Justiz

Speyer: Wer verletzte den sechs Monate alten Maxim lebensgefährlich?

Seit Mitte Juni stehen eine Mutter und ein Vater vor Gericht, weil ihr sechs Monate altes Kind mit lebensgefährlichen Verletzungen in eine Klinik kam. Nun neigt sich der Prozess seinem Ende zu, doch im Prozess bleiben viele Fragen offen

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Agnes Polewka
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Ein Elternpaar aus Speyer muss sich seit Mitte Juni wegen der „Misshandlung Schutzbefohlener“ vor dem Landgericht in Frankenthal verantworten. © Zinke

Speyer. Jochen Götzmann hat seit Mitte Juni viele Stunden am Frankenthaler Landgericht verbracht. Als Nebenkläger harrte er Prozesstag um Prozesstag im Frankenthaler Landgericht aus - für Maxim. Der Junge aus Speyer war im Juli 2020 - da war er gerade einmal sechs Monate alt - mit lebensgefährlichen Verletzungen in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Sein Vater soll ihm in der Wohnung der Familie in Speyer in den Bauch geboxt und sein Köpfchen gegen einen harten Gegenstand geschlagen zu haben. Laut Anklage war die Mutter zu dieser Zeit nicht zu Hause. Nach ihrer Rückkehr soll sie aber erst viel zu spät auf die Notlage des Jungen reagiert haben, so der Vorwurf. Das Kind erlitt schwerste Verletzungen - Knochenbrüche, ein Schädel-Hirn-Trauma, Verletzungen an Leber und Niere, Teile seines Darms mussten entfernt werden.

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Jochen Götzmann ist Maxims Amtsvormund. Und er ist es, der am vorletzten Prozesstag am Montag die emotionalsten Worte findet. Nach den Plädoyers von Staatsanwalt Stephan Maiwaldhölzl und seinem Nebenklägervertreter Rechtsanwalt Thomas Franz aus Ketsch ergreift Götzmann selbst das Wort.

„Maxim wurde als Säugling Opfer massiver Gewalt“, sagt Jochen Götzmann und spricht dann über das Urvertrauen, das Kinder in die Welt entwickeln, während sie heranwachsen. Dann bricht seine Stimme ab und er setzt sich wieder. Götzmann schiebt seinen Merkzettel zu Thomas Franz hinüber, der die Ausführungen seines Mandanten vorliest. Dessen Gedanken dazu, dass Maxims Körper zwar heile, er aber nicht nur aus Organen bestehe, sondern auch eine Seele habe. Und eine Biografie. Mit dem, was ihm widerfahren sei, werde er sein ganzes Leben lang zu tun haben, so der Mitarbeiter des Speyerer Jugendamts.

Und doch blieb so vieles im Prozess ungeklärt, auch die wichtigste Frage: „Wer war es?“

Es ist das erste Mal, dass sich Götzmann für einen seiner Schützlinge auch juristisch engagiert. „Das hatten wir bei uns in Speyer noch nie“, sagt er zu Beginn der Verhandlung im Sommer. Aber er wollte sicher stellen, dass jemand für Maxim einsteht, damit er perspektivisch Schadensersatzsprüche geltend machen kann.

Und doch blieb so vieles im Prozess ungeklärt, auch die wichtigste Frage, die Staatsanwalt Maiwaldhölzl in seinem Schlussvortrag stellte: „Wer war es?“

Beide Elternteile stritten ab, Maxim etwas angetan oder mitbekommen zu haben, wie der andere Maxim verletzte. Der Vater äußerte sich erst kurz vor Schluss erstmals. Doch seine Erklärung sei „schmallippig“ gewesen, vielleicht nur Teil der Verteidigungsstrategie, so der Staatsanwalt. Maiwaldhölzl forderte eine Freiheitsstrafe zwischen vier und fünf Jahren für ihn - wegen Misshandlung Schutzbefohlener. Die Mutter sei wegen Unterlassens zu verurteilen, eine Bewährungsstrafe halte er gerade so noch für vertretbar. Die Verteidiger fordern nach Götzmanns Statement in ihren Plädoyers einen Freispruch für ihre Mandanten. „Es waren drei Personen mit in der Wohnung, die Mutter, der Vater und die dreijährige Schwester“, sagt Inga Berg, die gemeinsam mit Alexander Kiefer den Vater des Kindes verteidigt. Die Verletzungen könnten innerhalb von Minuten entstanden sein, oder bereits Stunden zuvor. „Das hat uns ein sehr erfahrener Kindernotarzt bestätigt“, sagt Kiefer. Und so stünde am Ende dieses Prozesses kein befriedigendes Ergebnis. „Man kann nicht feststellen, wer wann welche Verletzungen zugefügt hat.“

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