Heidelberg. Die Posse um den Alten Kohlhof auf dem Königstuhl zwischen der Stadt Heidelberg und der Eigentümerfamilie Hofbauer reißt auch nach dem Gerichtsurteil vor gut einem halben Jahr nicht ab. Im neusten Kapitel hat die Verwaltung jetzt mindestens einen Wegweiser auf dem Königstuhl abmontiert, der Besuchern die Anfahrt zu dem lange umstrittenen Restaurant „Oben“ erleichterte. „Die Stadt Heidelberg kontrolliert fortlaufend die Beschilderungen im Stadtgebiet und lässt ungenehmigte Schilder entfernen beziehungsweise fordert die ,Verursacher’ auf, sie zu entfernen“, erklärt ein Rathaussprecher auf Anfrage.
Hinweisschilder auf Restaurants seien in Heidelberg grundsätzlich nicht erlaubt. „Wegweisungen im öffentlichen Verkehrsraum müssen auf Ziele mit erheblicher Verkehrsbedeutung beschränkt werden“, sagt der Sprecher. Gemeint seien etwa Einrichtungen wie Krankenhäuser, Polizeistationen, Bahnhöfe, das Rathaus oder besondere touristische Attraktionen.
„Nie jemanden interessiert“
Michael Hofbauer, Inhaber des Restaurants „Oben“ im Alten Kohlhof, kann das Vorgehen der Stadt dennoch kaum nachvollziehen. Dabei geht es ihm gar nicht darum, dass die ungenehmigten Schilder – er spricht von mehreren – abmontiert wurden. „Es geht um etwas anderes: um die Methoden der ,Gleichbehandlung’ und die Vorgehensweise. Obwohl wir nun vom Gericht schriftlich haben, dass nicht wir Unrecht zu Recht gemacht haben, sondern der Gemeinderat und die Stadt, geht der Ärger weiter.“ Was Hofbauer damit meint, ist, dass die Hinweisschilder zum Alten Kohlhof auf dem König-stuhl schon seit mindestens 20 Jahren hängen. Bereits beim Kauf des Kohlhofs durch den Vorgänger Ulrich Stier habe einer der Wegweiser existiert. Die anderen seien durch die Stiers montiert worden.
Das bestätigt Sabine Gebert, früher Stier, auf Anfrage dieser Zeitung. „Teilweise haben wir die Schilder selbst aufgehängt, teilweise hingen sie aber auch schon vorher“, sagt die ehemalige Besitzerin des Alten Kohlhofs. Zwar sei ihr bekannt, dass die Stadt gegen die Schilderflut vorgehe. „Unsere Wegweiser wurden aber stillschweigend geduldet. Das hat nie jemanden interessiert“, betont Gebert.
Für Michael Hofbauer bleibt deshalb eine Frage: „Warum sollen gerade jetzt die Hinweisschilder auf den Alten Kohlhof entfernt werden, die bereits seit 20 Jahren hängen?“ Die Stadt teilt dazu Folgendes mit: „Seit wann das Schild auf den Kohlhof hinweist, können wir nicht sagen. Das Schild wurde nach unserer Aktenlage nie offiziell genehmigt.“ Einen konkreten Anlass für eine Kontrolle gerade jetzt habe es nicht gegeben. „Die Überprüfungen werden gemäß der personellen Kapazitäten durchgeführt“, so der Sprecher.
Während der Streit also weiter brodelt, warten beide Parteien noch auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe über die Revision der Stadt. Diese hatte im Sommer das Urteil des Heidelberger Landgerichts angefochten, nachdem die Richter ihre Klage abgewiesen und der Eigentümerfamilie Recht gegeben hatten.
Wie mehrfach berichtet, wollte die Verwaltung das Anwesen nach einem Gemeinderatsbeschluss im Oktober 2016 von der Familie Hofbauer zurückkaufen, weil diese gegen eine Verpflichtung im Grundbuch verstoßen habe, dort nach dem Kauf 2015 weiterhin eine Gaststätte zu betreiben. Der Streit landete vor Gericht, das im Juni 2019 schließlich befand: „Die Stadt hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf den Betrieb einer Gaststätte oder eines Beherbergungsbetriebs“. Es sei unstrittig, dass im Alten Kohlhof in der Zwischenzeit eine Gaststätte im Sinne des damaligen Kaufvertrags betrieben werde. Der Entscheidung habe jedoch nicht entgegengestanden, dass die Eigentümer möglicherweise ihrerseits gegen die Betriebspflicht verstoßen hätten.
Das Restaurant „Oben“, das seit Ende 2018 betrieben wird, ist mittlerweile mit einem Michelin-Stern und 15 Punkten im Gault&Millau ausgezeichnet worden.
Chronologie
- Seinen Ursprung nahm der Streit um den Heidelberger Kohlhof im Sommer 2015, als die Familie Hofbauer das Anwesen von der Stadt kaufte – nach deren Ansicht unter der Voraussetzung, dort eine Gaststätte zu betreiben.
- Als sich nach einigen Monaten dies-bezüglich nichts abzeichnete, regte sich Widerstand in der Stadt. Die Verwaltung setzte den Eigentümern mehrere Fristen.
- Der Gemeinderat erteilte im Okto-ber 2016 den Auftrag, die Immobilie zurückzukaufen. Seit Dezember 2017 standen sich beide Parteien vor Gericht gegenüber.
- Das Heidelberger Landgericht gab im Juni 2019 der Eigentümerfamilie Recht. Gegen das Urteil hat die Stadt Revision eingelegt.
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