung für den Verein. Sein letztes Pflichtspiel bestritt der FCK hier 1978 im DFB-Pokal als Gast des SV Südwest Ludwigshafen – und verlor vor 17.000 Zuschauern 1:2.

Fünf Jahre später brachte der SV Waldhof neues Leben ins Südweststadion. Der Verein war 1983 in die Bundesliga aufgestiegen, da wurde das Stadion am Alsenweg zu klein. Also zogen die „Buwe“ nach Ludwigshafen um, das Südweststadion war seinerzeit noch für immerhin 43.000 Besucher zugelassen. Der Sprung über den Rhein wurde von den FCK-Fans, angefacht von Präsident Dietrich Weise, als Provokation und der SV Waldhof als Eindringling in ihr Revier wahrgenommen. Schließlich sahen sie den Betzenberg als den einzig wahren Fußball-Hotspot in der Pfalz an. Bis dahin war die Rivalität der beiden Fanlager nicht besonders ausgeprägt gewesen. Seither schon.

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Der Waldhof gewann sein erstes Spiel im Südweststadion am 13. August 1983 gegen Vizemeister Werder Bremen vor 41.000 Zuschauern 2:0. Alfred Schön erzielte den ersten Bundesligatreffer für die „Buwe“ und legte das zweite Tor durch Fritz Walter vor – dafür wurde er vom Fußball-Fachmagazin Kicker zum Spieler des Tages gekürt. Neben Schön und Walter trugen auch bekannte Namen wie Uwe Zimmermann, Roland Dickgießer und Günter Sebert das Waldhof-Trikot, später in dieser Saison feierte Jürgen Kohler sein Bundesligadebüt, ein Jahr später folgte Maurizio Gaudino.

Doch auch diese Ära endete 1989, als der Waldhof, bedingt durch zurückgegangene Zuschauerzahlen, wieder zurück an den Alsenweg ins Seppl-Heberger-Stadion zog. Das brachte dem Waldhof kein Glück. Er stieg in jener Saison ab – die nachfolgend lange Leidensgeschichte der „Buwe“ ist bekannt.

Mit der Rückkehr des SVW nach Mannheim war es mit der Herrlichkeit in Sachen Fußball im Südweststadion endgültig vorbei. Heute sind weite Teile des Stadions wegen Baufälligkeit gesperrt. In der seit langer Zeit klammen Stadt fehlt das Geld für eine umfangreiche Sanierung. Nach dem Aufstieg des FSV Oggersheim 2007 in die seinerzeit drittklassige Regionalliga hatte die Stadt Ludwigshafen die Anlage für rund 1,5 Millionen Euro renoviert, um die Sicherheitsanforderungen des DFB zu erfüllen.

Und es fehlt ein Verein, der sich das Stadion mit Tartanbahn finanziell leisten kann - schließlich spielt der FC Arminia 03 Ludwigshafen, der höchstklassige Verein in der zweitgrößten Stadt von Rheinland-Pfalz (177.000 Einwohner), nur in der Oberliga. Fußball wird hier schon lange nicht mehr gespielt, genutzt wird die Arena nur noch vom ABC Ludwigshafen, einem Leichtathletikclub.

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