Baden-Württemberg

Städtetag in Heidelberg: Kommunen wollen Klimaschutz vorantreiben

Eine der wichtigsten Forderungen der Städte des Südens: mehr Geld. Der Heidelberger OB Eckhart Würzner kritisierte zudem, wie lang es derzeit dauert, bis klimafreundliche Projekte umgesetzt werden.

Von 
Michaela Roßner
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Präsidium und Gastgeber des Städtetags vor einer aufgeblasenen Weltkugel (v.l.): Gudrun Heute-Bluhm, Eckart Würzner und Peter Kurz. © Uwe Anspach/dpa

„Wir müssen alle in allem schneller werden“, betont Peter Kurz (SPD), Oberbürgermeister der Stadt Mannheim und Präsident des Städtetags Baden-Württemberg. Ohne eine drastische Beschleunigung der Verfahren, seien die Klimaziele nicht zu erreichen. Unter dem Titel „Stadt macht Klima - den Wandel gestalten“ kommen zwei Tage lang Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, weitere Delegierte aus den 198 Mitgliedsstädten sowie externe Gäste im SNP Dome in Heidelberg zusammen und befassen sich mit den Möglichkeiten und Herausforderungen von Klimaschutz vor Ort. Als Gast wird am zweiten Tag Ministerpräsident Winfried Kretschmann erwartet.

Städte seien die „hidden champions (verkannten Leistungsträger)“ im Klimaschutz, sagte Kurz weiter. Das bedeute aber nur, man sei „unter den Langsamsten die Schnellsten.“ Dabei laufe die Zeit: Bis 2050 soll weltweit Klimaneutralität geschafft sein, 2045 in Deutschland. Baden-Württemberg will noch fünf Jahre früher so weit sein. „Wir haben uns Ziele gesetzt, besitzen aber auch finanziellen Nachholbedarf“, ergänzte der Mannheimer OB. So müssten sich Kommunen auch bei der Umsetzung von Sanierungs- und Dämmmaßnahmen verschulden dürfen. Bislang gebe es dann aber eine Rühe des Rechnungshofs. Die für die Wärmewende nötigen Investitionen könnten nicht auf einen Schlag und aus laufenden Einnahmen von den Gemeinden getätigt werden, unterstrich Kurz.

Zu den wichtigsten Forderungen der Städte des Südens gehört ein Klimaschutzfonds. Außerdem sollten Verfahren verschlankt und Prozesse beschleunigt werden. Gastgeber Eckart Würzner, Oberbürgermeister Heidelbergs, nannte Beispiele: Der Radschnellweg zwischen Heidelberg und Mannheim werde seit drei Jahren gebaut und erst in fünf Jahren fertig. Würden alle Maßnahmen acht Jahre dauern, seien die Klimaziele nicht zu erreichen, kritisierte er.

Besuch der Bahnstadt

Zwei Tage lang diskutieren rund 500 Vertreter der baden-württembergischen Städte im SNP Dome. In Workshops geht es um die Energiewende, digitale Angebote, klimabezogene Leitlinien bei Bauvorhaben und die Sicht junger Menschen auf gute Klimapolitik.

Exkursionen führen in die nahe Bahnstadt. Dort leben inzwischen rund 6 000 Menschen mit einem Bruchteil des durchschnittlichen Energiebedarfs, der zudem aus erneuerbaren Quellen gedeckt wird. Die Gebäude sind alles im Passivhaus-Standard errichtet - das Quartier gilt als eines der größten Passivhaussiedlungen in Europa. „Als wir vor 15 Jahren anfingen, mussten wir erst einmal Architektenschulungen anbieten“, erinnerte sich Würzner an die Pionierleistung. Er ist überzeugt: In 15 Jahren werden diese Standards verbreitet sein. Auch deshalb wollten sich die baden-württembergischen Städte treffen: um sich auszutauschen und gegenseitig gute Ideen und Erfahrungen weiterzugeben. Es ist die erste Präsenz-Hauptversammlung seit Beginn der Pandemie.

Anders als bei Neubausiedlungen sei es in gewachsenen Städten schwieriger, die Klimaziele zu verfolgen: „Sie können eine Wärmepumpe nicht in ein unsaniertes Gebäude installieren, sondern müssen parallel auch etwa die Dämmung des Hauses in Angriff nehmen, sonst macht es keinen Sinn“, nannte Kurz ein Beispiel. Das höchste Ziel sei, auf regenerative Energien zu setzen, verwies Würzner auf 50 Prozent „grüne“ Fernwärme in der Heidelberger Innenstadt. Allerdings habe man „nicht viel mehr als Wind und Sonnenkraft“ - und müsse den Weg zur besseren Nutzung dieser Energiequellen freimachen.

Abwanderung nach Norden

Beim Klimaschutz gehe es um enorme Summen, über die im Südwesten überhaupt nicht gesprochen werde. „Das kann, glaube ich, so nicht bleiben“, fasste Kurz zusammen. Außerdem kämpfe man im Land gerade mit einer Abwanderung von Firmen nach Norden, wo Energie zum Teil günstiger verfügbar sei - ein weiterer Aspekt, der neben der drohenden Gasmangellage diskutiert wird.

Am heutigen Freitag steht die Akzeptanz in der Bevölkerung für Klimaschutzmaßnahmen im Mittelpunkt. Die Hauptversammlung des Städtetags Baden-Württemberg hat sich selbst auferlegt, klimaneutral zu sein. Das betrifft die Abfalltrennung, die Mahlzeiten, den Energieverbrauch sowie Material und Drucksachen. „Alle sind angehalten, mit dem Zug anzureisen“, nennt Gudrun Heute-Bluhm, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Städtetages, ein weiteres Beispiel. Die klimaneutrale Anreise empfiehlt sich auch aus einem ganz praktischen Grund: Das Parkhaus neben dem SNP Dome ist noch nicht fertig,

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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